Friseur Matthias Wechler inmitten seines pandemie-bedingt leeren Salons. Foto: Tröger

Im Sommer 2020 hat Matthias Wechler sich selbstständig gemacht. Ohne Einnahmen bangt nun er um seine Existenz.

Es geht bei ihm wirklich ans Eingemachte: "Ich hab alles erfüllt, was an Hygiene-Vorgaben gefordert war und darf trotzdem nicht arbeiten? Ich empfinde dies als Eingriff in mein freies Unternehmerdasein und als Angriff auf meine Persönlichkeit", sagt Friseur Matthias Wechler aus Gechingen.

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Gechingen - Wechler hat sich im Juli vergangenen Jahres selbstständig gemacht mit einem Salon im Gechinger Gewerbegebiet. Der 42-jährige Soloselbstständige stammt aus Freudenstadt und erzählt, dass er seine Passion schon mit neun Jahren im Salon von Freunden seiner Eltern entdeckt hat.

Wann immer es möglich war, hat er sich dort aufgehalten und kleinere Aufgaben erledigt, zum Beispiel den Damen, die unter der Trockenhaube saßen, Zeitschriften gereicht. So führte folgerichtig sein Weg zur Friseur-Ausbildung. "Ich habe in zahlreichen Salons seither gearbeitet, habe auch als Salonleitung mehrere mit aufgebaut, in Freudenstadt, Karlsruhe, im Stuttgarter Raum oder in Pforzheim", erzählt Wechler.

Der Wunsch, sich selbstständig zu machen, ist dabei gewachsen. "Als ich im Oktober 2019 diese Räumlichkeiten entdeckt habe, war der Entschluss recht schnell gefasst, denn: Wenn ich es jetzt nicht mache, werde ich es irgendwann bereuen", so der Friseur.

Das Vorhaben und der Businessplan dazu sind schlüssig und erfolgversprechend, wurde ihm im Februar 2020 von der Bank bestätigt. So stand dann auch bald die Finanzierung. Der Raum war noch im Rohbauzustand, musste also zunächst ausgebaut und dann eingerichtet werden.

Im Juli 2020 konnte Wechler seinen Friseurbetrieb starten, nach dem Corona-Frühjahr, als man dachte, die Pandemie ist vorbei.

Dieser Zeitpunkt provoziert natürlich die Frage: Wie kommt man dazu, in diesen Zeiten ein Geschäft zu starten, sich selbstständig zu machen, auch mit Blick darauf, dass die Friseure im Frühjahr vier Wochen schließen mussten?

Trotz Hygienie-Konzept musste er schließen

"Eben weil wir davon ausgegangen sind, dass die Krise vorbei ist", sagt Wechler. Außerdem habe er vom ersten Tag an einen vollen Terminkalender gehabt und damit eine sehr gute Perspektive. Kunden kamen sogar aus Freudenstadt oder Bruchsal, "ich hatte richtig gut zu tun."

Und er hat den Salon so ausgerüstet, wie es die wechselnden Corona-Verordnungen vorgeschrieben haben, einschließlich einer leistungsstarken Lüftungsanlage, die der Vermieter eingebaut hat.

"Bei mir im Salon ist jeweils ein Kunde, keine Begleitung, Desinfektionsmittel sind da, eine Trennscheibe am Empfangstresen, die Mundschutzpflicht wird eingehalten und Haare werden nur nass geschnitten", erklärt Wechler. Dazu sei doch bewiesen, dass Friseursalons keine Hotspots oder Superspreader seien, "warum also nimmt der Staat mir meine Existenz?"

Gut, es gibt Unterstützungsprogramme, doch wer ist zuständig, wo müssen die Hilfen und vor allem wie beantragt werden. Wechler erzählt davon, wie er von einer Stelle zur anderen weitergeschickt wurde, von einer Telefonat-Odysee ohne Erfolg und von Stichtagen, die für ihn eine Hilfe ausschließen.

Im Moment sieht es schwarz aus mit schneller Überbrückungshilfe und wie viel er letzten Endes bekommen wird und wann, steht völlig in den Sternen. Sein Vermieter komme ihm mit einer Stundung etwas entgegen, sagt Wechler, "jedoch ist das nur ein kleiner Aufschub, es laufen trotzdem Kosten weiter, für die Krankenkasse oder für Mitgliedsbeiträge, für GEMA, Müllabfuhr, Leasingverträge und so weiter." Dazu sei sein Vermieter ja auch Unternehmer, der auf Einnahmen angewiesen ist. "Ohne Umsatz, ohne Einnahmen kommt da ganz schnell die Schwelle, wo nichts mehr geht", sagt Wechler, "ich habe ja noch keine Rücklagen erwirtschaften können."

Sozialhilfe wurde ihm verweigert

Ein Antrag auf Hartz 4 wurde bisher ebenfalls abgelehnt, da er verheiratet ist und sein Partner Einkommen hat, doch: "ich war bisher noch nie von jemandem finanziell abhängig, das ist kein schönes Gefühl." Wechler fühlt sich von der Politik im Stich gelassen. Keine definitive Perspektive zu haben, das zermürbt ihn zusätzlich. "Ich hätte heute noch meinen Terminkalender voll, wenn ich sicher wüsste, dass ich am 15. Februar wieder aufmachen kann", ist der Friseur sich sicher, "aber wenn ich die Nachrichten verfolge, habe ich da meine Zweifel."

Eine berührende Anekdote erzählt er noch zum Schluss: "Eine Kundin hat mir angeboten, die Termine für ein ganzes Jahr im Voraus zu bezahlen", erzählt Wechler. Aber er wisse ja gar nicht, ob er nach Corona noch da ist, gießt Wechler einen Wermutstropfen in den Hoffnungswein.