Die Bebauung des Sedansplatzes in Gechingen ist heiß umstritten. Foto: Selter-Gehring

Gemeinderat befürwortet eine künftige Bebauung. Proteste aus der Bergwaldsiedlung.

Gechingen - Grundsätzlich soll eine künftige Bebauung auf dem Sedansplatz in der Siedlung Bergwald in Gechingen möglich sein.

Das beschloss der Gemeinderat nach Abwägung aller Argumente mit deutlicher Mehrheit. Zuvor hatten sich im Rahmen des Einwohnergesprächs in erster Linie Hauseigentümer aus der Siedlung, aber auch Norbert Jensen, der sich als Vorsitzender des Arbeitskreises Heimatgeschichte und für den Schwarzwaldverein äußerte, gegen eine Bebauung ausgesprochen.

Erwerbbarer Baugrund ist knapp in Gechingen. Derzeit kann die Kommune weder Gewerbeflächen noch Grundstücke für den privaten Wohnungsbau anbieten. "Der letzte Bauplatz im Gebiet Kirchberg II ist reserviert", so Bürgermeister Jens Häußler. Bebaubare Grundstücke in privater Hand gibt es zwar, sie werden aber derzeit nicht am Markt angeboten. Bis zur Realisierung des geplanten Wohnbaugebiets Furt, das sich an das Pflegheim Martin-Stift anschließen soll, werde es noch zwei bis drei Jahre dauern, sagte Häußler. Ein Arbeitskreis, hat sich in den vergangenen Monaten damit beschäftigt, welche Baulücken es im Ortsgebiet gibt und wo vorhandene Flächen, die im Besitz der Gemeinde sind, zeitnah so umstrukturiert werden können, dass eine Bebauung möglich wird.

Der Sedansplatz kam in den Fokus, weil ein Interessent sich um den Bauplatz beworben hat. Bereits 2010 wurde angesichts einer "düsteren Haushaltslage im Zusammenhang mit der Wirtschafts- und Finanzkrise", so Häußler, im Gechinger Gemeinderat über eine mögliche Bebauung des rund 2000 Quadratmeter großen Areals diskutiert. Damals wurde eine Bebauung als "grundsätzlich denkbar" angesehen, aber davon abgesehen ein Bebauungsplanverfahren anzustoßen. Die jetzige Anfrage warf nun die Frage auf, ob dies zum Anlass genommen werden soll, das erforderliche Bebauungsplanverfahren in die Wege zu leiten. Es wird davon ausgegangen, dass entsprechend dem Landhauscharakter der Siedlung zwei bis drei großzügig bemessene Grundstücke entstehen können.

Norbert Jensen verweist auf Geschichte

Vehement gegen eine Bebauung des Areals mit Bäumen und Wiese sprachen sich die bei der Sitzung zahlreich anwesenden Anwohner der Bergwaldsiedlung aus, die sich in ihren Bedenken durch die von Norbert Jensen dargelegte historische Bedeutung des Platzes bestätigt sahen. Aufzeichnungen der Gechinger Heimatdichterin Tillie Jäger (1898-1976) belegen, dass 1871 anlässlich der Sedansfeier, die an die kriegswendende Schlacht im deutsch-französischen Krieg erinnert und während des Kaiserreichs bis 1918 an vielen Orten begangen wurde, hier zwölf Friedenslinden gepflanzt wurden, von denen bis heute noch sieben erhalten und als Naturdenkmale anerkannt sind.

Die Gemeinderäte Tilmann Schwarz und Gerhard Mörk attestiertem dem Platz eine "heilige" Bedeutung, die bis auf die Besiedlung durch die Kelten vor 2500 Jahren zurückgehe. "Der Platz sollte nicht zerstört, sondern aufgewertet und seine geschichtliche Bedeutung ins Bewusstsein gerufen werden", so Jensen, der selbst in einer schonenden Bebauung, die den Erhalt zumindest einiger der Bäume vorsehe, ein „Todesurteil auf Raten für die Linden" sieht.

Einen "Zielkonflikt mit gewichtigen Gründen auf beiden Seiten" machte Bernd Wentsch (Freie Wähler) in der Sache aus. Gerade im Hinblick auf die "prekäre zukünftige finanzielle Situation", wie im weiteren Verlauf der Sitzung bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfs 2016 und der mittelfristigen Finanzplanung deutlich wurde. Simon Klass von der Bürger Union, der selbst 20 Jahre im Bergwald lebte, wies darauf hin, dass der Platz so gut wie nicht genutzt werde und rechnete vor, dass beim Verzicht auf den zu erwartenden Erlös aus dem Grundstücksverkauf jede der sieben Linden mit einem sechsstelligen Betrag aufgewogen werde. Den darauf folgenden Aufruhr aus der Zuhörerschaft musste der Schultes mit Hinweis auf das Rederecht und demokratische Regeln eindämmen.

Klass und Blenke wollen Lücken schließen

Zum Naturschutzaspekt sagte Klass: "Es ist doch wohl schlechter auf der grünen Wiese zu bauen, als dort zu verdichten, wo es Lücken gibt." Der Bergwald bleibe nach wie vor ein sehr attraktives Wohngebiet.

Sein Fraktionskollege Thomas Blenke fügte an: "Lücken schließen bevor auf der grünen Wiese gebaut wird, das muss für die ganze Gemeinde gelten." Auf Blenkes Anregung hin wurde beschlossen, vor der Aufstellung eines Bebauungsplans zunächst bei Denkmal- und Naturschutzbehörden konkrete Stellungnahmen zu einer möglichen Bebauung einzuholen.

Wie emotional die Diskussion unter den Anwohnern geführt wird, wurde am Rande der Sitzung deutlich. Hier war davon die Rede, dass die Gemeinde den Platz dem Kommerz opfere. Darüber hinaus wurde vermutet, dass die Kommune bei dem Vorhaben vor allem die Interessen des Käufers im Auge habe, von dem man sich künftige Gewerbesteuereinnahmen erhoffe. Eine Anwohnerin, der vor allem die stattlichen Linden am Herzen liegen, meinte: "Zur Not werden wir uns an die Bäume ketten."