Aus Liebe zu Villingen-Schwnningen, so Fridi Miller, ziehe sie nun alle anderen Bürgermeister-Kandidaturen zurück. Foto: Eich

Bürgermeisterwahl: Dauerkandidatin konzentriert sich auf Villingen. Bewerbung ums Gechinger Rathaus bleibt formal wirksam.

Gechingen - Eigentlich hat Fridi Miller, bisher Dauerkandidatin bei diversen Bürgermeister-Wahlen im Land, alle ihre laufenden Kandidaturen diese Woche zurückgezogen – mit Ausnahme der in Villingen-Schwenningen. Allerdings: In Gechingen bleibt ihre Kandidatur trotzdem wirksam.

Sie ist seit ein paar Jahren die schillernde Dauer-Kandidatin bei so ziemlich allen Bürgermeister- und Oberbürgermeisterwahlen landauf, landab in Baden-Württemberg: Friedhild "Fridi" Miller aus Sindelfingen. Bei bisher weit mehr als 100 Bürgermeisterwahlen ist sie angetreten, dazu ein knappes Dutzend Oberbürgermeisterwahlen, eine Landratswahl. Doch damit soll jetzt erst einmal Schluss sein, verkündete die 49-Jährige Mitte dieser Woche per Pressemitteilung – weil es ihr mit einer ihrer Kandidaturen im Augenblick so richtig ernst sei, und sie deshalb alle anderen, also auch die um das Bürgermeisteramt in Gechingen, zurückziehen möchte.

Sie habe ihre Liebe zur Doppelstadt Villingen-Schwenningen entdeckt. Und um sich ganz auf ihre Bewerbung um den Oberbürgermeister-Posten dort konzentrieren zu können, werde sie auf (fast) alle anderen Bewerbungen verzichten. Und das sind einige: Mahlberg, Ettenheim, Aspach, Schopfheim zum Beispiel; und eben Gechingen. Tatsächlich sei im Gechinger Rathaus Fridi Millers Rücknahme ihrer Kandidatur zur Bürgermeisterwahl am 14. Oktober auch diese Woche eingegangen – jedoch zu spät, wie Hauptamtsleiterin Melissa Gerlach auf Nachfrage erläutert.

Denn hier hat der Gemeindewahlausschuss bereits am Montag über die Zulassung der Kandidaten zur Wahl entschieden (wir berichteten). Dabei wurde auch festgelegt, wer und in welcher Reihenfolge auf dem Wahlzettel zur Gechinger Bürgermeisterwahl stehen wird; Fridi Miller kommt hier hinter Amtsinhaber Jens Häußler auf Listenplatz zwei – vor der dritten Kandidatin, Gemeinderätin Erika Kanzleiter-Schilling. Nach Paragraf 10 des Kommunalwahlgesetzes von Baden-Württemberg ist aber eine Rücknahme einer Bewerbung um ein Bürgermeisteramt nur innerhalb der offiziellen Bewerbungsfrist möglich – und die ist mit Beginn der Sitzung des Gemeindewahlausschusses abgelaufen. "Die Bewerbung von Frau Miller bleibt für Gechingen also formal weiterhin wirksam", so Hauptamtsleiterin Gerlach.

Sorgerecht für Tochter das eigentliche Ziel

Die bisherige Dauerkandidatin Fridi Miller indes ficht das nicht besonders an. Zur offiziellen Kandidaten-Vorstellung am 28. September wäre sie eh nicht nach Gechingen angereist. Und dass sie hier tatsächlich gewählt werden könnte, davon geht Miller auch eher nicht aus. Denn ums Gewähltwerden ging es ihr bisher bei ihren diversen Dauerkandidaturen nie wirklich – sie wollte mit ihren Bewerbungen um öffentliche Ämter immer nur ein "Stachel im System" sein. Ihr eigentliches Ziel, das sie unbeirrbar verfolgt: wieder das volle Sorgerecht für ihre mittlerweile zwölfjährige Tochter zurückzugewinnen.

Das hat sie verloren, nachdem ihre Tochter – damals achtjährig – ohne Aufsicht in einer Erwachsenen-Sauna aufgegriffen wurde. Verletzung der Aufsichtspflicht, so der Vorwurf. Woraufhin Fridi Miller die Tochter amtlicherseits entzogen und in staatliche Obhut überführt wurde. Aus der Perspektive von Miller damals ein "abgekartetes Spiel", "eine Verschwörung" eines organisierten, auch staatlich sanktionierten Kinderhandels. Womit ihr Kreuzzug gegen diesen Staat und seine Institutionen begann.

Es ging Miller bei all ihren Bewerbungen um offizielle Ämter allein um die Aufmerksamkeit, die sie damit für sich und ihr Anliegen herausschlagen könnte. Berichte in überregionalen Tageszeitungen und eine große TV-Dokumentation über ihre "Mission" zeugen vom Erfolg dieser Strategie. Ein Instrument dabei: Mit hartnäckigen Einsprüchen gegen die Ergebnisse der Wahlen, bei denen sie antritt, legte Miller bereits mehrfach – zumindest vorübergehend – komplette Rathausverwaltungen lahm. "So mache ich das System handlungsunfähig", verkündet sie gerne.

Das gelingt tatsächlich: den Oberbürgermeister von Millers Heimatstadt Sindelfingen, dessen formale Amtseinsetzung Miller mit immer wieder neues Einsprüchen über ein Jahr lang erfolgreich verhindern konnte, soll laut Medienberichten zeitweise der totalen Verzweiflung nahe gewesen sein ob Millers Treiben vor diversen Gerichten.

Auch deshalb wird wohl Miller neben ihrer nun (fast) exklusiven Bewerbung in Villingen-Schwenningen künftig nur noch eine einzige weitere Kandidatur weiterhin vorantreiben – und zwar eben jene um das Amt der Finanzdezernentin ihrer Heimatstadt Sindelfingen, gleichzeitig Erster(r)Beigeordnete/Bürgermeister(in) und damit ständige Vertreterin des dortigen Oberbürgermeisters, Bernd Vöhringer – "meinem Erzfeind", wie Miller in ihrer Pressemitteilung schreibt. Ihn vor allem macht Miller für den Verlust des Sorgerechts für ihre Tochter verantwortlich. Mit Gechingen und der dortigen Verwaltung habe sie "überhaupt keine Probleme", weshalb man dort ihre Prozessfreudigkeit jetzt nicht weiter zu fürchten brauche.