Sophie Kaufmann befasst sich für ihre Bachelor-Arbeit mit Starkregenereignissen. Foto: Schwarzwälder Bote

Naturkatastrophen: Sophie Kaufmann schreibt Bachelor-Arbeit über Gechinger Jahrhunderthochwasser

Wer den 15. Mai 2009 in Gechingen miterlebt hat, wird diesen Tag nicht mehr vergessen. Das Jahrhunderthochwasser hat sich bei den Bewohnern des Orts ins Gedächtnis eingebrannt. Ursachenforschung zu dieser Naturkatastrophe betreibt Sophie Kaufmann mit ihrer Bachelor-Arbeit.

Gechingen/Altensteig. Die 24-Jährige, die derzeit in Altensteig lebt und an der Eberhard Karls Universität Tübingen Geografie und Deutsch auf Lehramt studiert, hat sich eines der brennendsten Themen der Gegenwart ausgesucht: "Alles spricht vom Klimawandel. Ich bearbeite auf die Region bezogen ein direktes Beispiel für dessen Auswirkungen", berichtet die Studentin.

Das Thema beziehungsweise die Fragestellung, warum sogenannte Starkniederschlagsereignisse immer mehr zunehmen, habe sie im Mai bekommen und arbeite seit August an ihrer Arbeit mit dem Titel "Regionales Gefährdungspotenzial bei Starkregenereignissen – Naturraumanalyse und Schutzmaßnahmen".

Eigentlich hat die gebürtige Herrenbergerin bereits einen Beruf. Sie ist ausgebildete Hebamme und arbeitet im Klinikum in Böblingen. "Ich wollte aber unbedingt einen Plan B haben, denn es gibt immer mehr Auflagen für Geburtshelferinnen und wir müssen uns für viel Geld selbst versichern", erklärt die junge Frau, warum sie sich für das Studium in Tübingen entschieden hat. Ihr größter Wunsch: künftig als Hebamme und Lehrerin zu arbeiten. "Ich möchte sehr gerne beides machen, da braucht es eben ein gutes Zeitmanagement", sagt Kaufmann voller Elan.

Analyse vor Ort am aufschlussreichsten

Die junge Frau hat sich mit Hochwasserschutzexperten in Ingenieurbüros und Mitarbeitern des Bauamts der Gemeinde Gechingen sowie mit wissenschaftlichen Texten immer tiefer in das Thema eingearbeitet. Am aufschlussreichsten war für sie aber die Analyse vor Ort. Die 24-Jährige hat sich genau angesehen, aus welcher Richtung – nämlich Althengstett – die großen Wassermassen damals kamen und was zusätzlich zu extremen Stauungen des Wassers im Ort beigetragen hat. Eigentlich lag der Schwerpunkt des 100-jährigen Hochwassers nämlich im Nachbarort. Von dort schossen die Wassermassen den Berg hinab in Richtung Gechingen. So wurde beispielsweise die dortige Dorfäckerstraße zu einem reißenden Strom. Die heimische Feuerwehr, die dort ihr Magazin hat, konnte zunächst nicht ausrücken.

Im Mai 2009 war es nicht das erste Mal, dass Gechingen schlimme Erfahrungen mit Hochwasser machen musste. Fast genau ein Jahr zuvor, am 31. Mai 2008, gingen mehr als 30 Liter Regen pro Quadratmeter nieder. Im Bereich der Dachteler Straße wurden damals zahlreiche Kellerräume überflutet. Ein Jahr später, im Mai 2009, war es aber besonders schlimm. "Land unter!" hieß es an diesem Spätnachmittag in allen vier Gäugemeinden, wobei es Gechingen am härtesten traf. Teilweise standen Keller- und Erdgeschosswohnungen bis unter die Decke unter Wasser. Die Bewohner mussten in Notunterkünfte gebracht werden.

Ihre Erkenntnisse hat Kaufmann auf von Hand gezeichneten Karten festgehalten. Grundsätzlich sei aus geologischer Sicht festzustellen, dass die Muldenlage des Überschwemmungsgebiets und die dortige intensive Nutzung der Böden durch Landwirtschaft bei Starkregen verheerende Auswirkungen haben können. Zudem gebe es in Gechingen viele Kanäle, viel sei verdohlt, "da führt bei heftigem Regen dann eins zum anderen", sagt Kaufmann.

Kein Anspruch auf eine Patentlösung

Schutzmaßnahmen habe sie noch nicht endgültig formuliert, das sei recht schwierig. Und da ergeht es der Studentin so wie den beauftragten Ingenieuren, die zwar ein ganzes Bündel an Maßnahmen vorschlagen, die aber auch keinen hundertprozentigen Schutz vor solchen Naturkatastrophen ausarbeiten können. Kaufmann schlägt jedenfalls auch ganz einfache Maßnahmen wie das Ändern der Pflugrichtung auf den Feldern vor, denn die jetzige habe das Jahrhunderthochwasser begünstigt. Auch mehr Grünflächen, Hecken und bessere Versickerungsmöglichkeiten im Industriegebiet hält die Studentin für zielführend, die freilich keinen Anspruch darauf erhebt, die Patentlösung in Sachen Hochwasserschutz gefunden zu haben. Von einem geht die 24-Jährige fest aus: "Es wird in Zukunft solche Starkregen häufiger geben und Gechingen ist dann doppelt gefährdet".

Gleichgültig, welche Erkenntnisse in den Hochwasserschutz künftig in der Gäugemeinde einfließen werden: Selbiger ist extrem aufwendig und teuer, wie sich längst gezeigt hat. Auch zehn Jahre nach dem verheerenden Unwetter ist noch nicht viel passiert.

Umfangreiche Vorarbeiten nötig

Für lokale Maßnahmen und ein Hochwasserrückhaltebecken bedarf es umfangreicher Vorarbeiten in den Bereichen Statik sowie Natur- und Artenschutz und umfangreiche Baugrunduntersuchungen. Und auch Zuschussanträge und deren Bewilligung brauchen Zeit.