Die GDL hat den nächsten Streik ausgerufen. Hier beantworten wir die wichtigsten Fragen zum Clinch zwischen der Deutschen Bahn und der GDL. Foto: dpa

Bahn und Lokführergewerkschaft haben sich schon wieder so sehr verkracht, dass die GDL zum Streik aufruft. Die Frage nach einer Schlichtung drängt sich auf - doch so einfach ist das nicht.

Berlin/Frankfurt - Gerade einmal gut eine Woche ist seit dem Ende des jüngsten und bislang längsten Lokführerstreiks vergangen - und schon steht der nächste vor der Tür. Die Kunden der Deutschen Bahn fragen sich, wie lange das noch so weiter gehen könnte.

Wann und wie lange wird diesmal gestreikt?

Das wollte GDL-Chef Claus Weselsky am Montagnachmittag bekanntgeben. Die Fahrgäste und Industriekunden der Bahn müssen befürchten, dass die Lokführer noch länger streiken als beim vorigen Mal Anfang des Monats. Da waren es fast sechs Tage im Güterverkehr und fünf Tage im Personenverkehr. Von einem unbefristeten Streik hat die GDL bisher Abstand genommen. Kurz vor dem Ende des jüngsten Ausstands am vorvergangenen Sonntag hatte Weselsky noch davon gesprochen, dass das Land und die Bahnkunden „jetzt eine Pause verdient“ hätten.

Welche Rolle spielen die parallelen Verhandlungen mit der EVG?

Kommt es an diesem Donnerstag wie geplant zu einem Abschluss zwischen der Bahn und der Konkurrenzgewerkschaft EVG, steigt der Druck auf die GDL gewaltig. Sie müsste bei allen Berufsgruppen mit Ausnahme der Lokführer gegen dann bestehende Tarifverträge der größeren EVG ankämpfen. Erklärtes Ziel der Bahn sind konfliktfreie Verträge mit beiden Gewerkschaften - sie will also Unterschiede vermeiden, die den Betriebsablauf komplizierter machen würden.

Unterschiedliche Arbeitszeiten will sie beispielsweise nicht akzeptieren. Die EVG geht mit einem Abschluss ohne Streik kein Risiko ein: Sie wird sich in Klauseln das Recht für Nachverhandlungen offenhalten, sollte die GDL mehr herausholen.

Warum zieht sich die GDL immer wieder aus den Verhandlungen zurück?

Dieses Verhalten gehört zur Taktik der Gewerkschaft. Weselsky will die Deutsche Bahn so offensichtlich immer wieder zu Zugeständnissen bewegen. Die Rechnung ist bislang aber nicht aufgegangen. In dem Kernpunkt, den die GDL angreift, bleibt der Staatskonzern hart: Er will nicht akzeptieren, dass für Berufsgruppen wie Zugbegleiter oder Lokrangierführer am Ende zwei Tarifverträge mit abweichenden Regelungen gelten - einer mit der GDL und einer mit der EVG.

Was würde der Einsatz eines Schlichters bringen?

Die Lage ist so verfahren, dass ein Schlichter längst überfällig erscheint, um einen Kompromiss zu erreichen. Doch die GDL sperrt sich dagegen - zumindest wenn es um die Grundsatzfrage geht, welche Gewerkschaft für welche Berufsgruppen bei der Bahn Tarifverträge abschließen darf. Erst nach Klärung dieser Tarifstruktur wäre die GDL bereit, in ein Schlichtungsverfahren über Einkommen, Arbeitszeit und Überstunden-Begrenzung einzusteigen. Sie hat dazu nach eigenen Angaben der Bahn den Entwurf eines Schlichtungsabkommens vorgelegt.

Warum sind eigenständige Tarifverträge für die GDL so wichtig?

Weselsky benutzte ein Bild aus dem Kartenspiel, um die Dringlichkeit eigenständiger Tarifverträge für möglichst alle Berufsgruppen des DB-Zugpersonals zu erklären: Der Trumpf steche nur im aktuellen Spiel und danach nie wieder, schrieb er den Mitgliedern in der vergangenen Woche. Soll heißen: Mit Verträgen für Zugbegleiter, Bordgastronomen, Planer und mit Lokführern gleichgestellte Lokrangierführer hätte die kleine GDL für die gesamte Laufzeit einen Fuß in der Tür.

Dann ginge es darum, die EVG bei der Mitgliederzahl in möglichst vielen Betrieben der DB AG zu überflügeln und unter den Bedingungen des geplanten Gesetzes zur Tarifeinheit die tarifbestimmende Gewerkschaft zu werden. Beschränkt sich die GDL hingegen wie bislang auf die Lokführer, müsste sie allein darauf hoffen, dass Karlsruhe das Gesetz als nicht verfassungskonform kassiert.

Lassen sich die Streiks der GDL per Gesetz verhindern?

Bislang nicht. Das soll aber das Tarifeinheitsgesetz ändern, das nach dem Willen der großen Koalition bis zum Juli Bundestag und Bundesrat passieren soll. Künftig soll in einem Betrieb demnach nur noch das Vertragswerk der jeweils größeren Gewerkschaft gelten. Streiks einer kleineren Gewerkschaft für einen eigenen Abschluss wären dann möglicherweise nicht verhältnismäßig und illegal.

Zuvor müsste aber zweifelsfrei festgestellt werden, wer denn nun mehr Mitglieder im jeweiligen Betrieb hat - bei der Bahn mit ihren über 300 Einzelbetrieben ein erheblicher Aufwand. Die Verfassungsrichter müssten zudem bei der zu erwartenden Überprüfung zum überraschenden Schluss kommen, dass die betriebliche Minderheit kein Recht hat, sich zusammenzuschließen und für gemeinsame Ziele notfalls zu streiken.