Der Nahost-Konflikt und kein Ende. Jetzt gibt es zumindest eine vage Hoffnung auf eine kurze Pause. Foto: dpa

Fünf Stunden können die Menschen in Gaza auf die Straße - kaum genug Zeit um sich mit Lebensmitteln einzudecken. Unterdessen sprechen Unterhändler beider Parteien in Kairo über eine mögliche Festigung der Feuerpause.

Fünf Stunden können die Menschen in Gaza auf die Straße - kaum genug Zeit um sich mit Lebensmitteln einzudecken. Unterdessen sprechen Unterhändler beider Parteien in Kairo über eine mögliche Festigung der Feuerpause.

Gaza/Tel Aviv - Zum ersten Mal seit zehn Tagen ist das Leben in die Straßen von Gaza zurückgekehrt - zumindest vorübergehend. Nach Beginn einer fünfstündigen Waffenruhe drängten sich am Donnerstag die Menschen zwischen hupenden Autos und Eselskarren, viele standen an Geldautomaten Schlange.

Sie wollten sich während der kurzen Verschnaufpause mit Lebensmitteln eindecken. Nach Ablauf der Frist ging der gegenseitige Schlagabtausch dann wieder in unverminderter Härte weiter.

Die israelische Luftoffensive im Gazastreifen und die ständigen Raketenangriffe der militanten Palästinenser auf Israel haben das Palästinensergebiet in eine humanitäre Krise gestürzt.

Wasser, Strom, Lebensmittel und Medikamente werden knapp. Der 45 Jahre alte Taxifahrer Mohammed Schurabassi lebt mit seinen acht Kindern in dem Viertel Sadschaija in Gaza, das zu den besonders hart von der israelischen Luftwaffe angegriffenen Gebieten gehört. Seit Beginn der Offensive am 8. Juli kann er nicht mehr arbeiten. „Ich bin seit mehr als einer Woche nicht mehr mit meinem Taxi gefahren, weil die israelischen Kampfjets alles als Ziel angreifen“, sagt Schurabassi. Aufforderungen der israelischen Armee an Zivilisten, ihre Häuser im nördlichen Gazastreifen zu verlassen, sieht er als Teil eines „psychologischen Kriegs“. „Sie wollen Druck auf die Bevölkerung ausüben, damit die die Hamas dazu bringt, die Angriffe (auf Israel) zu stoppen.“

Der 60-jährige Rafik Kanowa aus Sadschaija hat den israelischen Warnungen hingegen Folge geleistet und ist in den zentralen Teil des Gazastreifens umgezogen. Insgesamt hat seine Familie 18 Mitglieder. „Der Gedanke an die Kinder hat uns dazu gebracht, das Haus zu verlassen. Sie hatten Angst, als wir den Telefonanruf bekamen“, sagte Kanowa. „Dies ist kein normales Leben. Wir wollen internationalen Schutz und dass dieser Krieg im Gazastreifen so schnell wie möglich endet.“

Unterhändler Israels und der im Gazastreifen herrschenden Hamas verhandelten unter ägyptischer Vermittlung in Kairo über eine Festigung der Waffenruhe, berichteten israelische Medien am Morgen. Der bewaffnete Flügel der Hamas hat nach Medienberichten mehrere Forderungen für eine Feuerpause aufgestellt: Öffnung aller Grenzübergänge zwischen Israel und dem Gazastreifen, vollständige Öffnung des Rafah-Grenzübergangs zu Ägypten, Seezugang zum Gazastreifen, Erlaubnis für Gaza-Bewohner, auf dem Tempelberg in Jerusalem zu beten sowie Freilassung von Häftlingen, die vor drei Jahren im Tausch gegen den israelischen Soldaten Gilad Schalit freigekommen und dann wieder festgenommen worden waren.

Der unerbittliche Schlagabtausch zwischen Israel und der Hamas hat schon weit über 200 Todesopfer gefordert. Für besonderes Entsetzen sorgte am Mittwoch der Tod von vier palästinensischen Jungen, die am Strand von Gaza getötet wurden, als sie Fußball spielten. Das israelische Militär sprach von dem „tragischen Resultat“ eines Angriffs auf vermutete Terror-Aktivisten.

Israel hält 50.000 Soldaten für einen Bodeneinsatz bereit

In Israel steigt mit jeder aus dem Gazastreifen abgefeuerten Rakete der Druck aus dem rechten Lager auf Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, Bodentruppen in das Palästinensergebiet zu entsenden. Einen seiner härtesten Kritiker, den stellvertretenden Verteidigungsminister Danny Danon, hat Netanjahu kurzerhand gefeuert. Vor allem Außenminister Avigdor Lieberman wirft ihm aber weiter Schwäche und Zögerlichkeit vor.

Auf sozialen Netzwerken machte am Donnerstag ein Foto von 16 israelischen Soldaten die Runde, die mit ihren Körpern den Satz geformt hatten: „Bibi (Netanjahus Spitzname) ist ein Loser.“

Netanjahus Kabinett billigte am Mittwoch die Mobilisierung 8000 weiterer Reservisten. Damit stehen rund 50.000 Soldaten für einen Bodeneinsatz bereit. Besondere Sorge bereitet Israel dabei ein weitverzweigtes Netz unterirdischer Tunnel, die die Hamas im Grenzgebiet gegraben hat. Durch einen solchen Tunnel stürmten am Donnerstag nur wenige Stunden vor dem Inkrafttreten einer Waffenruhe 13 schwerbewaffnete Hamas-Kämpfer auf israelisches Gebiet. Die israelische Armee bombardierte das Kommando aus der Luft.

„Der Zeitpunkt des Angriffs ist kein Zufall“, sagte der frühere Leiter des Einsatzkommandos der israelischen Streitkräfte, Israel Ziv. „Wie zynisch ist die Hamas, einerseits eine temporäre Waffenruhe und humanitäre Hilfe zu fordern und Israel gleichzeitig ein Killerkommando zu schicken.“ Israel wünsche sich Ruhe; Bedingung für ein Ende der Kämpfe sei jedoch eine Einigung zwischen den verschiedenen bewaffneten Fraktionen im Gazastreifen. „Sollte dies nicht möglich sein, wird Israel eine Bodenoffensive in Betracht ziehen. Und sie würde länger dauern als nur ein paar Tage.“