Kurz vor einer für diesen Dienstag vorgesehenen ersten Anhebungsstufe der Diäten für Abgeordnete hat Bundespräsident Joachim Gauck das Gesetz für eine grundlegende Reform der Parlamentarier-Bezüge noch nicht unterschrieben. Foto: dpa

Von diesem Dienstag an sollen die Abgeordneten des Bundestages mehr Geld bekommen. Aber kurz vor dem Stichtag ist das Gesetz noch nicht endgültig besiegelt. Der Bundespräsident prüft es - sorgfältig.

Von diesem Dienstag an sollen die Abgeordneten des Bundestages mehr Geld bekommen. Aber kurz vor dem Stichtag ist das Gesetz noch nicht endgültig besiegelt. Der Bundespräsident prüft es - sorgfältig.

Berlin - Die umstrittene kräftige Diätenerhöhung für die 631 Bundestagsabgeordneten kommt möglicherweise erst mit Verspätung. Kurz vor einer für diesen Dienstag vorgesehenen ersten Anhebungsstufe hat Bundespräsident Joachim Gauck das Gesetz für eine grundlegende Reform der Parlamentarier-Bezüge noch nicht unterschrieben. „Es ist eine komplexe Angelegenheit, die einer sorgfältigen Prüfung bedarf“, sagte eine Sprecherin am Samstag auf Anfrage. Grüne und Linke begrüßten, dass Gauck die Regeln unter die Lupe nimmt. Vorgesehen ist, dass die Diäten in zwei Stufen steigen: ab Dienstag von bisher 8252 auf 8667 Euro im Monat und Anfang kommenden Jahres dann weiter auf 9082 Euro.

Der Zeitplan für den Start der Diätenreform wackelt inzwischen. Das Gesetz war Ende Februar im Bundestag beschlossen und Mitte März im Bundesrat gebilligt worden. Im Präsidialamt ging es am 19. Mai ein. Zur laufenden Prüfung machte dessen Sprecherin keine näheren Angaben.

Nach Informationen der „Bild“-Zeitung (Samstag) bestehen bei Juristen des Präsidialamts auch verfassungsrechtliche Zweifel - und zwar an der Regelung, dass die Bezüge ab 2016 automatisch an die Entwicklung der Bruttolöhne gekoppelt werden sollen. Dagegen werde eingewandt, dass die Parlamentarier jede Erhöhung weiter öffentlich beschließen müssten. Offen sei, ob Gauck eventuell unter Vorbehalt einer Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht unterschreibe.

Auf die Frage, ob es sich um eine Blockade handele, sagte seine Sprecherin: „Eine Prüfung ist noch keine Blockade.“ Falls der Präsident das Gesetz später unterschreibt, würden die Regelungen aber rückwirkend zum 1. Juli in Kraft treten. Unions-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) sagte der „Welt am Sonntag“: „Der Bundespräsident könnte seine Unterschrift unter das Gesetz nur dann verweigern, wenn es ganz offenkundig verfassungswidrig wäre. Dafür gibt es aber in meinen Augen keinen Anhaltspunkt.“ Seine SPD-Kollegin Christine Lambrecht verwies auf das gute Recht des Präsidenten, ein Gesetz auf Verfassungsmäßigkeit zu prüfen. Sie sei überzeugt, dass Gauck dies gewissenhaft tun werde.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte der Zeitung, bei der von der Koalition in höchster Eile durchgezogenen Reform sei eine verfassungsrechtliche Prüfung wohl auf der Strecke geblieben. „Es ist gut, wenn der Bundespräsident sich dafür die Zeit nimmt.“ Linke-Fraktionsgeschäftsführerin Petra Sitte begrüßte die Prüfung und sagte zur Verknüpfung der Diäten mit der Lohnentwicklung: „Es ist dann aber notwendig, dass man darüber bei jedem automatisch folgenden Erhöhungsschritt öffentlich im Bundestag diskutiert.“

Nach der Anhebung um rund 10 Prozent in zwei Schritten sollen die Diäten der Besoldung von Bundesrichtern entsprechen. Die jährlichen automatischen Anpassungen von 2016 an sollen dann immer wieder neue Entscheidungen in der unpopulären Frage vermeiden. Vorgesehen ist aber, dass der Bundestag zu Beginn jeder Wahlperiode über die weitere Anwendung dieses Verfahrens für die folgenden vier Jahre entscheidet. Zum Paket gehören auch Einschnitte bei der Altersversorgung. So sollen ausgeschiedene Abgeordnete frühestens mit 63 Jahren eine Versorgung mit Abschlägen bekommen können. Bisher geht es mit 57 ohne Abschläge.

Dass der Bundespräsident ein Gesetz stoppt, ist selten. Horst Köhler hatte 2006 die Unterschrift unter ein Gesetz zur Privatisierung der Flugsicherung und das Verbraucherinformationsgesetz verweigert.