Ob Winter oder nicht: Die Tische vor (und in) den Lokalen bleiben vorerst leer. Foto: Eich

Versprochene Corona-Zahlungen kommen einfach nicht. Hohe Umsatzverluste und zu langes Warten auf Entschädigung.

Sie schwanken zwischen Existenzangst und der Hoffnung auf ein baldiges Ende des Lockdowns: Die hiesigen Gastronome trifft die Krise mit aller Wucht, hohe Umsatzverluste, das lange Warten auf Entschädigung und dazu die bange Frage: Muss ich 2021 mein Lokal zumachen?

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Villingen-Schwenningen - Ausgebremst, das dürfte wohl die Situation auch der örtlichen Gastronomie am besten treffen. Obwohl nachweislich Lokale keine Corona-Hotspots darstellten, sind sie nun in den zweiten Lockdown hinein geschmettert worden. Darüber hinaus haben viele Gastronome, trotz herber Umsatzverluste während der ersten Zwangsschließung, gehörig Geld in die Hand genommen, um den Vorgaben der Infektionsschutzverordnung zu genügen. Um so bitterer ist es für viele aus der Branche, dass zwar ständig die Rede von Entschädigungszahlungen sei, die der Staat versprochen habe, diese jedoch "sehr sehr spät" kommen. So spät, dass viele nicht mehr wissen, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreiten sollen.

Wie es einigen seiner Kollegen rund um den Jahreswechsel geht, das weiß Domenico Wittkopf vom Ott in Villingen nur zu gut. "Die Zahlungen kommen sehr sehr spät", verweist er auf den Fakt, dass das Geld für November erst Mitte Januar auf den Konten eingehen soll. Die Anträge auf Hilfsgelder konnten ohnehin erst Ende November gestellt werden. "Für viele ist es sehr sehr eng geworden." Auch er ist frustriert über den zweiten Lockdown. "Wir haben viel gemacht und wurden dann ausgebremst."

Nicht nur er spricht von einer "Riesensauerei und einer "Volksverarsche". Wer jetzt keinen finanziellen Puffer habe, "der ist weg". In Zahlen bedeutet dies: Prognosen zufolge überlebt jeder dritte Betrieb die Krise nicht, etwa 70 Prozent aller Gastronome treiben massive Existenzängste um. Nicht nur Wittkopf sieht durch die Gastro-Schließung auch massive Auswirkungen auf die örtlichen Geschäfte, als diese noch öffnen durften. "Die Läden waren oft leer." Wer gehe denn auch einkaufen, wenn kein Café oder Restaurant offen habe?

Bleibt das Personal

Klaus Fehrenbach vom Café Villa in Villingen sieht noch ein anderes Problem: Die finanzielle Unsicherheit ist das eine, das andere: "Bleiben mir meine Servicekräfte", wenn er nach Wochen oder vielleicht Monaten wieder öffnen kann oder verliert er ein gut eingespieltes Team.

"Noch keinen Cent" bekommen hat auch Heico Plazek von der Wagnerei in Schwenningen. "Ach hören Sie mit den Hilfszahlungen auf", ärgert er sich. Keinen Cent, dafür machen ihm andere hohe Beträge schwer zu schaffen. Hohe Umsatzeinbußen muss auch er verkraften, aus der Branche werden Verluste zwischen 150 000 und 200 000 Euro genant. Manches Dezemberwochenende spülte 15 000 Euro in die Kassen. "Darauf zu verzichten, das tut weh".

Notfalls vor Gericht

Die Wagnerei gehört zu den Betrieben, die einen Liefer- und Abholservice in VS für Gäste anbietet. "Ich bin ganz zufrieden", meint Plazek, auch wenn die Umsätze "meilenweit weg vom normalen Niveau sind". Was die Laune nicht gerade hebt und die Existenzsorgen noch befeuert, sind weitere Unsicherheiten: Wie geht es mit den Entschädigungszahlungen weiter? Für Dezember, für das neue Jahr? Bemessen diese sich auch weiterhin am Umsatz vom Vorjahr, genauer gesagt 75 Prozent des Vorjahresumsatzes, oder sollen eher die Fixkosten die Grundlage für die Berechnungen bilden? Gelten nur die Fixkosten, "reicht das doch nicht zum Leben". Eine solche Fixkosten-Bemessungsgrundlage ist auch für Verbandsvertreter ein "Unding". Je nach Rechtsform, ergänzt er, gelte der Unternehmerlohn als Fixkosten "oder eben wie in unserem Fall nicht". Für Plazek steht fest: "Wenn es gar keine Entschädigungen mehr gibt, dann mache ich mein Lokal wieder auf". Wer die Schließung anordne, der müsse auch entschädigen. "Notfalls strenge ich eine Klage an."

Wie wichtig eine schnellere und sichere Unterstützung für die heimischen Gastronomen ist, das verdeutlicht Daniel Ohl, Sprecher des Dehoga-Landesverbands in Stuttgart. "Das Niveau der Unterstützung muss auf alle Fälle erhalten bleiben", spielt er auf die aktuellen Diskussionen, mögliche Änderungen und die damit verbundenen Ängste seiner Mitgliedsbetriebe an. "Die Leute sind am Verzweifeln", schildert er die Stimmung unter den Gastronomen im Land. "Das einzige Programm, das uns hilft, sind die Gäste", hofft auch Ohl auf ein baldiges Lockdown-Ende.

Ängste nehmen zu

Lob wie Kritik an den Änderungen des Infektionsschutzgesetzes wird auch von der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg laut. "Aus den nun geltenden Regelungen wird nicht deutlich, wie die Maßnahmen untereinander abgewogen werden müssen. Wie schon die letzten Monate gezeigt haben, kann dieser Spielraum der Verwaltung zu großer Planungsunsicherheit für Betriebe führen. Erst Hygienekonzepte und Abstandsgebote unter großem organisatorischen und finanziellen Aufwand umgesetzt, drohen kurz darauf schon vollständige Betriebsschließungen", äußert sich IHK-Sprecher Christian Beck generell zu dem Thema. Wichtig sei, dass die betroffenen Unternehmen und Selbstständigen entschädigt werden. "Insbesondere bei der Schnelligkeit gibt es Nachbesserungsbedarf." Klare Ansage: Das müsse schneller gehen. Klartext auch zur Stimmung unter den Mitgliedern: "Ängste nehmen zu."

Nur einen Wunsch

Kein anderer kennt die Sorgen der Gastro-Branche so gut wie Michael Steiger, Vorsitzender des Kreisverbandes der Dehoga. "Viele Betriebe stehen mit dem Rücken an der Wand." Um so wichtiger sei es, dass der Staat seine Versprechen in Bezug auf Hilfen auch weiterhin einhalte und die Zahlungen schneller überwiesen werden. "Unsere Kollegen sind unverschuldet in diese Situation gekommen." Auf was sich der langjährige Gastronom am meisten freut? "Wenn wir unsere Gäste wieder unbeschwert begrüßen können".