Drei Brüder, eine Mission: authentische spanisch-mediterrane Küche, modern interpretiert. Ob dieses Konzept aufgeht, und welche Gerichte zu empfehlen sind: Wir haben es getestet.
Frischer Wind im Alten Rathaus in Oberndorf: Nach langer Umbauphase haben die drei Brüder Antonio Florencio Jiménez, Kevin Paz Jiménez und Denis Paz Jiménez Ende Mai in dem traditionsreichen Gebäude ihr Restaurant Tres eröffnet. Mit einem neuen Konzept: Statt eines großen Tellergerichts pro Besucher gibt eine große Auswahl an Tapas zum Teilen. Höchste Zeit, dieses Konzept auf die Probe zu stellen.
Der erste Eindruck
Das „Tres“ findet man im Herzen der Oberndorfer Oberstadt. Parkplätze gibt es in den Abendstunden zuhauf entlang der Kirchtorstraße und der Hauptstraße, aber auch hinter dem Gebäude, an der Kameralstraße. Verfehlen kann man das ortsbildprägende Gebäude, unter anderem dank seiner lachsfarbenen Fassade, nicht.
Auf dem Vorplatz des Alten Rathauses ist Platz für bis zu 30 Gäste. Im Erdgeschoss befindet sich der „Salón“. Hier liegt der Fokus auf Wein, Cocktails und anderen alkoholischen und alkoholfreien Getränken – ideal für einen Aperitif vor dem Essen oder einen Absacker danach.
Ein Stockwerk höher befindet sich das Restaurant mit etwa 40 Plätzen. Der erste Eindruck: modern und edel. Insbesondere die samtig-petrolfarbenen Stühle und Sitzbänke sind ein Eyecatcher. So weit, so gut, jetzt muss es hier nur noch schmecken.
Hohe Erwartungen
Die Erwartungen sind hoch. Schließlich war Küchenchef Kevin Jiménez zuletzt Chef Pâtissier im Stuttgarter Sternerestaurant „Hegel Eins“ und wurde von der IHK zum besten Nachwuchskoch gekürt.
Die Karte sieht schonmal vielversprechend aus. Das Tapas-Konzept lebt davon, dass man sich gemeinsam viele kleine Speisen bestellt, von denen jeder am Tisch probieren kann. Die Auswahl ist groß, und es scheint für jeden Geschmack etwas dabei zu sein – für Fleisch- und Fischgenießer ebenso wie für Vegetarier.
Das Angebot
Auf der Karte der kalten Tapas findet man etwa Ciabattabrot mit Aioli, Pan Tomate (ähnlich der italienischen Bruschetta), eingelegte Oliven, Käsevariationen, eine Auswahl spanischer Wurst, Salat und eine Tortilla mit Kartoffeln, Ei, Tomate und Co.
Unter den warmen Tapas finden sich unter anderem Patatas Bravas (Kartoffeln mit würzigen Soßen), Calamares, Muscheln, Garnelen verschiedener Art, gegrillter Oktopus und ein Steak vom Ibérico-Schwein.
Ihre Speisen beschreiben die Brüder übrigens so: bodenständige und schlichte, klassisch spanische Küche, mit Einflüssen aus der gehobenen Gastronomie veredelt.
Gut zu wissen
Gerichte speziell für Kinder oder Senioren finden sich auf der Karte nicht. Das lässt sich mit dem Tapas-Konzept begründen. Da ohnehin mehrere kleine Speisen nach „Baukastenprinzip“ bestellt werden, kann sich jeder das rauspicken, was er mag, und nur so viel essen wie er Hunger hat.
Besondere Aktionen sind übrigens in der Zukunft geplant, etwa ein Whisky-Tasting oder ein Weinabend. Zudem soll „Fine Dining“ angeboten werden, also ein gesondertes, von den Jahreszeiten inspiriertes Menü in einem separaten Bereich im Restaurant.
So schmeckt es
Für unseren Test haben wir ein buntes Allerlei aus warmen und kalten Tapas bestellt. Eine nette Überraschung: Als Gruß aus der Küche gibt es vorab erst einmal Brot mit einer Art Paprikaaufstrich – ein gelungener Start.
Nicht allzu lange darauf wird auch unsere Bestellung serviert. Und man weiß gar nicht, wohin man zuerst schauen soll. Auf den Tellern ist es nicht nur bunt, sondern auch hübsch angerichtet: optisch also schonmal volle Punktzahl. Ob der Geschmack da mithalten kann?
Die kalten Tapas – wir haben Ciabattabrot mit Aioli und Pan Tomate bestellt – sind schonmal ein guter Einstieg. Und keine Knoblauchbombe, sondern fein abgeschmeckt. Wer es würziger mag, für den könnten sie allerdings etwas zu mild sein.
Weiter zu den Patatas Bravas, einem Klassiker der spanischen Küche. Außen schön würzig und knusprig, innen weich, dazu recht milde Aioli und eine kräftigere pikante Mojo-rojo-Sauce – in einem Wort: lecker! Und noch dazu die perfekte Beilage zu den Meeresfrüchten.
Die Highlights
Unter denen sticht natürlich vor allem der gegrillte Oktopusarm (Pulpo) ins Auge. Serviert wird er mit Süßkartoffelpüree und geräuchertem Paprikapulver. Mit 26 Euro ist er das Teuerste auf der Speisekarte. Geschmacklich wird er den dadurch hohen Erwartungen aber absolut gerecht. Ideale Konsistenz, Geschmacksexplosion im Mund: Der Pulpo gehört zu unseren Favoriten auf dem Tisch.
Auf gleicher Höhe oder sogar ein Stück weiter vorne liegen für uns die Gambas al Ajillo. Dabei handelt es sich um Black Tiger Garnelen mit Knoblauch, Chili und Olivenöl. Hier schmeckt man vor allem die hohe Qualität der verwendeten Produkte heraus. Außerdem sind Knoblauch und Chili beim Geschmack zwar sehr präsent, aber trotzdem perfekt aufeinander abgestimmt – mit den Garnelen, knackig-fest im Biss, so wie sie sein sollen, ein echter Gaumenschmaus.
Mit genau der richtigen Konsistenz können auch die Calamares punkten. Nicht zu fettig, trotzdem stark im Geschmack und mit Aioli, schwarzem Knoblauch und Zitrone serviert, schaffen auch sie es unter die Top drei der bestellten Gerichte.
Insgesamt konnten vor allem die Meeresfrüchte punkten, aber auch die Patatas Bravas sind sehr lecker. Die kalten Tapas – zumindest die von uns bestellten – verblassen neben diesen Gerichten ein bisschen, sorgen als Beigabe aber für etwas Abwechslung beim Schmausen.
Nachtisch darf nicht fehlen
Aber da fehlt doch noch was? Richtig, der Nachtisch. Wir entscheiden uns für den Flan de Huevo (einen Karamell-Flan) und Tarta San Sebastián (baskischen Käsekuchen). Bei beidem gibt es, kurz gesagt, rein gar nichts zu meckern: ein Genuss, der das Mahl perfekt abrundet. Insbesondere der Flan de Huevo bringt ins Schwärmen.
Mehrere Tapas bestellen
Geschmacklich kann das „Tres“ klar überzeugen. Ein kleiner Wermutstropfen: Die Portionen wirken, je nach bestelltem Gericht, teilweise etwas klein in Relation zum Preis. So hätten es für 14 Euro beispielsweise gern etwas mehr Black Tiger Garnelen sein dürfen.
Wer zu zweit essen geht und richtig satt werden möchte, der sollte vier bis fünf Tapas bestellen. Am Ende landen wir bei unserem Testessen mit sechs Tapas, zwei Getränken und zweimal Nachtisch bei rund 80 Euro.
Was den Preis relativiert, ist die Tatsache, dass man deutlich herausschmecken kann, welch qualitativ hochwertige Produkte verwendet wurden. Außerdem hat alles Bestellte hervorragend geschmeckt. Und das Konzept überzeugt auf der ganzen Linie. Viele kleine leckere Gerichte probieren statt sich auf eines festlegen zu müssen: Das macht Freude. Und das Teilen sorgt automatisch für mehr Kommunikation und das Gefühl, man säße im Kreise der Familie am heimischen Esstisch.
Sternebewertung
Küche: *****
Service: ***
Ambiente ****
***** = herausragend, ****= überdurchschnittlich, *** = gut, **= Luft nach oben, * = viel zu verbessern
Gut zu wissen
Öffnungszeiten
Restaurant: Dienstag bis Samstag, 17.30 bis 23 Uhr (warme Küche bis etwa 22 Uhr), Salón: Dienstag bis Donnerstag, 17.30 bis 1 Uhr, Freitag und Samstag, 17.30 bis 3 Uhr
Weitere Info
Telefon: 07423/8 76 68 80, info@restaurant-tres.de, Adresse: Hauptstraße 16 in Oberndorf, www.restaurant-tres.de