Ein Restaurant in Bietigheim schließt russische Bürger aus. Das bleibt auch im Schwarzwald nicht ungehört. (Symbolbild) Foto: Ohmydearlife/Pixabay

Ein Wirt in Bietigheim (Kreis Rastatt) wollte ein Zeichen gegen den Krieg setzen und erteilte Russen in seinem Restaurant Hausverbot. Das verursachte einen Aufschrei - sowohl über die Bundesgrenzen hinaus, als auch im Schwarzwald in Oberndorf. 

Bietigheim - "Besucher mit russischem Pass sind bei uns im Haus unerwünscht", war am Wochenende noch auf der Homepage der Traube Bietigheim zu lesen. "Es ist uns bewusst, dass der 'normale' russische Staatsbürger keine Schuld an den kriminellen Handlungen der russischen Regierung trägt." Mit der Aktion aber wolle man ein Zeichen setzen. "Dies ist unser Beitrag, damit unsere Kinder in einem friedlichen Europa leben können", so endete die Nachricht. Inzwischen ist die Homepage nicht mehr auffindbar, aber der Beitrag verbreitete sich online dennoch wie ein Lauffeuer.

Tausende von Kommentaren 

Auch eine Geschäftsinhaberin aus Oberndorf am Neckar verfolgt die Diskussion aufmerksam, obwohl Bietigheim 100 Kilometer entfernt ist. Sie ist selbst russische Staatsbürgerin und daher angesichts der aktuellen Lage vorsichtig. Ihren Namen will sie nicht öffentlich nennen. Sie hat die Nachricht des Restaurants sofort auf Instagram geteilt, als sie ihr in die Hände fiel. "Als ich diese Botschaft auf den Sozialen Medien entdeckt habe, dachte ich, ich lese nicht richtig", sagt sie. "Wie wollen die überhaupt prüfen, ob russische Staatsbürger ins Restaurant kommen? Werden da am Eingang etwa deswegen die Ausweise kontrolliert?"

Auch habe sie sich Sorgen gemacht, dass sich andere Restaurants anschließen könnten. Das Gegenteil sei aber der Fall. "Es gibt viele Kommentare, die alle in die gleiche Richtung gehen. 6000 allein bei den Google-Rezensionen. Die Leute sind sich einig, dass es falsch ist, Menschen zu diskriminieren, die für diesen Krieg gar nichts können." Das beruhige sie. Beeindruckend finde sie, welch große Wellen das Thema schlage. Selbst die russischen Nachrichten hätten es aufgegriffen.

Viele Nutzer der sozialen Medien reagierten ungehalten und empört. "Der Laden diskriminiert und grenzt Menschen aufgrund ihrer Herkunft, aus. Traurig", schreibt eine Userin bei den Google-Bewertungen. Ein anderer Nutzer: "Hetze und Diskriminierung! Eigentlich unvorstellbar in Deutschland 2022. Boykott!". Diese beiden Kommentare gehören zu den harmloseren. Die Touristik-Webseite Tripadvisor hat die Kommentarfunktion für das Restaurant am Montag gesperrt, mit der Anmerkung: "Aufgrund eines aktuellen Ereignisses, das die Aufmerksamkeit der Medien erregt hat und einen Anstieg an Bewertungseinreichungen zur Folge hatte, die keine persönlichen Erlebnisse widerspiegeln, werden wir für diesen Eintrag vorübergehend keine neuen Bewertungen veröffentlichen."

Polizei bleibt wachsam

Ob der Betreiber des Restaurants Traube in Bietigheim wohl damit rechnete, dass die kurze Botschaft auf seiner Homepage derart wütende Proteste nach sich ziehen würde? Das bleibt offen, denn der Inhaber ist seit dem vergangenen Wochenende, an dem die Nachricht auftauchte, bis zu diesem Dienstag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen gewesen.

Am Sonntagnachmittag ruderte er zurück. Er löschte seinen ursprünglichen Beitrag und ersetzte ihn durch: "An alle Unterstützer und Versteher von Putin: Es war ein Fehler, die Kritik an Putin an der Nationalität festzumachen. Niemals wollte ich jemanden wegen seiner Nationalität beleidigen. Allerdings rechtfertigt das nicht, meine Familie und Mitarbeiter zu bedrohen."

Und Drohungen muss es reichlich gegeben haben. Als Reaktion auf Aufrufe in sozialen Netzwerken zum Protest gegen das Lokal werde die Örtlichkeit bis auf Weiteres überwacht, sagte am Montagabend ein Sprecher der Polizei der Deutschen Presseagentur. Man wolle so sicherstellen, dass es zu keinen Straftaten komme. Eine reine Vorsichtsmaßnahme, wie Sprecher Rüdiger Schaupp vom zuständigen Polizeipräsidium Offenburg unserer Redaktion am Montagabend bestätigte. Zu einem Vorfall gekommen sei es nämlich bislang nicht.

"Wir haben die Sache im Blick und ermitteln in alle Richtungen", so das Präsidium auf Nachfrage unserer Redaktion. Zu laufenden Ermittlungen gebe es keine Auskunft, aber "wir sammeln jetzt erst einmal alle Aufrufe im Internet." Die Polizei sei achtsam, allerdings müsse man in der aktuellen Situation auch Ruhe bewahren. Der Wirt habe seinen Fehler eingesehen und die Botschaft revidiert. 

Weniger verständnisvoll reagierte Dehoga Baden-Württemberg. "Es gibt sicher andere und bessere Möglichkeiten, seine Empörung über den russischen Angriffskrieg beziehungsweise seine Solidarität mit den Menschen in der Ukraine zu zeigen", sagte ein Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbands des Landes. Der Ausschluss von Gästen aufgrund ihrer ethnischen Herkunft sei auch rechtlich nicht zulässig.