Die Adlersteige ist in schlechtem Zustand. An einigen Stellen wurden die Pflastersteine bereits großflächig durch Flicken aus Asphalt ersetzt. Foto: Saile

Kann das Kopfsteinpflaster der Adlersteige erhalten werden? Oder muss es für die Gartenschau-Pläne weichen? Diese Frage wurde im Gemeinderat heftig diskutiert.

Freudenstadt - Wie sollen die Besucher der Gartenschau vom Marktplatz ins Christophstal kommen? Diese Frage beschäftigt den Gemeinderat schon länger. Bereits im Juni vergangenen Jahres hatte der Streit darüber das Gremium entzweit. Schon damals hatte die Stadt den Plan vorgestellt, die Adlersteige für einen Shuttle-Dienst ins Tal zu nutzen und gleichzeitig einen barrierearmen Fußweg ins Tal zu bauen. Nach einer emotionalen Debatte und trotz des heftigen Widerstands der "Bürgeraktion" wurde damals die Planung mit deutlicher Mehrheit in Auftrag gegeben.

 

Nun stand das Thema erneut auf der Tagesordnung. Denn mittlerweile hat die Verwaltung ihre Pläne detaillierter ausgearbeitet und schon im technischen Ausschuss vorgestellt. Das Gremium sollte nun abschließend darüber beraten. Doch statt über Materialien oder andere Details zu beraten, diskutierten die Räte noch mal über das Grundsätzliche. Dabei ging es wieder hoch her – wenn auch nicht ganz so emotional wie bei der ersten Debatte.

"Bürgeraktion" will Serpentinenweg verhindern

Die Debatte drehte sich gleich um mehrere Streitpunkte. So stemmte sich die "Bürgeraktion" (BA) erneut gegen den geplanten barrierearmen Fußweg ins Tal. So bezeichnete Bernd Leix (BA) die Pläne als "Zerstörung der Natur". Unterstützung gab es aus den Reihen der FDP. "Ich bin nicht gegen die Gartenschau, aber gegen die wahnsinnige Ausgestaltung von etwas, das nur fünf Jahre genutzt wird", meinte Detlef Brückner.

Hingegen für den Serpentinenweg sprach sich Katja Hettich (CDU) aus. Ähnlich sah es ihr Fraktionskollege Axel Reich: "Ich konnte mich anfänglich auch nicht mit dem Zickzackweg anfreunden", erzählte Reich. Doch durch den Ortstermin habe er seine Meinung geändert.

"Am liebsten, es würde alles bleiben, wie es ist"

Für Furore sorgte dann aber Michael Kaltenbach (FWV): "Die Christophstäler Bevölkerung ist jetzt nicht so furchtbar angetan. Weder vom Serpentinenweg noch von der Umgestaltung der Adlersteige", berichtete Kaltenbach. Und dann ließ er die Bombe platzen: "Den Bürgern wäre es am liebsten, es würde alles bleiben, wie es ist. Es wäre ihnen am liebsten, sie würden in Ruhe gelassen und die Gartenschau würde nicht stattfinden."

Doch damit handelte sich Kaltenbach scharfe Kritik von seinem Fraktionsvorsitzenden ein. "Wir sollten dringend überlegen, ob wir nochmal bei Null anfangen wollen", mahnte Wolfgang Tzschupke. "Wollen wir wirklich nochmal grundsätzlich darüber diskutieren?" Wenig später beantragte Tzschupke eine kurze Pause und verschwand mit seinen Fraktionskollegen.

Alles hängt an den uneinigen Freien Wählern

Die Vermutung liegt nahe, dass Tzschupke die Pause nutzte, um eine einheitliche Linie abzustimmen. Die Spannung war groß, denn ohne Unterstützung der Freien Wähler wären die Pläne der Verwaltung wohl am Ende gewesen. Doch nach der Pause stimmte die FWV-Fraktion für den Serpentinenweg, der schließlich mit einer deutlichen Mehrheit von 18 zu zehn Stimmen vom Gemeinderat beschlossen wurde.

Doch als es anschließend um die Umgestaltung der Adlersteige ging, schmolz die Unterstützung für die Pläne der Stadt nur so dahin. Denn der Entwurf der Verwaltung sah vor, einen großteils der historischen Pflastersteine aus den 1830er-Jahren zu entfernen und durch eine Asphaltdecke zu ersetzen. Nur ein Randstreifen aus Pflastersteinen sollte erhalten bleiben.

Räte kämpfen für das Kleinod

Nun gab es aus fast allen Richtungen Widerstand. "Wir können doch nicht eine Straße, die schön ist und zu uns gehört, einfach mit Asphalt überziehen", mahnte Carola Broermann (CDU). Unterstützung bekam sie von ihrer Fraktionskollegin Hettich. Und auch Leix (BA) setzte sich dafür ein, das Pflaster in Stand zu setzen und somit zu erhalten.

Schließlich äußerte sogar Tzschupke Kritik an den Plänen der Verwaltung: "Ehrlicherweise liegt uns das schwer im Magen", sagte Tzschupke über seine Fraktion. "Wir sind der Meinung, man sollte die Pflasterung belassen oder auf Vordermann bringen."

Bald ist die Verwirrung perfekt

Gleich mehrere Fraktionen brachten nun Gegeneinträge ein mit unterschiedlichen Ideen, wo das Pflaster erhalten werden und wo es ersetzt werden soll. Dementsprechend unübersichtlich wurde die Diskussion, so dass Oberbürgermeister Julian Osswald mahnte: "Versuchen wir, die Verwirrung nicht komplett zu machen."

Mit viel Hin und Her gelang es Osswald, einen Kompromiss zwischen den Räten auszuhandeln. Nun soll nur im oberen Bereich der Adlersteige der Belag komplett erneuert werden. Im weiteren Verlauf soll das historische Pflaster erhalten bleiben. Am Rand der Straße ist ein Streifen aus neueren Steinplatten geplant, die die Trittsicherheit erhöhen sollen. Dieser Kompromiss wurde dann mit einer Mehrheit von 20 Stimmen verabschiedet.

Doch beim dritten Punkt wurde es dann richtig knapp. Denn die "Bürgeraktion" stemmte sich auch gegen die Pläne, den Shuttle-Dienst vom Marktplatz ins Christophstal über die Adlersteige zu leiten. So befürchtete Leix, dass die Shuttle an der Adlersteige die Fußgänger gefährden könnten. Stattdessen schlug die "Bürgeraktion" vor, die Besucher über die B 28 zu transportieren.

Doch der Vorschlag hatte einen entscheidenden Haken: Als Shuttle sollen die kleinen Touristen-Bahnen genutzt werden, die schon jetzt durch die Stadt tuckern. Und deren Höchstgeschwindigkeit liegt zwischen 20 und 25 Stundenkilometern. "Jetzt stellen Sie sich vor, alle Viertelstunde fährt so ein Elektrobähnle", meinte Hermann John (FWV). "Das ist nicht denkbar. Das ist so ein Gefahrenpunkt, das macht keinen Sinn."

Doch selbst das überzeugte nur die Hälfte der Räte. So stimmten schließlich nur 14 Räte für die Route über die Adlersteige, 12 stimmten dagegen, zwei enthielten sich.