Der Garten vor oder hinter dem Haus entwickelt sich immer öfter zum Ruheraum für die Bewohner. Foto: GaLaBau-BW

Hausbesitzer investieren lieber in einen schönen Garten, als das Geld auf die Bank zu tragen.

Stuttgart - Die 660 baden-württembergischen Garten- und Landschaftsbaubetriebe haben im zurückliegenden Jahr erstmals über eine Milliarde Euro Umsatz gemacht. Mehr als die Hälfte des Umsatzes erwirtschafteten die im Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg vertretenen Betriebe mit Privatkunden. Dabei ist in den zurückliegenden Jahren der Umsatzanteil der Öffentlichen Hand - einst der wichtigste Umsatzbringer - kontinuierlich von über 50 Prozent in den 1970er Jahren auf derzeit unter 20 Prozent geschrumpft, während der Privatkundenbereich weiter am Wachsen ist.

Ein Ende dieses Booms ist nach Ansicht von Verbandsgeschäftsführer Reiner Bierig nicht in Sicht. Die Privatkunden würden derzeit aufgrund der geringen Erträge auf dem Kapitalmarkt lieber in schöne Gärten investieren. Nachgefragt würden Neuanlagen von Gärten genauso wie komplette Umgestaltungen bestehender Gärten. Die Kunden kommen dabei aus allen Einkommensschichten: Neben dem Villenbesitzer ließen heute auch zunehmend Reihenhausbesitzer ihren Garten professionell gestalten. Die Gestaltung großer Gartenanlagen sei aber nicht das Gros der Aufträge. „Heute besteht das Kerngeschäft darin, auf kleinster Fläche grüne Räume zu gestalten”, erklärt Bierig. Und das müsse nicht einmal teuer sein.

„Menschen kommt es darauf an, sich in ihrem Garten unbeobachtet zu fühlen”

Für 10 000 bis 15 000 Euro und mit einem pfiffigen Konzept sehe man schon viel. Gefragt seien derzeit vor allem Lösungen, bei denen der Garten als Rückzugsraum gestaltet wird. Häufig wird von den Planern erwartet, dass sie aus dem Reihenhausvorgarten eine Oase der Ruhe zaubern. Wasserelemente in Form von Quellstein, als Bachlauf oder Schwimmteich seien derzeit besonders beliebt. „Den meisten Menschen kommt es darauf an, sich in ihrem Garten vollkommen unbeobachtet fühlen zu können”, ist die Erfahrung von Bierig. Andere wiederum stehen auf selbst angebautes Obst und Gemüse. Bierig glaubt aber nicht, dass der Trend der Selbstversorgung lange anhält. „Obst und Gemüse anzubauen und auch zu ernten, ist auf die Dauer ganz schön mühselig.”

Der Verbandsgeschäftsführer sieht im langfristigen Trend eher den pflegeleichten Garten mit Stauden und vielleicht einigen wenigen Obstgehölzen, in dem die Erholung im Mittelpunkt steht. Das geht mittlerweile schon so weit, dass neu gestaltete Gärten kaum noch ohne integrierte und teilweise vollautomatische Bewässerungsanlage geplant und gebaut würden. Der Trend zum schön gestalteten Garten ohne eigenes Dazutun beschert den Landschaftsgärtnern schon seit Jahren stetig steigende Umsatzzuwächse. Nicht zuletzt auch die Möglichkeit, die Gestaltung und Pflege steuerlich geltend machen zu können, haben die Bereitschaft der Privatkundschaft erhöht, Landschaftsgärtner mit der Gestaltung ihrer Gärten zu beauftragen, anstelle wie früher noch selbst Hand anzulegen. Die Mitgliedsbetriebe würden immer öfter auch Anfragen von Gartenbesitzern erhalten, die sich nicht mehr selbst um die Pflege ihres Gartens kümmern wollen oder können. So sei heute der Privatkunde längst der größte Aktivposten in der Bilanz der Landschaftsgärtnerbetriebe in Baden-Württemberg, so Bierig.

Viele selbsternannte Landschaftsgärtner haben keine Ausbildung

Sorgen bereitet dem Verbandsgeschäftsführer allerdings der Wildwuchs in der Branche. „Landschaftsgärtner kann sich jeder nennen, egal ob er qualifiziert ist oder nicht. Der Begriff ist nicht geschützt. Jeder kann einen Garten- und Landschaftsbaubetrieb aufmachen.” Das hat zur Folge, dass zunehmend auch fachfremde Betriebe versuchen, sich ein Stück von dem lukrativen Kuchen im Privatsegment abzuschneiden. In diesem Bereich werde auch viel mit Billiglöhnen und Dumpingpreisen gearbeitet, stellt der Geschäftsführer immer wieder fest. Der Verband bekommt das immer dann mit, wenn im Privatbereich schlechte Arbeit abgeliefert wurde und der Kunde sich beim Verband über den von ihm beauftragten Betrieb beschwert.

„Der Kunde weiß oft nicht, dass viele der selbst ernannten Landschaftsgärtner gar nicht die entsprechende Ausbildung haben.” Das merke er erst, wenn der frisch gestaltete Garten doch nicht so wächst wie geplant oder Pflegearbeiten schlecht oder falsch ausgeführt wurden, ärgert sich Bierig. Der Fachverband versucht sich gegen jene Betriebe, die „einen Sommerflieder nicht von einer Rose unterscheiden können”, auch dadurch abzugrenzen, indem er von seinen Mitgliedern mindestens den Ausbildungsnachweis als Meister, Techniker oder Ingenieur im Landschaftsgartenbau verlangt. So könnten sich Privatleute zumindest bei den Mitgliedern des Fachverbandes darauf verlassen, dass die nötige Qualifikation vorliegt. Allerdings sind nur 75 Prozent aller baden-württembergischen Fachbetriebe derzeit auch tatsächlich im Verband organisiert. Da es auch außerhalb des Fachverbands Betriebe gibt, die gute Arbeit abliefern, sollte sich der Gartenbesitzer vor einer Auftragsvergabe immer nach der Qualifikation des beauftragten Betriebs und seiner Mitarbeiter erkundigen, indem er Referenzen einfordert, empfiehlt Bierig.