Evgeniya Scherer zeigt hier eine ihrer Malereien, die sie auch als Motiv für ein Seidenkleid verwendet hat. Foto: Schabel

Lahr - Die Lahrer Künstlerin und Designerin Evgeniya Scherer darf ihre Kreationen bei der renommierten Pariser Modewoche im Oktober zeigen. Das Besondere daran: Die von ihr entworfenen Abendkleider zeigen Motive ihrer eigenen Malereien.

Scherer hat ihr Atelier im ersten Obergeschoss der Kleiderfabrik Bonacelli. Es ist ein 100 Quadratmeter großer, mit Stellwänden abgetrennter Bereich, der die Vielseitigkeit der Künstlerin verrät, die dort arbeitet: In einer Ecke stehen eine Staffelei und ein Tisch mit Farben und Pinseln, in der Nähe ein Tisch mit drei Nähmaschinen, darüber hinaus sind ein Dutzend Schneiderpuppen zu sehen, die von Scherer entworfene Kleider tragen. Darunter sind Modelle, die am 1. Oktober bei der Pariser Fashion Week in einem noblen Saal des Hotels Elysées von professionellen Models vorgeführt werden.

Mode aus Lahr auf dem Laufsteg in Paris

Scherer hatte sich im November bei den Veranstaltern um eine Teilnahme beworben, Fotos ihrer Arbeiten und eine schriftliche Erklärung eingereicht, in der sie sich und ihre Arbeiten beschrieb. Im Januar kam dann die Zusage, über die sie sich sehr gefreut hat. Sie wird Ende September nach Paris reisen, begleitet von ihrem Mann und den beiden Kindern, die ihr die Daumen drücken werden. Das Ganze ist für Scherer auch mit Kosten verbunden, denn die Models, die ihre Kreationen vorführen, muss sie aus eigener Tasche bezahlen.

Worauf hofft sie? Sie überlegt kurz und sagt dann: "Bestätigung". Möglicherweise werde in Paris ein Modelabel auf ihre Arbeiten aufmerksam und engagiere sie als Designerin. Oder aber sie bringe ihre Kreationen später selbst heraus, "fair produziert und in limitierter Stückzahl", wie sie betont.

Für Scherer geht es auch darum, Einnahmen zu generieren. Im Herbst 2019 hat sie ihren erlernten Beruf, die Juristerei, an den Nagel gehängt und sich als Künstlerin selbstständig gemacht – dann kam die Pandemie dazwischen, sodass sie ihre Malereien nur noch im Internet, nicht aber bei einer Ausstellung zeigen konnte. Doch es sei schwer, Kunst online zu vermarkten, sagt Scherer. So habe sie nur wenige Bilder verkauft. Sie zehrt von ihren Ersparnissen, ist aber auch materiell abgesichert durch ihren Mann, Landrat Frank Scherer.

Acht Kleider für die Modewoche

Evgeniya Scherer ist in Sofia aufgewachsen und hat dort ein deutsches Gymnasium besucht. Zwei Herzen schlagen seit jeher in ihrer Brust, eines für die Juristerei und eines für die Kunst. Die 44-Jährige ist promovierte Juristin, Spezialgebiet Marken- und Urheberrecht, und eben Künstlerin. Sie malt surrealistische Öl- und Acrylbilder, fertigt aber auch Collagen an, die reale Bezüge haben.

Ihre erste – und bisher letzte – Ausstellung im Januar 2020 im Europa-Park war ein großer Erfolg, es war zugleich ihre Abschlussausstellung nach ihrem Studium an der Akademie für Bildende Kunst in Lahr. Danach beschloss sie, sich als Künstlerin selbstständig zu machen. Bereut habe sie diese Entscheidung bisher nicht, denn in der Kunst erlebe sie Freiheit: Stehe sie vor einer leere Staffelei, habe sie "alle Optionen, sich selbst auszudrücken". Dabei malt sie meist farbstarke Bilder, die beim Betrachter eher ein Lächeln als ein Stirnrunzeln hervorrufen.

Einige Arbeiten sind nun auf bunten Seidenkleidern zu sehen. Scherer hat ihre Malereien fotografiert, ein Textilunternehmen in Norditalien druckt die Motive auf Seidenstoffe. Die Lahrerin kombiniert die Kleider in ihrem Atelier dann mit Spitzen, die als Restbestände bei der Kleiderproduktion großer Hersteller anfallen. Dieser Umweltgedanke ist ihr wichtig.

Bis zur Pariser Modewoche hat sie noch viel zu tun, sie zeigt dort insgesamt acht Kleider, von denen einige bisher nur als Vorstudien existieren. Insgesamt freut sie sich, dass der Kulturbetrieb nach dem Lockdown wieder Fahrt aufgenommen hat. Demnächst will sie neue Malereien bei einer Gruppenausstellung zeigen, ehe sie Anfang 2022 auch wieder eine große eigene Ausstellung plant.

Renommierte Modewoche

Die Paris Fashion Week ist eine zwei Mal im Jahr in Paris stattfindende Modewoche, die besonders im Bereich der Damenmode bedeutend ist. Gemeinsam mit den Modewochen in New York, London und Mailand wird sie laut Wikipedia zu den vier wichtigsten Modewochen der Welt gezählt. Die Paris Fashion Week findet meist als letzte der vier großen Modewochen statt. Ende Februar beziehungsweise Anfang März werden die Kollektionen für den bevorstehenden Herbst und Winter gezeigt, Ende September beziehungsweise Anfang Oktober die Kollektionen für den nächstjährigen Frühling und Sommer.