Auch den Schwarzwald-Baar-Kreis trifft der Streiktag mit voller Wucht. Gähnende Leere an Bahnhöfen, auch Busse fallen teilweise aus, und ein erhöhtes Aufkommen sogenannter „Elterntaxis“.
Der Mega-Streik hat Baden-Württemberg erreicht - unter anderem den Schwarzwald-Baar-Kreis.
Die beiden Schwestern Lena (12) und Amelie (8) stehen am Montagmorgen wie gewohnt an ihrer Bushaltestelle im Wohngebiet „Auf Löbern“ in Donaueschingen-Neudingen und warten auf den 7-Uhr-Bus. Ganz so viele Kinder wie sonst üblich trudeln an diesem Tag nicht am Haltepunkt ein – vielfach haben sich Eltern in Anbetracht des Großstreiktags schon in vorauseilendem Gehorsam auf Elterntaxis verlegt und ihre Kinder lieber gleich selbst zur Schule gefahren.
Überraschung: Der Bus fährt doch
Und tatsächlich: Auch Lena und Amelie scheinen vergeblich zu warten und müssen am Ende aufs Elterntaxi setzen. Unterwegs dann die Überraschung: Der Bus mit der Nummer 820 wird gesichtet, er fährt also doch, hat also lediglich die Bushaltestelle im Wohngebiet ausgelassen, und die beiden Mädchen können an der nächsten Haltestelle aus dem Auto wieder aus- und in den Bus einsteigen.
Vor dem Fürstenberg-Gymnasium in der Kernstadt herrscht reges Treiben. Noch mehr Autos als ohnehin schon sind in der Humboldtstraße unterwegs und spucken beinahe im Sekundentakt Schüler vor der Grundschule Erich-Kästner-Schule nebenan oder dem Gymnasium aus.
Zur selben Zeit herrscht fast überall im Landkreis zur eigentlich sonst umtriebigen Rush-Hour am Montagmorgen gähnende Leere an den Bahnhöfen.
Villinger Bahnhofsgeschäfte öffnen trotzdem
Auch in Villingen ist Flaute. Vereinzelt sitzen potenzielle Fahrgäste in der Bahnhofshalle – warten jedoch vergeblich. Ein einzelner Zug steht auf den Gleisen, doch die Bahnhofsanzeige macht deutlich, dass dieser den Bahnhof wohl kaum verlassen wird. Dort heißt es: „Fern- und Nahverkehr eingestellt.“ Am Busbahnhof sieht es jedoch deutlich anders aus. Dort verlassen die Busse in regelmäßiger Taktung die Haltestellen.
Die Filialleiterin der Buchhandlung Schmitt & Hahn im Villinger Bahnhofsgebäude erzählt, dass sie aufgrund des Streiks heute eigentlich etwas später öffnen wollte, sich wegen ankommender Ware dann aber doch dagegen entschieden habe. Abgesehen von den Stammkunden, die hier ihre Tageszeitung kaufen, sei es ruhig. Nichtsdestotrotz hat das Geschäft wie gewohnt bis 19.30 Uhr geöffnet. Sie sagt: „Wir sind für unsere Kunden da.“
Die Bäckerei Armbruster hat ebenfalls geöffnet und auch das ein oder andere Brötchen geht am Montagmorgen über die Theke. Doch viel los ist hier nicht, zum Leidwesen der Bäckerei, die sich auch mit Blick auf die produzierte Ware an den Streik angepasst habe, wie eine Mitarbeiterin erklärt.
Einsam und verlassen auf Gleis 3 in St. Georgen
Nahezu gespenstisch ruhig ist es am späten Montagmorgen auch am St. Georgener Bahnhof . Ein Zug steht einsam und verlassen auf Gleis 3 – fast könnte man meinen, dass er gleich ganz regulär in Richtung Offenburg davonfährt. Doch bei genauerem Hinsehen stellt sich heraus: Die Waggons sind leer; die Türen öffnen sich nicht. Von diesem Gleis fährt in absehbarer Zeit erst einmal kein Zug ab. Auch sonst ist am Bahnhof nicht viel los: Die meisten Fahrgäste der Bahn scheinen sich bereits auf den Streik eingestellt zu haben und bleiben der Schwarzwaldbahn an diesem Tag fern.
Nur vereinzelt verirren sich Menschen an den Bahnhof. Ein älterer Mann blickt sich ob der gähnenden Leere verwundert um, liest dann die Fahrgastinformation auf den Anzeigetafeln, die normalerweise über bevorstehende Abfahrten informieren: „EVG-Streik: Fern- und Regionalverkehr der DB aktuell eingestellt“ wird dort immer wieder angezeigt. Kopfschüttelnd dreht der Mann sich weg und tritt den Rückzug an.
Ähnlich geht es am Montag einer Frau, die vom Streiktag offenbar überrascht wurde. „Wie komme ich denn jetzt nach Villingen?“, fragt sie, nachdem sie den Text auf der Anzeige durchgelesen hat – und entschließt sich dann, ihr Glück an der Bushaltestelle zu versuchen. Denn zumindest der öffentlichen Regionalverkehr mit Bussen scheint größtenteils geregelt abzulaufen.
„Es ist eh schon schwer hier“
Das spiegelt sich auch in Donaueschingen wider. „Ich streike nicht, nur die Deutsche Bahn“, erklärte dort ein Busfahrer gegenüber unserer Redaktion.
Andere Beobachtungen gemacht hat Thomas Rade, Inhaber der Donaueschinger Bahnhofsgastronomie „aldente“. „Nicht alle Busse sind gefahren, viele kamen nicht.“ Erst kurz nach 7 Uhr habe er eine Zunahme des Busverkehrs vorm Bahnhof festgestellt.
Seine Küchenhilfe fahre heute mit dem Privattaxi zur Arbeit, so Rade. Seinen Imbiss hat er trotz angekündigten Streiks und Flaute am Bahnsteig geöffnet. „Wir haben gesagt, wir kommen trotzdem um 5 Uhr, vielleicht geht ja doch was. Es ist eh schon schwer hier, und dann noch so ein Tag...“
Anschluss verpasst
Ein paar Meter weiter steht eine Gruppe Schüler. „Ich habe den Anschluss verpasst“, sagt Moritz – er kam mit dem Bus, hätte eigentlich in den Ringzug einsteigen und nach Villingen fahren sollen. Pustekuchen – der Bus fuhr zwar, aber von der Bahn fehlt jede Spur. Moritz zieht, wie so viele um ihn herum, das Handy aus der Hosentasche. „Ich rufe mal daheim an, ob meine Mutter mich hier abholen und nach Villingen fahren kann.
Immer wieder kommen verhinderte Fahrgäste der Deutschen Bahn an den Bahnsteig. Der Gastronom Thomas Rade klärt einen von ihnen gerade auf: „Hier kommt heute kein Zug, das liegt daran, dass die Fahrdienstleiter auch streiken, die sind aber zuständig fürs Stellen der Weichen - wenn keine Weichen gestellt werden, fährt auch kein Zug.“ Der Großstreiktag lässt grüßen.
Auch ein Tag der „Elterntaxis“
Ganz so chaotisch wie vielfach erwartet scheint auch die Situation im Schwarzwald-Baar-Kreis an diesem Großstreiktag zu sein. Die Lage auf den Straßen und vor allem vor den Schulen zeigt deutlich: Es ist nicht nur der Tag des Streiks, sondern - aus purer Vorsicht der Eltern - auch der Tag der sogenannten „Elterntaxis“.