Pascal Reinhardt plant seine Zukunft. Foto: Eibner

Fußball: Der 27-jährige Co-Trainer des VfL Nagold macht große Fortschritte – auf und neben dem Platz.

Pascal Reinhardt ist wieder an dem Punkt angelangt, an dem er vor fast genau einem Jahr schon einmal stand. Der 27-Jährige hat wieder mit dem Aufbautraining begonnen und arbeitet fleißig an seinem Comeback. Doch nicht nur das. Im Hintergrund bastelt er an seiner Zukunft.

Individuelles Training ist gerade der letzte Schrei. Die Vereine wissen nicht, wann und wie es mit dem Spielbetrieb weitergeht, oder ob es überhaupt weitergehen soll. Da jedoch kein Trainingsbetrieb möglich ist, müssen sich die Spieler individuell fit halten. Beim VfL Nagold erstellt Trainer Armin Redzepagic jeden zweiten Tag ein Paket mit Übungen, das er an die Spieler verschickt.

Einer in seinem Team kennt sich bestens mit dieser Materie aus: Co-Trainer Pascal Reinhardt. Wenn er in den vergangenen beiden Jahren trainieren konnte, dann meistens individuell. Er ist sozusagen ein Experte auf diesem Gebiet – gezwungenermaßen. Fast ein Jahr ist es her, dass er sich in der Verbandsliga-Rückrunde gegen den FC Wangen das Kreuzband gerissen hat. In seinem ersten Spiel nach einer fast einjährigen Verletzungspause, wegen einem Kreuzbandriss im selben Knie. Nachdem er acht Monate lang geschuftet hatte. Alles wieder vorbei. Auf einen Schlag. Fünf Minuten nach seiner Einwechslung. Die Erinnerung tut heute noch weh. Nicht nur bei ihm. Bei allen, die damals dabei gewesen waren. Bei allen, die ihn und seine scheinbar unendliche Leidensgeschichte kennen.

Aufbautraining

Jetzt ist er beinahe wieder da, wo er genau vor einem Jahr schon einmal stand. Vor ein paar Wochen hat er wieder mit dem Aufbautraining begonnen. Laufen, Fahrrad fahren, Stabilitätsübungen und Muskelaufbau im Oberschenkel. Doch es läuft nicht ganz so rund, wie er es sich vorstellt. "Manchmal habe ich noch Schmerzen im Knie", sagt Reinhardt. Aus medizinischer Sicht sei jedoch alles in Ordnung. "Ich hatte vor kurzem ein MRT, da sah alles gut aus", versichert er. Zudem stehe er in ständigem Austausch mit dem Vereinsarzt Markus Mutz, der ihn zum wiederholten Mal operiert hat. "Ich bin ihm sehr dankbar", betont Reinhardt, "ich kann mich jederzeit an ihn wenden." Das musste in den vergangenen Monaten viel zu oft – für den Geschmack des 27-jährigen Vollblutfußballers. Jetzt endlich geht es wieder aufwärts. "Aber leider nur langsam." Und leider immer noch nicht auf den Platz.

Wer Pascal Reinhardt kennt oder ihn an der Seitenlinie auf dem Sportplatz erlebt hat, weiß, wie schwer es ihm fällt, seinen Jungs beim Kicken zuzuschauen und nicht selbst eingreifen zu können. Auch wenn er inzwischen der Co-Trainer von Armin Redzepagic ist und auf diese Weise Verantwortung übernommen hat. "Ich gehöre immer noch auf den Platz", sagt er. Wenn er nach der wiederholten schweren Verletzung wirklich einmal Zweifel hatte, ob er nochmals selbst auf dem Fußballplatz stehen kann, inzwischen sind sie weg. Durch die aktuelle Spielpause "kribbelt es in den Beinen nicht so stark wie sonst", sagt er. Wenigstens etwas Gutes.

Erster Ansprechpartner

Sein Plan sieht vor, bis Ende April weiter an den Grundlagen zu arbeiten, dann wieder fußballspezifisch zu trainieren. "Schnelle Richtungswechsel und Übungen mit Ball, zunächst bei uns zuhause im Garten", sagt er. Mannschaftstraining käme da noch zu früh. "Aber ich kenne ja gute Übungen." Zur Vorbereitung auf die neue Saison möchte er dann wieder voll mit einsteigen.

Aber wird das auch in Nagold sein? "Bisher hat irgendwie noch keiner mit mir gesprochen, wie es weitergeht", sagt Reinhardt achselzuckend. Ob es für den Verein selbstverständlich ist, dass er weitermacht und es deshalb nur unausgesprochen im Raum steht, weiß er nicht. Andere Vereine hätten dagegen bereits angeklopft. "Mein erster Ansprechpartner ist und bleibt der VfL Nagold", stellt er klar, "ich habe dem Verein viel zu verdanken. Hier fühle ich mich wohl. Ich kann mich aber auch nicht darauf verlassen, dass es hier für mich auf jeden Fall weitergeht."

Obwohl er gerne bleiben würde und auch als Co-Trainer weitermachen möchte. "Ich kann da immer noch viel lernen, aber auch viel vermitteln." Seine Ansprache kommt bei der Mannschaft gut an. Sein Know-How und seine Meinung haben Gewicht. Immerhin war er mal Profi, stand beim FC Bayern München kurz vor dem Durchbruch. Auch bei seinem Chef. "Die Zusammenarbeit mit Armin klappt super", betont er, "wir ergänzen uns sehr gut."

Für den 27-Jährigen sollen dies die ersten Erfahrungen für eine eigene Trainerkarriere sein. "Langfristig möchte ich auf jeden Fall Trainer werden", sagt er.

In Essen hospitiert

Deshalb hat er die jüngste Zeit auch genutzt, um sich weiterzubilden, hat bei Rot-Weiß Essen in der Regionalliga-West hospitiert. Dort ist Christian Titz, der vor zwei Jahren noch Trainer beim Hamburger SV war, und sein früherer Coach beim FC Homburg, aktuell im Amt. "Das war eine super Woche, da habe ich in Sachen Trainingsarbeit richtig viel mitgenommen", betont Reinhardt. Vor allem, was die Arbeit hinter den Kulissen angeht. "Da Titz ja schon einmal mein Trainer war, kannte ich viele der Übungen, die er machen lässt, zwar bereits. So habe ich aber genau gelernt, wann und warum er sie machen lässt." Leider sei dann das Spiel gegen die U23 von Schalke 04 eines der ersten gewesen, das wegen der Corona-Krise ausfallen musste. "So konnte ich das leider nicht mehr mitnehmen."

Es sollte nicht das einzige sein, auf was der Hochdorfer in den vergangenen Wochen verzichten musste. So wie es vielen gerade ebenfalls geht. Eine weitere Hospitation im Nachwuchsleistungszentrum des FC Augsburg musste verschoben werden. "Richtig schade. Ich wollte die Zeit, die ich jetzt, nachdem meine Berufsausbildung abgeschlossen ist, habe, eigentlich nutzen, um mich weiterzubilden."

Entscheidende Phase

Auch mit dem Trainerschein hat er angefangen. Die ersten Lehrgänge für die B-Lizenz schon hinter sich gebracht. Doch auch diese Ausbildung muss jetzt erst einmal warten, bis alles wieder weitergeht. Seine berufliche Zukunft sieht der 27-Jährige ebenfalls im Fußball-Business. "Das ist einfach das, was ich liebe."

Deshalb stehen für ihn nach der hoffentlich bald überstandenen Corona-Krise spannende Zeiten an. "Für mich kommt jetzt eine entscheidende Phase im Leben", weiß er, "ich muss jetzt die Entscheidungen treffen, die vielleicht mein ganzes restliches Leben beeinflussen. Also, wo möchte ich leben und was möchte ich machen." Eine Sache wird sich im Leben von Pascal Reinhardt jedoch niemals ändern, das hat auch die Krisenzeit, die er jetzt bereits schon wieder hinter sich gebracht hat gezeigt. Der Fußball wird für immer sein treuer Begleiter sein – oder andersherum.

Zur Person

Pascal Reinhardt

Pascal Reinhardt wurde am 11. September 1992 in Horb am Neckar geboren, stammt aus Hochdorf, wo er auch lebt. Seine Karriere begann Pascal Reinhardt beim VfL Hochdorf. Seinem Heimatverein blieb er bis zur D-Jugend treu. Ab der C-Jugend kickte der Hochdorfer für die Jugendmannschaften des SSV Reutlingen, sein zweites A-Jugend-Jahr verbrachte er bei den Stuttgarter Kickers.  Zur Saison 2011/12 wechselte der damals 19-Jährige zum FC Bayern München II.

Für die zweite Mannschaft des deutschen Rekordmeisters absolvierte Reinhardt neun Spiele in der Regionalliga Süd, die zu dem Zeitpunkt noch die dritthöchste Spielklasse in Deutschland war. In einem Testspiel gegen Fürstenfeldbruck kam er für die Bundesliga-Mannschaft zum Einsatz und erzielte zwei Treffer. Dann warfen ihn jedoch Verletzungen zurück. Er wechselte zum Regionalligisten FC 08 Homburg, machte dort mit zwölf Toren den FSV Mainz auf sich aufmerksam. Dort folgte mit einer langwierigen Verletzung am Sprunggelenk 2015 das Ende einer möglichen Profikarriere.

Der Stürmer musste zwölf Monate pausieren, kämpfte sich dann beim Regionalligisten SSV Ulm zurück. Im Oktober 2017 ging er nach Neuseeland und spielte mit Waitakare United um die Meisterschaft in der ersten Liga. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland schloss er sich dem VfL Nagold an.