Casemiro (links) ist ganz wichtig für das brasilianische Spiel. Foto: AFP/NELSON ALMEIDA

Der Verlauf der WM zeigt: Wer wie Brasilien, Argentinien und Marokko über starke Abräumer vor der Abwehr verfügt, kommt weit.

Bloß weg mit dem Ding. Casemiro drückte den großen Pokal unmittelbar nach der Pressekonferenz einem brasilianischen Betreuer in die Hand. Die Fifa hatte den 30-Jährigen nach dem 1:0-Sieg in der Vorrunde gegen die Schweiz zum „Man oft the Match“ (bester Spieler des Spiels) gekürt und ihm die entsprechende Trophäe überreicht. Casemiro erzielte gegen die Eidgenossen den gefeierten Siegtreffer, als Matchwinner fühlte er sich deshalb aber keineswegs. Ausgezeichnet werden wollte der introvertierte Mittelfeldspieler schon gar nicht. Vielmehr lobte er seine Mitspieler, das Trainerteam, die „Leistung der gesamten Mannschaft“. Und betonte: „Es ist wichtig, dass ich dem Team helfe. Das ist meine Haltung.“

Fünf große Titel

Im Mittelpunkt stehen, das mochte Casemiro noch nie. Weder als Alles-Gewinner mit seinem Ex-Club Real Madrid – mit den Königlichen holte er fünfmal den Champions-League-Titel – noch als Spieler der brasilianischen Nationalmannschaft. Der defensive Mittelfeldmann lässt lieber die anderen glänzen. Er ist aber der heimliche Star. Auch in der Seleção. Dort spielt Casemiro eine zentrale, wenn nicht gar die ganz besonders zentrale Rolle. Der 30-Jährige lässt seine Mitspieler gut aussehen, sorgt für die Balance zwischen Abwehr und Angriff, macht die Brasilianer besser.

Der zentrale Mann

An diesem Freitag (16 Uhr) trifft Casemiro, seit Sommer 2022 in Diensten von Manchester United, auf Kroatien. Der Vizeweltmeister hat auch einen Casemiro: Dort gibt Marcelo Brozovic von Inter Mailand den zentralen Mann vor der Abwehrkette. Im Achtelfinale gegen Japan (4:2 nach Elfmeterschießen) war der 30-Jährige einer der besten Spieler auf dem Feld. Auch Marokko hat einen stillen Star. Die Nordafrikaner hielten dem permanenten Druck der Spanier im Viertelfinale deshalb stand, weil Azzedine Qunahi vom französischen Erstligisten Angers SCO, mit gutem Auge und Pferdelunge ausgestattet, ein Loch nach dem anderen stopfte. Spaniens Coach Luis Enrique war beinahe sprachlos, so sehr hatte ihn die Leistung beeindruckt. „Die Nummer Acht unseres Gegners war unglaublich. Er hat einfach nicht aufgehört zu laufen“, sagte Enrique verwundert. Die Nummer Acht der Marokkaner trug Azzedine Qunahi.

Erfolgsgaranten

Der WM-Verlauf zeigt: Erfolg hat, wer wie Brasilien und Marokko über starke Sechser verfügt. England hat Declan Rice von West Ham United als unerschrockenen Abräumer, Argentinien mit Enzo Fernandez (Benfica Lissabon) einen heimlichen Star, Frankreich mit Aurelien Tchouameni (Real Madrid) das Scharnier zwischen den Abteilungen Absicherung und Attacke, Portugal mit William Carvalho (Betis Sevilla) einen ausgepufften Profi auf dem Platz, die Niederländer in Frenkie de Jong einen verkappten Spielmacher.

Spielbestimmend ist auch Brasiliens Casemiro. Als fleißiger Arbeiter, Ballverteiler, wirkungsmächtige Konterabsicherung. Nationaltrainer Tite lobt seinen Teamplayer in höchsten Tönen: „Er ist weltweit eine Referenz auf dieser Position.“ Tite weiß: Für die Abteilung Tanz und Abenteuer sind andere in der Seleção zuständig. Neymar, Raphinha, Vinicius Junior, Richarlison. Wobei: Ein paar feine Instrumente hat Casemiro schon in seinem fußballerischen Baukasten. Erinnern wir uns doch nur an seinen formidablen Siegtreffer per Dropkick gegen die Schweiz. Ein Tor, das aller Ehren wert war.