SG-Trainer Thomas Carle will sich wieder auf Fußball konzentrieren. Foto: Blaich

Fußball: TSV Waldenbuch erhebt online schwere Vorwürfe gegen Zuschauer der SG Neuweiler/Oberkollwangen.

Zwei Spiele aus dem Bezirk haben für Aufsehen gesorgt. In der Kreisliga A2 kam es am Mittwoch zum Spielabbruch. Bereits am Sonntag hatte es in der Bezirksliga einen Rassismus-Vorfall gegeben.

Es sind schlimme Vorwürfe, mit denen sich die Vereinsverantwortlichen der SG Neuweiler/Oberkollwangen in dieser Woche herumschlagen müssen. Beim Bezirksligaspiel am Sonntag gegen den TSV Waldenbuch (3:2) soll eine kleine Gruppe, eine Handvoll einheimischer Zuschauer, mindestens einen Spieler rassistisch beleidigt haben.

Dieser Spieler ist Oguz Demir. Der 26-Jährige mit türkischen Wurzeln trägt einen Vollbart und wurde in der 61. Minute eingewechselt. Aus der Gruppe der Zuschauer wird er "Bombenleger", "Kameltreiber" und "Terrorist" genannt. So haben es zunächst Spieler und Verantwortliche des TSV Waldenbuch geschildert.

Auch andere Spieler sollen beleidigt worden sein. Torjäger Mark Schildt zum Beispiel. Er habe sich schützend vor seine Teamkameraden gestellt, sagt er. Daraufhin soll einer der Zuschauer zu ihm gesagt haben, dass er sich schämen soll, als Deutscher für Ausländer Partei zu ergreifen.

Deshalb beschloss der TSV Waldenbuch nach Spielschluss eine öffentliche Stellungnahme zu dem Thema abzugeben. "Wir können die Beleidigungen, die wir gestern gegen uns erfahren mussten, absolut nicht nachvollziehen. Persönliche Beleidigungen und Fremdenhass sind uns bisher noch nie entgegen geschlagen und haben auf einem Fußballplatz nichts verloren", heißt es in einer offiziellen Mitteilung, die der Verein auf seiner Facebookseite veröffentlicht hat. Zudem hat Mark Schildt auch einen Kommentar auf der Seite der SG Neuweiler/Oberkollwangen hinterlassen: "Bringt euren Zuschauern Benehmen bei, alles andere ist unwichtig. Leute, die nur zum Fußball kommen, um ausländische Spieler bis aufs übelste zu beleidigen, sind bei euch reichlich vorhanden."

In dem sozialen Netzwerk ist eine rege Diskussion entstanden. Zahlreiche Nutzer berichten, dass auch sie bereits schlechte Erfahrungen in Neuweiler gemacht hätten. Es soll sich nicht um einen Einzelfall handeln.

Aussagen richteten sich nicht gegen die Herkunft

Die ausführliche Recherche zu den Vorfällen am Sonntag hat ergeben, dass die Geschichte in etwa der Wahrheit entspricht. Diese Worte sind gefallen. Das bestätigen auch Verantwortliche des FC Neuweiler, die den Vorfall zutiefst bedauern. "Wir sind hier alles, aber keine Rassisten", betont zum Beispiel Trainer Thomas Carle. Die Verantwortlichen des Vereins berichten weiter, dass zur ganzen Wahrheit der Geschichte ein paar bisher ungenannte Details gehören.

"Dass der Spieler Demir vor diesem Zwischenfall beim Spielstand von 2:1 für Waldenbuch mit Unsportlichkeiten versucht habe, Zeit zu schinden." Erst daraufhin sei es zu Beleidigungen von außen gekommen, nicht bei dessen Einwechslung. Thomas Carle ist überzeugt davon, dass diese Beleidigungen "natürlich scheiße" waren, "aber keinesfalls rassistisch motiviert". Wenn es ein deutscher Spieler gewesen wäre, "auch dann wären dumme Kommentare gekommen, aber halt andere. Das war nicht gegen die Herkunft des Spielers gerichtet." Er ist sich zudem sicher: "Wenn Waldenbuch mit 2:1 gewonnen hätte, würden wir jetzt nicht über dieses Thema sprechen." Dass dies nicht der Fall sei, das betont der TSV Waldenbuch jedenfalls in seiner Stellungnahme.

Der Vorsitzende verspricht Aufarbeitung

Auch der Vorsitzende des FC Neuweiler, Wolfgang Wiedemann, hat sich online in die Diskussion eingemischt. "Auch die Vorstandschaft des FC Neuweiler ist nicht glücklich! Es tut uns leid, wenn das heute aus dem Ruder gelaufen ist", schreibt er. " Die Vereine können Aussagen der Zuschauer nur wenig kontrollieren und müssen somit auch nicht hinter diesen stehen und somit der gleichen Meinung sein! Jedoch das Verhalten der Spieler ist das, was vorbildlich sein sollte. Denn genau diese sind die Aushängeschilder der Vereine, und diese haben sich im Falle Waldenbuch wohl eher daneben benommen?! (siehe die Gästekabine nach dem Spiel)."

Er selbst sei am Sonntag nicht anwesend gewesen, habe aber davon gehört, dass etwas passiert sein soll. Er verspricht, die Sache aufzuarbeiten und mit den besagten Personen zu sprechen, dass es so natürlich nicht geht. Und, dass ein solches Verhalten auf dem Sportplatz nicht geduldet wird. "Aber dazu muss man uns jetzt auch die Chance geben." Carle betont zudem: "Auch wir haben Spieler mit Migrationshintergrund und Asylbewerber im Verein – und es hat noch nie ein Problem deshalb gegeben."

Dass die SG Neuweiler/Oberkollwangen diesbezüglich unauffällig war, bestätigt der Bezirksvorsitzende Richard Armbruster (Bondorf): "Neuweiler war bisher so auffällig wie jeder andere Verein." Er möchte zur Aufklärung der Geschehnisse vom Wochenende beitragen. "Ich werde die Beteiligten fragen, was da los war. Aus der Ferne fällt es schwer, mir ein Urteil zu bilden, deshalb werde ich Fakten sammeln. Wenn die Vorwürfe stimmen, dann ist dies der Sache nicht dienlich. Ich werde auch abklären, ob der Schiedsrichter eine Meldung verfasst hat." Er habe die Mail, die er von Steffen Leiser, dem Sportlichen Leiter des TSV erhalten hat, auch an Bezirksspielleiter Helmut Dolderer (Wildberg) und an den WFV weitergeleitet.

Daran ist auch Leiser interessiert. Die Spieler hatten ihn darum gebeten, ein Schreiben an den Bezirksvorsitzenden zu schreiben. "Wir sollten jetzt langsam wieder auf eine sachliche Ebene herunterkommen", sagt er. Die Facebookposts haben eine gewisse Eigendynamik entwickelt, "die ich nicht gut finde". Für ein klärendes Gespräch sei er jederzeit bereit. "Wir wollen keinen Kleinkrieg mit einem anderen Verein anfangen." Zudem wünscht er sich eine angemessene Reaktion des FC Neuweiler. Für eine gute Sache hält er auch, wenn es einen Aktionstag gegen Gewalt und Rassismus auf allen Sportplätzen gäbe.