Francis Ubabuike in Feierlaune: Mit Oberligist SSV Reutlingen hat er den Karlsruher SC mit 3:1 aus dem DFB-Pokal geworfen. "Das war ein cooler Tag." Foto: Eibner

Fußball: In Nagold hat für Francis Ubabuike alles angefangen – jetzt spielt er bei RW Oberhausen.

Francis Ubabuike hat einen langen Weg hinter sich. In mehrerer Hinsicht. Geografisch: von Nigeria bis nach Deutschland. Fußballerisch: von der Bezirksliga bis in die Regionalliga West.

Vier Jahre ist es her, dass der 20-jährige Francis Ubabuike, ein hagerer und schüchterner junger Mann, dasitzt, mit einem verlegenen Grinsen im Gesicht, und erzählt, wie er wochenlang das Reinhold-Fleckenstein-Stadion in Nagold gesucht hat. Damals sei er 19 Jahre alt gewesen und frisch nach Nagold gekommen. Er sprach kein Wort Deutsch, kannte die Stadt nicht. Aber er wusste, dass es ein Fußball-Stadion gibt. An einem kalten Januar-Abend wurde er dann fündig, tauchte beim Training des Verbandsliga-Teams des VfL Nagold auf. Er fragte, ob er mitmachen darf. Der damalige Trainer Sven Hayer willigte ein. Es ist der Beginn einer Erfolgsgeschichte.

Der Profi-Traum

In der Winterpause hat Rot-Weiß Oberhausen eben jenen Francis Ubabuike als Neuzugang vorgestellt. Damit ist der inzwischen 24-Jährige im Profifußball angekommen, bei einem traditionsreichen Verein, mit Aufstiegsambitionen in der Regionalliga West. Für Ubabuike ist es die Erfüllung eines Traums. Mit 16 Jahren hat er sein Heimatland Nigeria und seine Familie verlassen. Das Ziel war Europa. Dort wollte er Fußballprofi werden. "Ich habe schon als Kind davon geträumt, Fußball zu spielen. Mein Wunsch war es schon immer, Profi-Spieler zu werden", erzählt er. Dieser Wunsch verbindet Kinder und Jugendliche auf dem ganzen Planeten. "Es ist für mich ein Traum, jetzt in der Regionalliga zu spielen." Bevor er 2013 in Nagold angekommen war, spielte er bereits in der zweiten nigerianischen Liga. Mit 17 Jahren, erzählt er weiter, spielte er in der ersten Liga in der Slowakei. Auch das sei schon im Profi-Bereich gewesen. Doch dort habe es ihm nicht gefallen. Er ging weiter nach Deutschland.

Ein Lernprozess

Doch es lief nicht wie geplant. Im Nachwuchsbereich der TSG 1899 Hoffenheim wurde er nach einem Probetraining abgelehnt. Zu groß waren die taktischen und körperlichen Defizite des schmale Jungen. Auch in Nagold hatte es deshalb zunächst nicht für das Verbandsliga-Team gereicht. Er musste sich erst in der Bezirksliga beweisen. "Ich habe in der Zeit in Nagold sehr viel gelernt. Es war mein erster Verein in Deutschland, alles war neu für mich. Ich kannte die Taktik nicht." Er schob Extra-Trainingseinheiten, arbeitete viel und rückte in den Kader der ersten Mannschaft auf. In zwölf Spielen erzielte er acht Tore. Höherklassige Vereine wurden auf den Nigerianer aufmerksam. Im Sommer 2015 wechselte er gemeinsam mit Daniel Schachtschneider zum Oberligisten SSV Reutlingen.

Über Umwege zu RWO

Schüchtern ist Francis Ubabuike nicht mehr, jedoch immer noch sehr nachdenklicher und zurückhaltend. Sein Deutsch ist inzwischen nahezu perfekt. Große Töne spuckt er dennoch nicht. Auch optisch hat er sich verändert. War er vor vier Jahren noch drahtig, ist er inzwischen ein echtes Muskelpaket. Sein Selbstbewusstsein schöpft Francis Ubabuike auch aus dem Fußball. In Reutlingen hat er sich in der Oberliga durchgesetzt. Es folgte seine beste Saison beim Göppinger SV, in der er mit Shaibou Oubeyapwa eine gefährliche Flügelzange bildete. Zusammen erzielten sie 17 Treffer. RW Oberhausen wollte im Sommer beide verpflichten. Shaibou Oubeyapwa kam, Ubabuike ging zu Normannia Gmünd. "Ich war im Sommer beim Probetraining in Oberhausen. Ich war aber verletzt, deshalb hat es nicht geklappt", erklärt er. Der Kontakt blieb bestehen. Die Verpflichtung kam im Winter zustande. "Francis ist ein dynamischer und ehrgeiziger Spieler, der perfekt in unser Anforderungsprofil für die vakante Position auf dem linken Flügel passt", sagte Jörn Nowak, sportliche Leiter von RWO. Beeindruckt habe ihn auch die Persönlichkeit von Ubabuike: "In seinen jungen Jahren hat er bereits einen beeindruckenden privaten Lebenslauf aufzuweisen. Er verfolgt seinen Traum vom Fußballprofi akribisch."

Der Traum geht weiter

Der soll mit der Regionalliga noch nicht auf dem Höhepunkt angelangt sein. Für den 24-Jährigen geht es in seinem Leben einmal mehr darum, sich anzupassen. Die Mannschaft von RWO wird "Malocherteam" genannt. Das passt. Ubabuike: "Bisher haben wir zwar nur Freundschaftsspiele gemacht, aber man merkt im Training, dass die Spieler schneller sind – körperlich und im Kopf." Schnelligkeit ist auch eine der großen Stärken von Francis Ubabuike. Damit dürfte er also kein Problem haben. "Ich will die Zeit hier genießen. Aber mein Weg ist damit noch nicht zu Ende", verspricht er. Auf Youtube hat er sich bereits über seinen neuen Verein informiert. Er weiß, was ihn am 23. Februar, dem ersten Heimspieltag der Rückrunde, erwartet. Gegen Wattenscheid 09 werden wohl mehr als 2000 Zuschauer im Stadion am Niederrhein sein. Vor mehr Leuten hat Ubabuike in seinem Leben nicht oft gespielt. Beim 3:1-Pokalerfolg des SSV Reutlingen gegen den Karlsruher SC waren damals mehr als 8000 zu Gast an der Kreuzeiche. "Das war ein sehr cooler Tag, einer der schönsten", blickt er zurück. Wenn es so weitergeht, werden noch viele solcher Tage hinzukommen.