Das gibt Elfmeter für Nagold: TSG-Keeper Stefan Baumann zieht gegen Tim Kübel die Notbremse. Foto: Schuon

Verbandsliga: Gegen TSG Tübingen steht's am Ende 3:3. In der Kabine abgeschaltet.

Unterhaltsamer kann ein Fußballspiel nicht sein. Der VfL Nagold und die TSG Tübingen lieferten sich ein klasse Verbandsliga-Duell. Sehr zum Leidwesen des VfL Nagold, der es schaffte, eine 0:3-Führung zur Pause noch zu verspielen.

Als Schiedsrichter Michael Zeiher die Partie im Reinhold-Fleckenstein-Stadion beendete, fragten sich alle, was da gerade eigentlich passiert war. Auf der einen Seite feierte eine Mannschaft das 3:3-Unentschieden wie einen Sieg. Auf der anderen Seite sackten die Spieler fassungslos auf dem Rasen zusammen.

Die Nagolder haben gegen die TSG Tübingen eine sicher geglaubte 3:0-Führung zur Halbzeit in den letzten drei Minuten der Partie noch verspielt. Am Ende hatte der VfL sogar noch Glück. Denn nach der Leistung, die die Mannschaft in den zweiten 45 Minuten dargeboten hatte, hätten sie die Partie sogar noch verlieren können.

Da war nichts mehr zu sehen von dem, was die Nagolder in der ersten Hälfte für Fußball spielten – gar zelebrierten. Tim Kübel und Lysander Skoda, die sich als Sturmspitze abwechselten, setzten die Tübinger Fünferkette abwechselnd mit frühem Pressing unter Druck. Damit kamen die Gäste überhaupt nicht zurecht und verloren einen Ball nach dem anderen. Auf der anderen Seite ließen die Nagolder, bei denen Dominik Pedro und Fabian Mücke auf den Außenverteidiger-Positionen starteten (Nicolai Brugger und Elias Bürkle saßen im Vergleich zum Spiel beim 1. FC Heiningen auf der Bank), bei eigenem Ballbesitz die Kugel sauber durch die eigenen Reihen laufen.

Mücke setzte sich in der 20. Minute auf der rechten Seite durch, zog in den Sechzehner ein, bediente Tim Kübel, der am Fünfmeterraum nach einem schönen Pass nur noch zur 1:0-Führung einschieben musste. Sieben Minuten später behauptete Matthias Rebmann auf dem linken Flügel den Ball, bediente Tim Kübel, der spielte zurück auf den heraneilenden Luka Kravoscanec, der den Ball mit einem Hammer aus 18 Metern flach im Tor versenkte: 2:0. Auch am dritten Treffer waren Kübel und Kravoscanec beteiligt. Letzterer eroberte den Ball im Mittelfeld, schickte Kübel in den gegnerischen Sechzehner. Der hatte nur noch Keeper Stefan Baumann vor sich, versuchte diesen zu umspielen. Der TSG-Torhüter hatte keine Chance auf den Ball, holte stattdessen Kübel von den Beinen. Strafstoß und Gelbe Karte für Baumann. Luka Silic trat an, verwandelte sicher zum 3:0. Es waren sicher geglaubte drei Punkte.

"Wir waren nach dem 0:1 wie in einer Schockstarre", analysierte TSG-Trainer Michael Frick nach der Partie. Bei seiner Mannschaft klappe nichts mehr. Die Nagolder spielten die vielleicht besten 45 Minuten der Saison.

Ganz zu schweigen von den zweiten 45, in denen die Partie an den Nagoldern vorbei lief. Anstatt auf die Entscheidung zu gehen, schaltete die Mannschaft in den Verwaltungsmodus. "Obwohl ich das ausdrücklich verboten hatte", ärgerte sich Trainer Armin Redzepagic, der nach der Partie richtig angefressen war.

Lange Zeit hatte es auch so ausgesehen, als ob das reichen würde, doch dann waren die Nagolder zweimal bei Standardsituationen nicht auf der Höhe. In der 69. Minute stand Marvin Methner nach einem Eckball blank am langen Pfosten und nickte den Ball zum 1:3 in das Tor. In der 87. Minute kam Kay Rosmer völlig frei im Fünfmeterraum zum Kopfball – und zum 2:3.

In der 89. Minute folgte der Super-Gau. Die Tübinger schlugen den Ball nach vorne. Luka Silic wollte diesen zurück zu Keeper Matthias Müller köpfen, verschätzte sich und bekam den Ball an die Schulter. Adil Iggoute nahm das Leder an, leitete es zu Tobias Dierberger weiter, der zum 3:3 verwandelte.

Trainerstimmen

Armin Redzepagic, VfL Nagold: "Ich bin immer noch völlig fassungslos, was da gerade passiert ist. Das ist schlimmer als jede Niederlage. Wir haben 3:0 zur Halbzeit geführt, anstatt dann selbstbewusst aufzutreten, haben wir versucht, das Ergebnis zu verwalten, was ich in der Halbzeit ausdrücklich verboten hatte. Dann machen wir dumme Fehler, dumme Fouls, und laden den Gegner so zu Toren ein."

Michael Frick, TSG Tübingen: "Auf diese Weise einen Punkt zu holen, ist natürlich schöner als bei einem 0:0. Betrachtet man die gesamten 90 Minuten, müssen wir das Spiel sogar gewinnen – ohne die Leistung der Nagolder schlechtreden zu wollen. Wir haben gesehen, dass sie in der Halbzeit abgeschaltet hatten. Dann haben wir aggressiver und mutiger gespielt."

VfL Nagold: Matthias Müller; Valentin Asch, Marco Quiskamp, Christoph Ormos, Luka Kravoscanec, Fabian Mücke, Dominik Pedro, Lysander Skoda, Luka Silic, Matthias Rebmann, Tim Kübel.

TSG Tübingen: Stefan Baumann; Kay Rosmer, Jushtine Garin, Marvin Methner, Adil Iggoute, David Fridrich, Christian Wiehl (59. Oduma Adelio), Dominik Schramm (46. Simeon Zahn), Jan-Leonard Bursik (88. Luca Alfonzo), Lars Bischoff (46. Tobias Dierberger), Adrian Braun.

Tore: 1:0 (20.) Tim Kübel, 2:0 (27.) Luka Kravoscanec, 3:0 (43.) Luka Silic (Foulelfmeter), 3:1 (69.) Marvin Methner, 3:2 (87.) Kay Rosmer, 3:3 (89.) Tobias Dierberger.

Schiedsrichter: Michael Zeiher (Ludwigsburg); Marcel Ernst, Jonas Rosenberger.

Zuschauer: 303.