Am vergangenen Wochenende kam die A-Jugend vom VfB Stuttgart für ein Testspiel nach Nagold. Foto: Kraushaar

Fußball: Abteilungsleiter des VfL Nagold spricht über sein noch ungeschlagenes Landesliga-Team.

Es sind richtige FC-Bayern-Werte: Noch ohne eine einzige Niederlage auf dem Konto führt der VfL Nagold mit neun Punkten Vorsprung die Landesliga-Tabelle an. Plant man im Reinhold-Fleckenstein-Stadion schon für die Verbandsliga? Welche Rolle spielt der im Sommer gekommene Ex-Profi Pascal Reinhardt für die Mannschaft? Und welche Ziele verfolgt der Verein im ebenfalls prosperierenden Nachwuchsbereich? Wir haben uns mit Ulrich Hamann, Fußball-Abteilungsleiter des VfL Nagold, unterhalten.

Herr Hamann, von Beruf sind Sie Mathe-Lehrer und kennen sich dadurch bestens mit der Wahrscheinlichkeitsrechnung aus. Wie wahrscheinlich ist es denn, dass der VfL Nagold in der nächsten Saison in der Verbandsliga spielt?

Bei neun Punkten Vorsprung ist die Wahrscheinlichkeit sicherlich recht hoch. Die tatsächliche Rechnung hängt aber davon ab, welche Wahrscheinlichkeit ich für einen Punktgewinn oder einen Sieg ansetze. Und da ich nicht weiß, wie die Form der Spieler ist, wer sich verletzt und so weiter, ist dieser Wert auch schwer zu bestimmen. Wenn wir mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit punkten, holen wir noch 21 Punkte. Das könnte dann eng werden mit dem Aufstieg. Aber wir haben schon einen höheren Anspruch als diese 50 Prozent. Es gibt jedoch kein aufsteigen müssen. Mannschaft und Spieler sollen guten Fußball spielen und sich weiterentwickeln. Alles andere warten wir ab.

Gehört ein Verein wie der VfL Nagold einfach in die Verbandsliga?

Nein. Einfach schon gar nicht. Grundsätzlich sehen wir unsere Basis in der Landesliga und wollen dort eine gute Rolle spielen. Alles andere ist Zugabe. Sollten wir aber aufsteigen, wollen wir uns selbstverständlich in der Verbandsliga etablieren. Der aktuelle Kader hätte dafür mittelfristig auch die Qualität. Aber die Liga ist stark, da muss immer alles passen.

Am vergangenen Wochenende kam die A-Jugend vom VfB Stuttgart für ein Testspiel nach Nagold – schon zum zweiten Mal in dieser Saison. Sie bezeichneten das als Ritterschlag. Welchen Ruf genießt der VfL Nagold in Württemberg und in der Region?

Der Ruf ist schon ziemlich gut. Das zeigt der zweite Besuch der U19 des VfB Stuttgart. Das nehmen wir aber auch wahr, wenn wir im Land unterwegs sind. In der Tat gibt es kaum Vereine in Württemberg, bei denen die A-, B- und C-Junioren in der höchsten württembergischen Klasse spielen. In der Region ist das sogar ein Alleinstellungsmerkmal. Die gute Nachwuchsarbeit wird anerkannt. Nagolder Mannschaften wird attestiert, dass sie einen guten, attraktiven Fußball spielen. Aber wir wissen auch, dass das eine beständige Aufgabe ist. Den guten Ruf haben unsere Vorgänger in der Abteilungsleitung erarbeitet und es ist eine tägliche Herausforderung, ihm gerecht zu werden.

Ihre A-Jugend ist momentan Tabellenführer in der Verbandsstaffel und hat damit ebenfalls beste Chancen auf einen Aufstieg. Was würde die U19-Oberliga für den Fußball-Standort Nagold bedeuten?

Das wäre ein tolles Ausrufezeichen. Bisher hat das der VfL Nagold nur zwei Jahre unter dem herausragenden Walter Baur geschafft. Von diesen zwei Jahren zehren wir im Aktivenbereich noch heute. Nagold wäre dann noch einmal mehr fußballerischer Leuchtturm in der Region. Wenn dann Gegner wie der VfR Aalen, Waldhof Mannheim oder SV Sandhausen nach Nagold kommen, wäre das schon sehr prickelnd.

Beim VfL hat man den sogenannten Nagolder Weg eingeführt, setzt also verstärkt auf die eigene Jugendarbeit. Fruchtet dieses Konzept?

Ja. Wenn wir unsere erste Mannschaft anschauen, dann finden sich dort fast nur Spieler, die auch in der Jugend bei uns gespielt haben. In den letzten Jahren gab es immer mindestens einen Spieler, der den Sprung aus der A-Jugend in unsere Erste geschafft hat. Aus dem Jahrgang 1998 ist das Perparim Hallimi, von 1997 Burak Tastan und Daniel Atis, von 1996 Chris Ormos und Hannes Walz, von 1995 Luka Kravoscanec, von 1994 Fabian Mücke, von 1993 Marc Bühler und so weiter. Aber wir wollen noch mehr Karrieren, die bei unseren Bambinis starten und dann in der ersten Mannschaft enden. Deshalb möchten wir in den kommenden Jahren die Ausbildung unserer Kinder- und Jugendspieler noch mehr intensivieren. 

Der große Star im aktuellen Landesliga-Kader ist zwar nicht beim VfL Nagold groß geworden, aber bei einem anderen VfL aus Nagold, nämlich dem VfL Hochdorf. Wie wichtig ist Ex-Profi Pascal Reinhardt für die Mannschaft?

Er ist in jedem Fall ein sehr wichtiger Spieler. Das fängt damit an, dass er eine sehr ausgeprägte Siegermentalität hat. In jedem Spiel und in jedem Training gibt er alles. Dabei ist er nicht verbissen, sondern verbreitet gute Laune. Dann schießt er einfach sehr wichtige Tore. So hat er beispielsweise in der Nachspielzeit in Gechingen das Siegtor erzielt. Dazu kommt, dass er sich neben dem Platz sehr um die jüngeren Spieler kümmert. Und es ist ihm ein Anliegen, dass die Mannschaft immer wieder auch abseits des Fußballplatzes etwas gemeinsam unternimmt. Wichtig ist Pascal Reinhardt für uns auch, weil er Zuschauer anlockt. Von daher sind wir einfach begeistert, dass er bei uns ist. Aber ich will an dieser Stelle auch betonen, dass Fußball ein Mannschaftssport ist. Auch ein Pascal Reinhardt alleine kann keine Spiele gewinnen. Wir haben lauter gute Fußballspieler, die charakterlich top sind.

Pascal Reinhardt spielte zuvor in der neuseeländischen Liga und bekam bei seiner Rückkehr nach Deutschland auch Angebote von Vereinen aus höheren Ligen. Wie konnte sich der VfL Nagold da durchsetzen?

Ich denke, dass mindestens drei Faktoren eine Rolle gespielt haben. Zum ersten stimmte in den Gesprächen zwischen Pascal, Udo Jungebloed, der mit mir die Abteilung leitet, und mir  von Anfang an die Chemie.  Und auch zu manchem Nagolder Spieler hatte er noch freundschaftliche Kontakte. Ich denke, dass es für einen Spieler sehr attraktiv ist, wenn er merkt, dass man ihn im ganzen Umfeld der Mannschaft einfach so mag. Zum zweiten zog es Pascal in Richtung Heimat. Nach den Wanderjahren wollte er einfach wieder in der Nähe seiner Familie sein. Zum dritten wollte er eine Berufsausbildung beginnen. Und da konnten wir mit unserem Partner Michael Grimm bei dem Unternehmen Sport-1a den passenden Ausbildungsplatz bieten. Aber natürlich hätte Pascal höherklassig und für mehr Geld spielen können. Deshalb sind wir total happy, dass er bei uns ist.

Auch ganz hinten sorgte der VfL-Kader für Aufmerksamkeit: Sie sind mit gleich vier Torhütern in die Saison gestartet. Ist der Konkurrenzdruck auf dieser Position nicht eine Spur zu heftig?

Ja, auf der Torwartposition haben wir in der Tat ein absolutes Luxus-Problem. Vier Torhüter, die alle höherklassig spielen können. Fabian Bartels ist im Winter deshalb auch zu seinem Heimatverein nach Breitenberg gewechselt. Die Konstellation war nicht gewollt, sondern hat sich so ergeben. Vor einem Jahr hat Bubacarr Sanyang noch gar nicht im Tor gespielt. Erst in der Rückrunde hat er sich dazu durchgerungen. Matthias Müller kam als Rückkehrer aus Zimmern und Hannes Walz hatte eine tolle Runde gespielt. Und Fabian Bartels hat dann in der Vorbereitung gezeigt, dass er auch ein richtig Guter ist.   Blöd, dass immer nur ein Torwart spielen kann. Aber es sind alle vier Torhüter sehr gut mit der schwierigen Situation umgegangen. Haben sich gefreut, wenn der andere ein gutes Spiel gemacht hat und immer Vollgas gegeben. Respekt an die vier, denn das war wirklich nicht einfach.

Seit vergangener Woche trainiert der VfL Nagold wieder auf dem Rasen. Zuvor war bei Ihnen Hallenfußball angesagt, der auch dieses Mal wegen der Einführung der Futsal-Regeln landauf, landab in der Krtik steht. Was sagen Sie eigentlich als Abteilungsleiter des größten Fußballvereins im Kreis Calw zu dieser Diskussion?

Ich werde immer skeptisch, wenn irgendeine Entwicklung mit aller Gewalt durchgedrückt werden soll. Was treibt den WFV hier an? Ich habe es bis heute nicht vollends verstanden. Aktuell gefährdet er damit jedenfalls eine langjährige Kultur von Hallenturnieren, gerade auch bei uns im Kreis. Mit dem Futsal-Ball können wohl am Ende alle leben. Mit den kleinen Toren eher nicht. Es fallen kaum noch Tore. Und die komplizierten Regeln führen sehr oft in den entscheidenden Spielen zu vielen Diskussionen.

Zum Schluss noch einmal zur Mathematik: In der Landesliga-Tabelle steht beim VfL Nagold bei den Niederlagen noch immer eine Null. Welche Zahl wird dort am Ende der Saison stehen?

Unsere Abwehr ist eine Bank. Sehr zuverlässig. Sehr erfahren. Ich traue es der Mannschaft zu, dass die Null auch am Ende der Saison steht. Aber selbst Bayern verliert hier und da, sogar unter Jupp Heynckes. Wir wollen nicht verlieren. Aber wenn es dann mal passiert, war der Gegner an dem Tag besser und für uns geht die Welt nicht unter.