Rolf Kramer, Trainer der SKV Rutesheim. Foto: Kraushaar

Interview: SKV Rutesheim schaffte Klassenverbleib nur durch Glück. Trainer Rolf Kramer über verrückte Verbandsliga.

Die SKV Rutesheim war im Juni nach der Niederlage im Relegationsspiel gegen den FV Löchgau bereits aus der Verbandsliga abgestiegen. Dann schaffte der TSV Ilshofen ein paar Minuten später den Aufstieg in die Oberliga – und die Rutesheimer somit den Klassenverbleib. Nur ein paar Monate später stehen sie nun an der Tabellenspitze. Wir sprachen im Interview mit Trainer Rolf Kramer über die absolut verrückte Verbandsliga.

Herr Kramer, wie bewerten Sie denn die bisherige Verbandsliga-Saison Ihrer Mannschaft?

Furchtbar, zum Heulen. Da ist noch viel Luft nach oben (lacht). Nein Quatsch. Wir haben bisher ein Spiel verloren. Haben, abgesehen von vergangener Woche, bisher in jedem Spiel unsere Leistung auf den Platz gebracht und uns die Punkte, die wir bisher gesammelt haben, auch alle verdient. Dass wir nun sogar an der Tabellenspitze stehen, ist einfach der Lauf, der dadurch entstanden ist. Wir sind nicht die erste Mannschaft, die auf einer Erfolgswelle schwimmt.

In der vergangenen Saison haben Sie in der Relegation gegen den FV Löchgau verloren und waren eigentlich abgestiegen. Dann aber durch den Aufstieg von Ilshofen doch nicht. Jetzt stehen Sie vor dem letzten Spieltag der Hinrunde an der Tabellenspitze. Das ist doch fast filmreif.

Wenn man es aus dieser Perspektive betrachtet, auf jeden Fall. Wir hatten es aber auch verdient, in dieser Liga zu bleiben. Wir waren ja kein klassischer Absteiger, sondern hatten 35 Punkte geholt. Jeder redet immer nur davon, wie viel Glück wir hatten. Wie wir aber in diese Relegation gerutscht sind, davon redet nie jemand. Hätte Neckarrems in den letzten vier Spieltagen nicht zweimal kurz vor Spielende den Siegtreffer erzielt, wäre das der sichere Klassenerhalt für uns gewesen. Am Ende haben uns nur fünf Tore dafür gefehlt.

So wie ich das mitbekommen habe, würden wir im Falle des Abstiegs jetzt wohl auch nicht miteinander sprechen?

Mit dem Abstieg hätten wir die Situation eventuell neu bewerten müssen. Wobei dies ein Thema in der Winterpause war, falls der Fall einer größeren Negativserie mit dem bitterem Ende eintritt. Dann hätten ich, oder die Verantwortlichen, die Frage nach einem Neuaufbau schon gestellt. Diese blieb jedoch aus und wir haben bis zum Ende um den Klassenerhalt gekämpft und diesen geschafft.

Jetzt haben Sie am vergangenen Wochenende mit 1:0 gegen den FV Löchgau gewonnen. War das so etwas wie eine kleine Revanche?

Das war ja eine ganz andere Ausgangssituation. An diesem Spieltag ging es nur um drei Punkte in der Liga, nicht um den Klassenerhalt oder Aufstieg. Löchgau hatte ja auch nichts gemacht, was verboten war. Dass wir in der Relegation verloren haben, ist eine ganz normale Situation im Sport. Dieses Mal haben halt wir gewonnen.

Stimmen Sie mir zu, wenn ich behaupte, dass die Verbandsliga in dieser Saison total verrückt und unberechenbar ist?

Das war sie auch schon in der vergangenen Saison. Auch da war die Liga bereits absolut ausgeglichen. In diesem Jahr ist es vielleicht sogar nochmals einen Tick krasser. Wenn man sieht, wie eng alles in der Tabelle beieinander ist. Das ist der Wahnsinn. Es ist auch egal, gegen welche Mannschaft man spielt, man muss immer über 90 Minuten wahnsinnig aufpassen. Es gibt einfach kein Spiel, in dem man über die komplette Dauer die Spielkontrolle hat.

Ihre Mannschaft kommt mit der Situation jedoch augenscheinlich am besten zurecht. Sie haben aus der vergangenen Saison offenbar die richtigen Schlüsse gezogen.

Wir machen nicht viele Dinge grundsätzlich anders als in der vergangenen Saison. Wir sind im Spiel gegen den Ball besser geworden. Das ist die eine Sache. Die andere ist, dass wir in den Spielen unaufgeregter sind. Letztes Jahr war alles neu für uns. Jetzt kommen wir mit vielen Situationen besser klar. Wir haben eine junge Mannschaft, die jetzt einen großen Schritt gemacht hat, aber noch mehr Potenzial hat.

Wissen Sie, was Ihre Mannschaft mit dem VfL Nagold gemeinsam hat?

Auf die Schnelle genau das. Beide Teams sind sehr jung. Unser Durchschnittsalter liegt bei 23 Jahren. Da werden die Nagolder nicht allzu weit weg davon sein.

23,24 Jahre bei Ihrem Team, 23,28 beim VfL Nagold. Es gibt aber auch noch etwas anderes.

Dann müssen Sie mir auf die Sprünge helfen.

Beide sind im WFV-Pokal gegen die TSG Balingen II ausgeschieden.

Das habe ich völlig vergessen. Ich versuche, so wenig wie möglich daran zu denken. Das ist der schwarze Fleck auf unserer bisherigen Saison. Wir hatten die riesige Chance, unter die letzten Acht im Pokal zu kommen, vielleicht sogar noch weiter, weil schon viele der großen Mannschaften ausgeschieden sind. Es tut immer noch weh, darüber zu reden. Ohne das Thema zu hoch hängen zu wollen.

Am Samstag können Sie dafür jetzt einen inoffiziellen Titel holen, von dem man sich nichts kaufen kann.

Diesen Titel zu holen, sollte unser Ansporn sein, auch wenn er nicht maßgebend ist. Wir wollen so lange wie möglich auf dem Tabellenplatz, auf dem wir jetzt stehen, bleiben. Und ich rede jetzt nicht vom 30. Spieltag und dem Aufstieg, sondern immer nur von Spieltag zu Spieltag. Mehr Motivation, als die Tabellenführung zu verteidigen, gibt es fast nicht.