Fußball-Relegation: Frank Schmidts Team plant die ganz große Sensation. Werder Bremen unter Zugzwnag. 

Wie der größte Erfolg in der Vereinsgeschichte des 1. FC Heidenheim erreicht werden kann, fiel dem Trainer im Wald ein. Um vor dem Rückspiel in der Relegation gegen Werder Bremen den Kopf frei zu bekommen, setzte Frank Schmidt sich aufs Fahrrad.

Der 46-Jährige fuhr über Hügel und vorbei an Feldern, und dann, vermutlich auf irgendeinem Waldweg, kam ihm die entscheidende Idee. »Danach war der Kopf frei, eine Idee war geboren«, erzählte Schmidt am Sonntag. »So einfach kann man sich erholen und einen neuen Matchplan erstellen.«

Möglicherweise wird dieser Plan den Fußball-Zweitligisten am Montagabend (20.30 Uhr/DAZN und Prime Video) zur Sensation führen. Nach dem 0:0 im Hinspiel an der Weser hat der FCH weiter alle Chancen. Der Klub von der Ostalb steht laut Schmidt vor »dem größten Spiel der Vereinsgeschichte«.

Der Aufstieg in die Bundesliga wäre die vorläufige Krönung seiner bald 13 Jahre als Trainer der Heidenheimer. Als Schmidt im September 2007 den Job als Coach in seiner Geburtsstadt antrat, da spielte der Klub noch in der Oberliga. Am späten Montagabend könnte der Familienvater ein Bundesliga-Trainer sein.

Obwohl die Ausgangslage keine schlechte ist, sieht der FCH sich weiter in der Rolle des klaren Underdogs. »Natürlich waren wir krasser Außenseiter und sind es immer noch«, sagte Schmidt. Trotzdem spüren nicht nur die rund 50.000 Einwohner spätestens jetzt die vielleicht einmalige Chance, etwas Großes erreichen zu können. »Ich glaube, dass vor dem Auswärtsspiel der Glaube bei den Heidenheimern nicht ganz so groß war. Mit dem 0:0 im Hinspiel sind auf einmal alle so ein bisschen aufgewacht«, sagte Schmidt.

Der FCH träumt von der Sensation. De nnoch ist die Ausgangslage gefühlt weiter so, dass Heidenheim kann – und Werder muss. Es ist unvorhersehbar, ob sich die Bremer von einem Abstieg überhaupt wieder erholen würden. Für Verein und Stadt hätte der Gang in die Zweitklassigkeit riesige finanzielle Folgen. Doch all das will Werder-Coach Florian Kohfeldt vor dem Showdown von seinem Team fernhalten. »Man muss immer mehr Lust haben zu gewinnen, als Angst haben zu verlieren«, sagte Kohfeldt am Sonntag.

Auch für den 37 Jahre alten Coach steht viel auf dem Spiel. Lange galt er als Senkrechtstarter der deutschen Trainergilde, wurde 2018 zum Coach des Jahres gekürt. »Natürlich spüre auch ich den Druck«, sagte Kohfeldt. Doch der Bremer Trainer versucht alles, vor dem Endspiel der Saison die Anspannung nicht zum Bremsklotz werden zu lassen. »Es ist trotzdem immer noch ein Privileg, bei solchen Spielen dabei zu sein. Das sind auch die Tage, an denen Geschichte geschrieben wird, und davon träumt man doch als Kind.«

Ähnlich sieht es Schmidt, der mit Blick auf das Spiel weiter von einer »Lebenschance« spricht. »Und sie lebt.« Sollte der FCH sie nutzen, wird Schmidt sich vielleicht in den Wald zurückziehen. Um den Kopf frei zu bekommen. Und um zu realisieren, was er erreicht hat.