Bezirksligist SG Neuweiler/Oberkollwangen hat sich sowohl 2018 als auch 2019 in der Relegation jeweils gegen den TSV Dagersheim durchgesetzt. Foto: Schuon

Fußball: Dieses Jahr geht wegen Corona-Pandemie nichts. Zweitplatzierter der Bezirksliga Böblingen/Calw noch nie aufgestiegen.

Wenn Corona nicht den Fußball gestoppt hätte, würden in diesen Tagen zahlreiche Entscheidungs- und Relegationsspiele über die Bühne gehen. Im Fachjargon ist von einer Aufstiegschance und keinem Aufstiegsrecht die Rede.

Doch wie groß ist eigentlich, basierend auf den Erfahrungen der Vergangenheit, überhaupt diese Chance?

Der Türkische SV Herrenberg, Zweiter der Fußball-Bezirksliga Böblingen/Calw, ist nicht glücklich darüber, dass die Saison aller Voraussicht nach abgebrochen wird.

Der Gäu-Klub hätte das sportliche Kräftemessen in den Entscheidungsspielen gegen die Zweitplatzierten der Fußballbezirke Alb, Nördlicher Schwarzwald und Schwarzwald gerne angenommen und wenn möglich die Relegation zur Landesliga gespielt. Schließlich liebäugeln die Herrenberger mittelfristig mit dem Aufstieg in die Landesliga Staffel 3 und haben sich für die kommende Saison bereits namhaft verstärkt, unter anderem kommt Mert Kizilagil von der Sportvereinigung Böblingen.

Statistik spricht klar gegen Vereine der Kreise Böblingen und Calw

Doch wenn man die Statistik als Gradmesser heranzieht, wäre die Chance des Türkischen SV via Relegation aufzusteigen, praktisch null. Seit Einführung der Relegation zwischen der Landes- und Bezirksliga in der Spielrunde 2003/2004 ist noch kein Tabellenzweiter der Bezirksliga Böblingen/Calw – der SV Althengstett hat es gleich zweimal vergeblich versucht – aufgestiegen.

Siebenmal schaffte der abstiegsbedrohte Landesligist über das Hintertürchen Relegation noch den Klassenerhalt, jeweils viermal durften sich die Zweitplatzierten der Bezirke Alb und Schwarzwald über den Aufstieg freuen, wobei einmal – in der Saison 2012/13 – dem SC Tuttlingen zwei Spiele zum Sprung in die Landesliga reichten, da wegen des Aufstiegs des VfL Nagold in die Verbandsliga noch ein Platz in der Landesliga frei war und das entscheidende Spiel gegen die Spvgg Mössingen deshalb nicht ausgetragen wurde.

Der SV Oberjesingen, Zweiter der Kreisliga A Staffel 2 Böblingen/Calw gehört aktuell zu jenen 33 Klubs, die dagegen rebellieren, dass sie als Vizemeister nicht aufsteigen können, andererseits aber aus keiner Liga ein Verein, so schlecht er punktemäßig auch da stehen mag, absteigt.

Relegation auf Kreisliga- Ebene wird seit 1994/1995 gespielt

Die Relegation zwischen der Bezirksliga und den Kreisligen A wurde 1998/99 eingeführt. Rein statistisch betrüge die Aufstiegswahrscheinlichkeit für den SV Oberjesingen um sein Trainertrio Daniel Wahnsiedler, Andreas Gusenbauer und Julian Weidinger 38 Prozent.

Achtmal schaffte der Tabellenzweite der A2 den Aufstieg, siebenmal rettete sich der Bezirksliga-Vertreter mit Ach und Krach über die Ziellinie, und sechsmal durfte der A1-Vertreter aus dem Kreis Calw den Aufstieg ins Bezirksoberhaus bejubeln.

Seit der Saison 1994/1995 wird die Relegation zwischen der Kreisliga A und B ausgetragen. Hier fällt die Bilanz eindeutig aus. In 19 von 25 Fällen ist der B-Ligist aus dem Kreis Böblingen aufgestiegen, nur sechsmal konnte sich der A2-Ligist vor dem Abstieg retten. Sprich, in drei von vier Fällen schafft es der B-Ligist, die Aufstiegswahrscheinlichkeit beträgt somit 76 Prozent.

In einem Fall, das war 2006/2007, hat der TSV Ehningen II kampflos sein Ziel erreicht, weil der damalige B-Ligist SV Magstadt II nach dem Scheitern seiner ersten Mannschaft in der Relegation nicht mehr aufstiegsberechtigt war. Deshalb wurde die Partie zwischen dem TSV Ehningen II und dem SV Magstadt II abgesetzt.

16-mal schaffen Calwer B-Ligisten den Weg nach oben

Blickt man in den Kreis Calw, so schaffte dort 16-mal der B-Ligist den Aufstieg, wobei in der Saison 2003/2004 der SSV Walddorf am grünen Tisch zum Erfolg kam, nachdem er sportlich in der Kreisliga B verblieben wäre.

Ein Jahr später durfte der TSV Simmersfeld trotz Niederlage jubeln, weil aufgrund des Aufstiegs des SC Neubulach in die Bezirksliga ein Platz frei war. Neunmal konnte sich der A-Liga über den Klassenerhalt freuen, wobei im ersten Jahr der Relegation der FC Iselshausen nach dem verlorenen Relegationsspiel eigentlich abgestiegen wäre, aber nach dem nachträglichen Rückzug der Spvgg Aichelberg, die inzwischen als Spielgemeinschaft mit dem SV Ettmannsweiler eine Renaissance erlebt, trotzdem in der Saison 1995/1996 in der Kreisliga A kicken durfte.

Sicher ist, dass sich die Relegation schnell zu einem echten Klassiker gemausert hat. Die Spielrunden sind nicht selten bis zum letzten Spieltag spannend, und die Entscheidungs- und Relegationsspiele ziehen gewöhnlich mehrere Hundert Zuschauer oder sogar mehr in ihren Bann.