Riesiger Jubel bei der SG Neuweiler/Oberkollwangen: Die Mannschaft hat eine verkorkste Saison im letzten Moment mit dem Sieg in der Relegation noch glücklich beendet. Foto: Schuon

Relegation: VfL Nagold und SF Gechingen abgestiegen. SG Neuweiler/Oberkollwangen bleibt weiteres Jahr in Bezirksliga.

Die Fans im Kreis Calw müssen sich wohl oder übel daran gewöhnen: Fußball auf überregionaler Ebene gibt’s zumindest in der kommenden Saison nur noch in Nagold zu sehen – und dort ist auch "nur" noch Landesliga.

Die Relegationsspiele zur Verbandsliga, zur Landesliga und zur Bezirksliga sowie die vorangegangenen Entscheidungsspiele waren zwar einmal die absoluten Publikumsmagnete, die gewünschten Ergebnisse für den Fußball im Kreis Calw brachten sie kaum.

Das Rätselraten darüber, warum das so gelaufen ist, geht in der hiesigen "Fußball-Fachwelt" weiter. Einzig die als Außenseiter angesehene Mannschaft der SG Neuweiler/Oberkollwangen hat ihr Ziel, den Verbleib in der Bezirksliga, am Ende erreicht.

Der Fußballstolz im Kreis Calw mit dem VfL Nagold als Verbands- und den Sportfreunden Gechingen als Landesligisten hat mit den Abstiegen auf jeden Fall Schaden genommen.

In beiden Lagern herrscht noch Tage danach Unverständnis, wie es so weit kommen konnte. VfL-Trainer Armin Redzepagic sieht seine Nagolder in der Summe der Auftritte in der Verbandsliga jedenfalls nicht als Absteiger, zumal seine Mannschaft nur acht Niederlagen hatte hinnehmen müssen – zwei mehr als der Tabellenzweite FSV Hollenbach. Bei den Gechingern hatte zu Saisonbeginn absolut niemand die Bezirksliga auf dem Plan.

Verbandsliga Nur 43 Gegentore und acht Niederlagen in 30 Spielen, da fällt es schwer, Aufsteiger VfL Nagold die Verbandsligatauglichkeit in Frage zu stellen. Am Ende fehlte ein Punkt zum direkten Klassenerhalt und es bleibt die Erkenntnis, dass die Offensive mit lediglich 39 Toren unter dem Strich schlichtweg zu harmlos war.

Genau in diesem Bereich ist zu wenig gekommen. Am Ende waren zu viele Unentschieden (15) und zu wenig Siege (sieben) ausschlaggebend für den sportlichen Abstieg. Die hoch gelobten Verstärkungen Ali Karsli und Pascal Seil erwiesen sich nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Pascal Reinhardt als Flopp. Als auch noch Lysander Skoda ausfiel, musste die eigene Jugend ran.

Armin Redzepagic musste mitten in der laufenden Runde experimentieren. Dominik Pedro und Luka Kravoscanec rückten in die Verantwortung. Beide sind jedoch keine Torjäger und konnten ebenso wenig "liefern", wie der von Redzepagic hoch geschätzte Chris Wolfer oder später USA-Rückkehrer Tim Kübel. Kravoscanec (5), Wolfer (2), Kübel (1), Pedro (0), haben zusammen acht Treffer erzielt. Das ist keine Bilanz, die bei einem Gegner Ängste hervorruft. Zudem wurden in einigen Spielen die Signale nicht verstanden. Der Sieg bei den Sportfreunden Dorfmerkingen war ebenso wie die Nullnummer in Essingen oder das 1:1 in Gündringen gegen den FC Wangen in erster Linie dem Glück geschuldet.

Dazu kamen Heimspiele wie gegen den SV Breuningsweiler (1:1), den FC Heiningen und den SSV Ehingen-Süd (jeweils 0:0), in denen beste Tormöglichkeiten vergeben wurden. Auch das personelle Nachjustieren (Christoph Hollnberger) brachte nicht den erhofften Durchbruch. Bezeichnend: Ali Karsli und Pascal Seil (Winterpause) Hollnberger (am Saisonende) sind schon wieder weg.

Zu der Verletzungsmisere kamen auch noch die drei Roten Karten für Bubacarr San-yang. So reichte es am Ende eben nur zum Relegationsplatz. Und diesen Strohhalm knickte der Heimerdinger Torjäger Michele Ancona beim 4:2-Sieg seiner Mannschaft mit seinen drei Treffern im Relegationsspiel in Bondorf fast im Alleingang

Landesliga Wer die Sportfreunde Gechingen in der Vorbereitung gesehen hat, der durfte sich völlig zurecht auf eine gute Saison freuen. Der Auftritt im Testspiel gegen die SKV Rutesheim was fußballerisch mit das Feinste was es im Dürr-Sportpark bis dahin zu sehen gegeben hatte. Der 2:0-Auftaktsieg gegen die Spvgg Holzgerlingen gestaltete sich dann schon etwas holprig, bei der 0:2-Niederlage beim Aufsteiger FV 08 Rottweil zeigte die Mannschaft von Trainer Benjamin Maier ein Gesicht, das in der Form in Gechingen nicht bekannt war und in der Folge gegen einen weiteren Aufsteiger, den VfL Mühlheim, bei der 1:2-Pleite sogar noch bestätigt wurde.

Einzelne Erfolge übertünchten die Sorgen, aber die fehlende Konzentration in den Schlussphasen einiger Spiele und die völlig unverständliche Niederlage beim TV Darmsheim beschleunigten den Abwärtstrend.

Wie so oft wurde die Schuld beim Trainer gesucht. Die Arbeit von Benni Maier wurde immer mehr in Frage gestellt. Doch die Antwort der Mannschaft auf den Trainerwechsel blieb aus. Dafür blieb der lethargische Spielfluss und die fehlende Präzision im Mittelfeld daher gehend mit einer beispiellosen Ineffizienz, was die Tormöglichkeiten angeht. In der Summe standen Aufwand und Ergebnis in keinem vernünftigen Verhältnis mehr.

Der Überraschungssieg gegen den VfL Pfullingen verstellte zusätzlich die Sicht auf diese Tatsachen. Die wurden spätestens in der Relegation gegen einen alles andere als übermächtigen Bezirksligisten deutlich. Der SV Seedorf zeigte den Gechingern mit einfachen Mitteln ihre Grenzen auf, die die meisten Spieler aber offenbar nicht wahrhaben wollten. Bezirksliga Überschätzen sich die Mannschaften in der Kreisliga A? Diese Frage geisterte durch die Zuschauer sowohl beim Entscheidungsspiel der A-Liga-Zweiten in Ehningen als auch beim Relegationsspiel in Gechingen.

Der SC Neubulach, Tabellenzweiter der Kreisliga A1, hatte sich den favorisierten TSV Dagersheim als Vertreter der Kreisliga A2 viel vorgenommen und nach der Pause eine sehr gute Leistung gezeigt. Doch das Kind war längst in den Brunnen gefallen. Die Dagersheimer waren mit einer 5:0-Führung in die Pause gegangen und verließen mit einem 6:2-Erfolg nach 90 Minuten den Platz.

Doch auch der A2-Vertreter sollte nicht glücklich werden. In Relegationsspiel in Gechingen gegen die SG Neuweiler/Oberkollwangen waren die Dagersheimer zwar spielerisch überlegen, konnten daraus jedoch zu wenig Kapital schlagen. Die Mannschaft aus Neuweiler konzentrierte sich darauf, was sie kann, lief wie im Vorjahr – gleiche Situation, gleicher Gegner – kämpferisch zur Höchstform auf und durfte sich am Ende völlig verdient über einen 2:1-Sieg und damit über den Klassenerhalt freuen.

Dass SG Kapitän Christian Weber sogar noch die Elfmeterchance zum 3:1-Endstand vergab, schmeichelte im Endeffekt dem TSV Dagersheim. Die SG Neuweiler/Oberkollwangen hat in der Saison 2018/19 als einzige höherklassige Mannschaft des Kreises Calw eine Relegation überstanden. Damit bleibt unter dem Strich ein strahlender Thomas Carle mit seinen "Roten" in Erinnerung, die gleich zweimal (2018 in Kuppingen/2019 in Gechingen) etwas fast "Unmögliches" geschafft haben.

"Wer dieses Spiel gesehen hat, der wird es so schnell nicht vergessen. Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Es war einfach nur unglaublich. Wille, Kampf, Einsatzbereitschaft, da war alles da.", meint SG-Spielleiter Lothar Gmeiner."

Er spricht allerdings nicht davon, dass seine Mannschaft die bessere von beiden war: "Die Dagersheimer haben eine gute Mannschaft, das steht außer Frage. Ich weiß nicht, ob sie uns unterschätzt haben, aber man hat in diesem Spiel deutlich gesehen, was im Fußball mit Wille und Leidenschaft möglich ist. Davon haben wir in diesem Spiel mehr gezeigt."

Ende August geht es für die SG Neuweiler/Oberkollwangen wieder um Punkte und wieder, dann mit Gero Bodamer als Trainer, wird die Mannschaft um den Klassenerhalt kämpfen. "Vielleicht schaffen wir es ja noch einmal in die Relegation", meint Lothar Gmeiner.

Vielleicht kommt es ja in etwas elfeinhalb Monaten tatsächlich soweit – und wer weiß, vielleicht heißt der Gegner des Teams aus Neuweiler dann zum dritten Mal in Folge TSV Dagersheim.