Reiner Scheu blickt auf überwiegend schöne Jahre beim FC Bad Dürrheim zurück. Doch es droht für den Verbandsligisten bei seinem Abschied nun der Abstieg. Foto: Morat

Verbandsliga: Scheidender Coach über Ursachen, Pläne und Daumendrücken für FC Bad Dürrheim. Mit Interview

Trainer Reiner Scheu verlässt den FC Bad Dürrheim, aber so ganz ist für ihn das Kapitel noch nicht zu Ende. Ob der 63-jährige Fußball-Lehrer mit seinem Team als Tabellenvierzehnter den Klassenerhalt in der Verbandsliga schafft, hängt vom Abschneiden des Freiburger FC in der Aufstiegsrunde zur Oberliga ab. Dennoch zieht der Villinger bereits ein erstes Fazit – nicht nur von dieser Saison, sondern auch von seinen sechs Jahren beim FC Bad Dürrheim.

Herr Scheu, haben Sie das Kapitel FC Bad Dürrheim schon abgehakt – oder verfolgen Sie noch intensiv, was der Freiburger FC in der Oberliga-Aufstiegsrunde erreicht?

Natürlich bange ich mit dem Freiburger FC mit. Ich werde mir aber kein Spiel des FFC vor Ort ansehen, hoffe aber, dass die Freiburger uns helfen.

Wie beurteilen Sie die Chancen des FFC?

Da bin ich eher skeptisch, aber ich lasse mich gerne positiv überraschen. Ich habe gehört, dass Freiburg – mit der jungen Mannschaft – zum jetzigen Zeitpunkt nicht mit aller Macht wieder hoch in die Oberliga will.

Wie sehr würde Sie ein Abstieg Ihrer bisherigen Mannschaft denn persönlich treffen?

Natürlich wäre ein Abstieg für mich auch sehr bitter. Aber andererseits können sich die Mannschaft und wir Trainer auch nichts vorwerfen lassen. Dieser 14. Platz in der Tabelle ist einfach das, was wir in dieser verkorksten Saison erreichen konnten. Mehr war unter diesen schwierigen Umständen nicht drin.

Wo lagen die Ursachen für diese "verkorkste" Saison?

Die personellen Planungen für diesen Kader sind vor der Runde nicht so aufgegangen, wie wir uns das erhofft hatten. Es gibt aber keinen Vorwurf von mir an unseren früheren Sportlichen Leiter Alexander Thumer. Ich habe ja miterlebt, wie viele Absagen es von Spielern gab, an denen wir interessiert waren. Wir konnten zum Beispiel die Abgänge von Christian Braun und Yannik Bartmann nicht ersetzen. Von einigen Spielern, die unsere Erwartungen nicht erfüllten, mussten wir uns ja schon während der Runde wieder trennen. Insgesamt habe ich als Trainer noch nie so eine chaotische Saison erlebt.

Warum chaotisch?

Es gab einen Trainingsstreik. Wir konnten in Linx nicht antreten. In der Winterpause wurde unser Torjäger Mustafa Akgün abgegeben. In einem Jahr sind so viele negative Dinge zusammengekommen, wie man es in in der Kürze der Zeit wohl nicht mehr erlebt.

Kamen Sie nie an den Punkt, einfach hinzuschmeißen?

Als Mustafa Akgün nach Pfullendorf abgegeben wurde, war ich nahe dran. Aber ich habe unserem Vorsitzenden Albrecht Schlenker damals versprochen, die Saison bis zum Ende durchzuziehen. Daran habe ich mich gehalten, auch wenn speziell dieses halbe Jahr unglaublich nervenaufreibend war.

Wenn Sie auf Ihre insgesamt sechs Jahre in Bad Dürrheim zurückblicken, zu welchem Fazit kommen Sie dann?

Im Moment überwiegt die Enttäuschung, dass der Abstieg noch möglich ist. Aber nach einiger Zeit werden die positiven Erinnerungen überwiegen. Schließlich haben wir in diesen sechs Jahren auch erfolgreiche Zeiten erlebt.

Was würden Sie dem FC Bad Dürrheim für die nahe Zukunft mit auf den Weg geben?

Zu diesem Thema werde ich mich nicht äußern.

Wie sehr hat sich der Fußball im Bereich der Verbandsliga in all diesen Jahren aus Ihrer Sicht verändert?

Insgesamt – und ich spreche da auch sicherlich für einige Trainerkollegen von mir – hat bei den Spielern die Konzentration auf den Fußball und die Einstellung dazu etwas nachgelassen. Es gibt jetzt immer mehr andere Dinge, welche für  die Spieler wichtiger sind. Sie sagen auch einmal Trainings- oder Spieltermine aus Gründen ab, die früher undenkbar gewesen wären. Andererseits glaube ich nicht, dass trotz allem das spielerische Niveau in der Verbandsliga in all den Jahren abgenommen hat.

Wie sehen Ihre eigenen Pläne für die Zukunft aus? Ist es richtig, dass man Sie zunächst eher im Scouting-Bereich als auf der Trainerbank wiedersehen wird?

Dies könnte passieren. Es wäre ein Arbeitsfeld, das mich sehr interessiert. Und man hätte sicherlich zeitlich mehr Freiheiten und nicht mehr diesen großen Druck, dem man sich als Trainer Spieltag für Spieltag aussetzt.

Eine Fortsetzung Ihrer Trainerkarriere wird es also nicht mehr geben?

(lacht). Man soll ja niemals nie sagen, aber es müsste ein Verein mit Ambitionen sein. Ich möchte nicht mehr mit einer Mannschaft über einige Jahre hinweg überwiegend nur um den Klassenerhalt spielen.  

Die Fragen stellte Michael Bundesmann

Bilanz

Der Tiefpunkt

Mit dem 14. Tabellenrang landete der FC Bad Dürrheim in dieser Verbandsliga-Saison auf einem "indirekten" Abstiegsplatz und muss nun auf den Vizemeister Freiburger FC hoffen. Es war die schlechteste Platzierung der Salinenstädter seit ihrem Aufstieg vor fünf Jahren. Insgesamt holte die Mannschaft 36 Punkte, davon 20 zu Hause. In der Heimtabelle der Verbandsliga bedeutet dies Rang 13. Auswärts lief es mit 16 Zählern (Platz 15) nicht ganz so gut.

14 Spieler zeigten sich für die 54 (1,59 je Spiel) geschossenen Tore verantwortlich. Lediglich Nico Tadic (12) und der im Winter zum SC Pfullendorf gewechselte Mustafa Akgün (11) konnten mehr als zehn Tore erzielen. Einen beachtlichen dritten Rang belegte Abdullah Cil mit sieben Toren.

73 (2,15 je Partie) Gegentreffer zeigen, wo in Bad Dürrheim in dieser Saison der Schuh drückte. In der Vergangenheit war die Abwehr das Prunkstück der Salinenstädter.

Insgesamt kamen 27 Spieler zum Einsatz. Kein einziger Akteur konnte alle Spiele bestreiten. Patrick Detta kam in 32 Partien in 2813 Minuten zum Einsatz. Ihm folgen mit 2718 Minuten in 31 Partien Jonas Kapp sowie Nico Tadic mit 2405 Minuten in 30 Spielen.

Etwas überraschend ist, dass der Routinier Selim Altinsoy mit zehn Einwechslungen der Joker der Truppe war. Ihm folgen Abdullah Cil und der Älteste Bora Ikiz mit jeweils neun Einwechslungen. "Auswechselkönig" war Ali Sari, der 15 Mal frühzeitig das Feld verließ. In der Fairnesstabelle belegen die Bad Dürrheimer Platz acht.

"Bösester Bube" war mit zehn Verwarnungen Joshua Woelke.