Mats Hummels und Thomas Müller sind zurück in der DFB-Elf – um die vier England-Legionäre Gündogan, Werner, Rüdiger und Havertz dagegen gibt es einige Fragezeichen.
Seefeld - Die Ankunft in der EM-Blase geriet für Thomas Müller und Mats Hummels wie erwartet. Abgeschirmt von der Außenwelt kamen die Weltmeister am Freitag in einer Limousine (Hummels) und in einem Kleinbus (Müller) am Mannschaftshotel an, ein paar Schaulustige wollten einen Blick auf das per DFB-Fahrdienst nach Seefeld eskortierte Rückkehrerduo erhaschen. Das war dann auf der Anhöhe, auf der das Mannschaftshotel steht, aber nur ein paar Fernsehteams überlassen – die dann am Ende doch noch ein bisschen näher ran durften, um das so sensationelle, unverzichtbare und für alle Zeiten unvergessene Bild aufzunehmen, wie ein Mensch aus einem Auto steigt, seinen Koffer schiebt und ein Hotel betritt.
100 Medienvertreter, zehn Kamerateams
Ein paar Stunden später dann war das Aufgebot und der Aufruhr weiter unten im Ort noch größer – das erste Training stand am späten Freitagnachmittag an, und rund 100 Medienvertreter sowie zehn Kamerateams waren live dabei, als Müller und Hummels nach ihrer Ausbootung Anfang 2019 zum ersten Mal wieder unter dem Bundestrainer Joachim Löw trainierten. Als sie also flachsten, sich aufwärmten und die Kugel hochhielten – und mit der DFB-Elf so in die EM-Vorbereitung starteten.
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Die Bedingungen, die die prominenten Rückkehrer vorfanden, nun ja, die waren schon mal formidabel. Strahlender Sonnenschein, sattes und saftiges Grün auf den Rasenplätzen unter der Skisprungschanze, umrandet von den Tiroler Alpen – es ließ sich gut an in Seefeld für den DFB-Tross. Der sich allerdings, sportliche Postkartenidylle hin oder her, noch immer – oder besser: mehr denn je – in einer abgeschirmten Blase befindet. Und diese nun im Laufe der Vorbereitung und der EM nicht mehr verlassen wird.
In diese Blase hinein platzte nun, wenn man so will, eine gute und eine schlechte Nachricht. Denn der Bundestrainer Joachim Löw kann im Trainingslager in Seefeld wie erhofft auf seine England-Legionäre, die Champions-League-Finalisten Timo Werner, Kai Havertz und Antonio Rüdiger (alle FC Chelsea) sowie Ilkay Gündogan (Manchester City), zurückgreifen – er muss im weiteren Verlauf der Vorbereitung aber um ihre Teilnahme bangen. Für Einreisende aus Virusvariantengebieten wie Großbritannien sind in Deutschland generell 14 Tage Quarantäne vorgeschrieben, ein „Freitesten“ ist nicht möglich.
Nationalspieler in Österreich von Quarantänepflicht entbunden
In Seefeld aber stellt sich die Sache nun so dar: Nach einem Erlass des österreichischen Gesundheitsministers wurden die betroffenen Nationalspieler von der Quarantänepflicht in der Alpenrepublik entbunden. Das Trainingslager, hieß es zu dieser Ausnahmegenehmigung, sei „im absolut zwingenden Interesse der Republik Österreich“ – zur Freude des DFB-Direktors Oliver Bierhoff. „Ich bin sehr dankbar, dass die österreichischen Behörden flexibel und gut reagiert haben und die Profisportler ausgenommen haben“, sagte er. Normalerweise müssten die England-Legionäre auch in Österreich für zehn Tage in Quarantäne, erst nach fünf Tagen könnten sie freigetestet werden – und dieses Szenario droht nun in Deutschland nach wie vor. Am 7. Juni testet die DFB-Elf in Düsseldorf gegen Lettland, am 8. Juni bezieht der Tross das EM-Quartier in Herzogenaurach – und am 15. Juni startet für das Team von Joachim Löw das Turnier in München gegen Frankreich. „In Deutschland wird es zum Problem“, sagte Bierhoff nun. „Das macht mir noch ein bisschen Kopfzerbrechen.“
In Deutschland wird noch eine Lösung gesucht
Denn aktuell ergibt sich durch die verschiedenen Verordnungen dieses Szenario, das die reiche Geschichte an Kuriositäten und besonderen Behandlungen des Profifußballs zu Coronazeiten um eine besonders skurrile ergänzt: Deutsche Nationalspieler, die nach Österreich einreisen, sind also „im absolut zwingenden Interesse der Republik Österreich“. Für Deutschland aber, ihr Land also, sind sie das – Stand jetzt – noch nicht.
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Oliver Bierhoff arbeitet mit seinem Team nun an Lösungen – mit den deutschen Behörden und der Europäischen Fußballunion (Uefa). Die Hoffnung im deutschen Lager: Die DFB-Elf ist nicht die einzige, die bei der EM auf England-Legionäre setzt, etliche Teams spielen obendrein auch in München – das schreit, zumindest aus Sicht der einzelnen Teams, nach einer einheitlichen Lösung fürs Turnier.
In der Vorbereitung darauf begrüßte Bundestrainer Löw in Seefeld nun neben seinen Rückkehrern Hummels und Müller am Freitag 18 weitere Spieler, darunter auch die England-Profis Bernd Leno (FC Arsenal) und Robin Koch (Leeds United).
Wie das Finalquartett der Königsklasse um Gündogan und Rüdiger waren dagegen auch Toni Kroos und Leon Goretzka zum Auftakt noch nicht dabei. Kroos weilt nach seiner Corona-Erkrankung noch in Madrid und soll nach negativen Tests „in den nächsten zwei bis drei Tagen“ nachkommen, so Oliver Bierhoff. Leon Goretzka trainiert nach seiner Muskelverletzung individuell und soll Anfang nächster Woche anreisen – so wie Gündogan, Rüdiger, Werner und Havertz.
Wie lange dieses Quartett dann weiter im Kreise der DFB-Elf weilen darf, das allerdings erscheint offener denn je.