Viele Stationen bei oberklassigen Vereinen hat Mahir Savranliglu hinter sich, der jetzt seine erste Traineraufgabe bei der TSG Wittershausen übernimmt. Foto: ah

Fußball: Ex-Profi Mahir Savranlioglu arbeitet in Horb als Autoverkäufer.  "Ich bin glücklich, so kann es bleiben".

"Jetzt, wo wir unseren Sitz hier haben, können wir an die Familienplanung denken", sagt Ex-Fußballprofi Mahir Savranlioglu. Nach einem Kreuzbandriss 2013 war der Rexinger ganz unten. Jetzt ist er Autoverkäufer auf dem Horber Hohenberg.

Für Mahir Savranlioglu (31) fügt sich zum Schluss doch alles zum Besten, denn der Kreuzbandriss im September 2013 bedeutete das Aus für die Profi-Karriere des Mittelfeldmanns der Stuttgarter Kickers, die damals in der 3. Liga spielten. Jetzt ist Savranlioglu Autoverkäufer. Er sagt: "Du verdienst in der 3. Liga gutes Geld, aber Du kannst keine großen Reserven schaffen. Ohne Arbeit geht es nicht weiter."

Als sein Vertrag bei den Kickers wegen der Verletzung nicht verlängert wurde, feierte Savranlioglu am 18. Oktober 2014 Hochzeit mit seiner Frau Tugba in der Hohenberghalle. 500 Gäste kamen – auch ehemaligen Mannschaftskameraden wie Vincenzo Marchese, Fabian Gerster und Royal-Dominique Fennell tanzten mit Savranlioglu.

Anfang 2015 dann das nächste Glück für den arbeitslosen Fußballspieler: Der SGV Freiberg holte den Rexinger in die Oberliga. "Präsident Emir Cerkez hatte mir das Angebot gemacht, dass ich spielen und gleichzeitig eine Ausbildung zum Automobilkaufmann machen kann", erinnert sich der in Herrenberg geborene Deutsch-Türke.

Da war sie dann, die zweite Chance. Savranlioglu: "Ich war kein besonders guter Schüler. Ich habe hauptsächlich Fußball gespielt. Erst auf den Straßen von Rexingen, dann in Ergenzingen, bei Uerdingen und Schalke. Die Hauptschule habe ich noch geschafft, doch die Realschule habe ich abgebrochen." Aber auch das Autoverkaufen hat schon in Savranlioglus Kindheit eine große Rolle gespielt: "Mein Onkel Yussuf Sengin hat damals in der Schwabengarage gearbeitet. Das war mein großes Vorbild.  Denn als Verkäufer hast Du immer mit Menschen zu tun. Deshalb ist der Beruf ideal für mich. Für mich war es Gold wert, dass mir der SGV Freiberg auch den Ausbildungsplatz angeboten hat", betont der Ex-Profi.

Also kniete sich Savranlioglu doppelt rein – einmal auf dem Spielfeld für den SGV Freiberg und dann bei einem Opel-Autohaus in Großbottwar. Savranlioglu grinst: "Das war total ungewohnt. Bei den Kickers hast Du zwei Stunden am Tag trainiert. Danach sind wir mit der Sonnenbrille ins Eiscafé gegangen und haben es uns gut gehen lassen. Doch ich wollte es bei Opel unbedingt schaffen, die verkürzte Ausbildung in zwei Jahren zu machen. So habe ich mir die Urlaubstage so aufgespart, dass ich zum Schluss drei Monate frei hatte. Da habe ich mich dann intensiv auf die Prüfung vorbereitet."

Mit Erfolg. Gleichzeitig hatte sich der 31-Jährige dann bei der AHG in Horb beworben. Denn egal ob Stuttgart oder Freiberg – Savranlioglu blieb in Rexingen wohnen und pendelte täglich zur Arbeit. 2012 hatte er im Gespräch mit unserer Zeitung gesagt: "Ich bin ein Rexinger Jung. Hier im Neckartal ist meine Heimat, da fühle ich mich wohl."

Mit der Zusage von AHG-Chef Bernd Gall schloss sich dann wieder der Kreis für den Ex-Profi: Nicht nur in Horb wohnen, sondern auch hier arbeiten – und spielen. Denn vor einem Jahr wurde der nächste Traum wahr: Savranlioglu wurde Spielertrainer bei A-Ligist TSG Wittershausen. "Der Fußball hat mich nicht losgelassen. Ich hatte schon immer vor, Trainer zu werden. Und bei Wittershausen läuft es sehr gut. Nur noch ein Punkt, und wir sind aufgestiegen", freut sich der 31-Jährige.

Das Erfolgsrezept: die harte Professionalität. Savranlioglu: "Es heißt immer: In der Kreisliga wird mehr getrunken als gespielt. Das ist bei uns nicht so. Wir trainieren dreimal die Woche. Zigaretten oder Alkohol vor dem Spiel – das geht gar nicht. Auch aus gesundheitlichen Gründen. Die Jungs wissen das zu schätzen, alle ziehen mit. Sie fühlen sich professionell, sind konzentriert und wollen gewinnen." Savranlioglu, der selbst bereits elf Tore zum Erfolg beigesteuert hat, nimmt sich davon nicht aus: "Vor dem Spiel und dem Training mache ich um 12 Uhr Feierabend, esse Nudeln und trinke eine Flasche Wasser. Dann mache ich einen Spaziergang, so wie früher. Denn vor jedem Spiel bin ich nervös."

Die Stuttgarter Kickers sind jetzt in die Oberliga abgestiegen. Savranlioglu: "Mein Herz blutet mit den Kickers. Was wir damals aufgebaut haben, haben die im Verein kaputtgemacht. Dass ein Verein wie die Kickers in der Oberliga herumgurkt, ist eigentlich eine Frechheit."

Es ist ein schmerzhafter Rückblick, denn seine besten sportlichen Momente hatte der Rexinger bei den Stuttgarter Kickers. Der beste: der Aufstieg in die 3. Liga im Jahr 2012 – damals unter seinem "besten Trainer" Dirk Schuster, der anschließend Darmstadt in die Bundesliga führte. Savranlioglu: "Dirk war hart zu uns, aber sehr, sehr fair. Er hat uns beigebracht, dass man hart für seine Erfolge arbeiten muss. Bernd Gall ist genauso. Nur nicht so hart. Er ist ehrlich und direkt und ein sehr guter Motivator."

Einer der erfolgreichsten Fußballspieler Horbs ist nun heimgekehrt – auch in seinen Beruf. Savranlioglu: "Es gibt bestimmt jede Menge Fußballer aus der 2. oder 3. Liga, die depressiv sind. Eine Verletzung und alles ist vorbei. Ich kann nur an jeden Profi-Fußballer appellieren, eine Ausbildung zu machen. Ich hatte das Riesen-Glück, dass noch nach der Karriere hinzubekommen. Ich bin glücklich, so kann es bleiben." Nun soll es an die Familienplanung gehen.