Peter Flaig ist der Leiter der Sportredaktion. Foto: Schwarzwälder Bote

Relegation: Für die einen ist es ein Höhepunkt, für den anderen ein Ärgernis. Wir stellen Pro und Contra gegenüber.

Für die einen ist es ein Höhepunkt an Spannung und Dramatik, für die anderen eine unnütze Zuspitzung der Auf- und Abstiegsfrage auf zwei Partien: die Relegation. Stimmen, die eine Abschaffung fordern, gibt es immer wieder. Soll es die Relegation weiter geben?

PRO

Relegation ist nicht in erster Linie Bestrafung. Relegation ist eine Chance. Für beide Beteiligten. Und für die Fans ist es ein spannendes Drama. Das ist das, was wir sehen wollen: Wie in einem Pokalendspiel erhält der Sieger alles, der Verlierer nichts. Bis in die untersten Klassen hinein elektrisiert die Relegation die Massen. Wenn sich normalerweise 20 Zuschauer am Spielfeldrand der Kreisliga verlieren, kommen bei den Spielen, die über Auf- und Abstieg entscheiden, plötzlich Tausende.

Und es entwickeln sich Spiele, über die man noch Jahre später spricht. Ganz unten wie ganz oben. Zum Beispiel der 1. Juni 2015: Der Karlsruher SC ist in den Relegationsspielen gegen den Hamburger SV so gut wie aufgestiegen, als Schiedsrichter Manuel Gräfe einen Freistoß für den HSV aus 18 Metern verhängt – weil Jonas Meffert am Armansatz angeschossen wurde. Der Rest ist bekannt. Hamburg trifft – und rettet sich erst in die und dann in der Verlängerung. Drama eben. Und ein Spiel, das man nicht vergisst. Auch wenn es einem KSC-Fan auch nach vier Jahren noch wehtut.

Für die Spannung in der Liga sind derartige Entscheidungsspiele mehr als zuträglich. Wie lange schon wären Hannover und Nürnberg abgestiegen gewesen, wenn nicht der Strohhalm "drittletzter Platz" Spieler, Trainer und Fans noch hätte hoffen lassen?

Natürlich hat der Meister das Recht auf den Aufstieg. Aber der Drittplatzierte? Union Berlin hat eine tolle Runde gespielt – und kann diese mit dem Aufstieg krönen. Unter der Beachtung ganz Fußball-Deutschlands. Man kann zwar sagen, dass es ein Armutszeugnis ist, mit 28 Punkten die Chance zum Klassenerhalt zu bekommen. Aber diese Chance muss man auch erst einmal nutzen. Oder man wird bestraft. Drama eben.

Zur Person: Peter Flaig ist der Leiter der Sportredaktion.

CONTRA

Nein, wenn man den Fußball so richtig liebt, kann man einfach nicht für die Relegation (abgeleitet vom lateinischen "relegatio", also "Fortschickung" oder "Verbannung") sein. Sie ist eine unsägliche Erfindung, die einer Mannschaft – ganz egal in welcher Spielklasse sie kickt –, eine letzte Chance gibt, ihre sportliche Zugehörigkeit zu beweisen. Die Performance einer fast kompletten Runde wird einfach ad absurdum geführt. Es kann und darf doch nicht sein, dass ein Trainer seinen Spielern plötzlich sagen kann: "Wir haben die Relegation in der Tasche. Diese Chancen müssen wir nutzen."

Ein Blick auf die Statistik zeigt, dass die Relegation in erster Linie dem Schutz der Erstligisten dient. Ein Beweis: Letztmalig gelang es 2012 einem unterklassigen Team, einem großen Klub aus der Beletage vors Schienbein zu treten. Die Düsseldorfer Fortunen schafften über Hertha BSC Berlin den Sprung in die Bundesliga.

Eine klare Gliederung zu Beginn der Runde, als ganz genau feststand, welche Ränge den Abstieg bedeuteten oder den Meistertitel einbringen, gehört einfach wieder her. Auch wenn es für den einen ums nackte Überleben und für den anderen um den lang ersehnten Aufstieg in die höhere Spielklasse geht.

Nicht unerwähnt bleiben darf, dass in der Relegation die Emotionen noch höher als sonst kochen. Oft genug kommt es zu Ausschreitungen – wie 2017, als aufgebrachte Löwen-Fans, den Abstieg ihrer Mannschaft in die 3. Liga vor Augen, während der Partie gegen Jahn Regensburg randalierten. Ein Platzsturm konnte damals nur mit einem Großaufgebot der Polizei verhindert werden. Auch deshalb ist es fairer, die gesamte Spielzeit zu werten. Die Relegation verdreht die sportliche Realität.

Zur Person: Holger Schroeder ist Mitglied der Sportredaktion.