Starke "Waffe" für Schiedsrichter auch bei Tätlichkeiten von Spielern: die Rote Karte. Foto: Gora

Lehrwart greift Thema bei jüngster Schulung der Schiedsrichtergruppe Nördlicher Schwarzwald auf.

Diskriminierung und Gewalt haben keinen Platz auf den Fußballplätzen. Allerdings sieht die Realität anders aus. Deshalb stand das Thema auch bei der jüngsten Schulung der Schiedsrichtergruppe Nördlicher Schwarzwald im Mittelpunkt.

Dabei ging es darum, wie ein Schiedsrichter sich in solchen Fällen verhalten muss – gerade vor dem Hintergrund, da Woche für Woche auf deutschen Sportplätzen, auch in Baden-Württemberg, Schiedsrichter beleidigt, bedroht oder gar geschlagen, Spieler rassistisch beleidigt und diskriminiert werden.

Beim Referat des Lehrwarts Danny Kapell aus Gundelsheim ging es vordergründig um die "Besonderen Vorkommnisse", die bei einem Spiel auftreten können. Dabei sagte Kapell, dass sich "Gewalt und Diskriminierung immer mehr ausbreiten, und das bereitet uns Sorge, und zwar nicht nur dem DFB, sondern auch dem Württembergischen Fußballverband."

Delikte nehmen zu

Denn auch im Ländle nehmen die Delikte zu. Erst vor zwei Wochen wurde im Landkreis Böblingen ein Schiedsrichter von Zuschauern und Spielern zusammengeschlagen. An diesem Wochenende, und das ging am Montag durch alle Medien, schlug in Hessen ein Spieler einen Schiedsrichter mit einem Faustschlag nach einer Ampelkarte K.o..

Zu verhindern sind tätliche Angriffe nicht, aber vorbeugende Maßnahmen gibt es schon. Das fängt vor einem Spiel schon bei der Ordnergestellung durch die Vereine an. Die sind eigentlich verpflichtet, dass sich mindestens zwei Ordner vor dem Spiel beim Schiedsrichter vorstellen. "In 99 Prozent brauchen wir die Ordner nicht. Aber wenn wir sie bräuchten und es sind keine da, bekommen wir Probleme." Wenn keine Ordnung vorhanden sind, sollten die Schiedsrichter das unbedingt im Spielbericht vermerken.

Prüfen vor dem Anpfiff

Unter "Besondere Vorkommnisse", die ebenfalls zu melden sind, fallen zum Beispiel Dinge, die der Schiedsrichter vor dem Spiel zu prüfen hat, wie Mängel bei der Spielberechtigungskontrolle oder beim Platzaufbau. Im Spiel dann längere Spielunterbrechungen, zum Beispiel bei Verletzungen, alle Disziplinarstrafen, wobei seit dieser Saison neu ist, dass auch Teamoffizielle vom Schiedsrichter mit der Ampel- oder Roten Karte bestraft werden können.

Mit einer Ausnahme: Bei Jugendspielen darf ein Trainer, wenn er der einzige Teamoffizielle ist, nicht vom Platz gestellt werden, weil er als Aufsichtsperson auch die Aufsichtspflicht für die Jugendlichen hat. Sein Fehlverhalten ist dann nur zu melden. Und natürlich sind zum Beispiel Spielabbrüche und Zuschauerausschreitungen festzuhalten.

Thema Diskriminierung

Unter Gewaltdelikte fällt jeder körperlicher Angriff (schlagen, werfen, treten oder spucken), auch schon die Bedrohung, von Spielern untereinander, gegen den Schiedsrichter oder gegen Zuschauer. Viel zu wenig werde bisher auf Diskriminierung von Zuschauern reagiert. Dazu zählt alles, was sich gegen die Menschenwürde richtet, also rassistische, sexistische, herabwürdigende und verunglimpfende Äußerungen. Da sollen die Schiedsrichter sofort reagieren und das Spiel unterbrechen. Begehen Spieler die Tat, erhalten sie die Rote Karte und es geht mit einem indirekten Freistoß weiter.

Bei Zuschauervergehen läuft das Spiel bis zur nächsten Unterbrechung weiter. Der Schiedsrichter sollte dann den Spielführer einschalten. Der oder die betreffenden Zuschauer müssen das Sportgelände verlassen. Über den Platzlautsprecher sollte eine Durchsage erfolgen. Nach dem Spiel ist beim betreffenden Verein nachzufragen, welche Maßnahmen er gegen den oder die Täter (Spieler oder Zuschauer) ergreifen wird. Das hat möglicherweise Auswirkungen auf die spätere Bestrafung.

Tathergang genau schildern

Bei seiner Meldung sollte der Schiedsrichter den Tathergang möglichst ausführlich und genau schildern, wer was gesagt hat. Wo befand sich der Täter, wer hat die Diskriminierung noch wahrgenommen. Wie waren die Reaktionen nach den Maßnahmen des Schiedsrichters. Kapell sagte, dass Diskriminierungen deutlich höher bestraft werden als „normale“ Beleidigungen. Er wünschte allen Pfeifenmännern, dass sie nie in solche Situationen kommen mögen, dass sie aber wissen müssen, wie sich im Falle eines Falles zu verhalten haben.

Förderfonds eingerichtet

Schiedsrichterobmann Markus Teufel bedankte sich bei dem Lehrwart für das sehr "aufschlussreiche" Referat und gab noch einige aktuelle Informationen weiter. So gibt es einen Solidaritätsfonds für in Not geratene Schiedsrichter. Da lässt ein Förderverein betroffenen Kameraden eine finanzielle Unterstützung zukommen. Dazu ließ Teufel ein Sparschwein rumgehen.

Noch nicht rumgesprochen hat sich bei vielen Vereinen im Bezirk eine Neuerung seit dieser Saison, wonach bei Jugendspielen die Spesen vor dem Spiel zu entrichten sind. Und ein Ärgernis, das auch finanzielle Nachteile für den Bezirk mit sich bringt, sei, dass noch immer die Ergebnismeldungen und das Hochladen des Spielberichts nicht innerhalb einer Stunde nach Spielschluss erfolge.

"Der WFV greift ab jetzt rigoros durch und leitet ein Bußgeldverfahren ein." Gebe es Probleme mit dem Internet vor Ort, kann der Schiedsrichter den Bericht auch von zu Hause aus eingeben, müsse dann aber vermerken, dass das nach dem Spiel nicht möglich war. Damit umgehe er das Bußgeldverfahren.

Was können Trainer und Schiris im Amateurbereich gegen Gewalt tun?

Wir haben uns im Bezirk umgehört:  

Frank Möllenbeck (Vorsitzender TuS Ergenzingen und Teilnehmer des Schiedsrichter-Neulingskurses): "An erster Stelle sollte die Prävention stehen. Dabei steht der Verein in der Pflicht und sollte mit Betreuern, Spezialisten und den Zuschauern die Kommunikation suchen. Die Rahmenbedingungen wie Ordner stellen müssen gegeben sein. Kommen dann doch solche Extremfälle wie gesehen in Hessen vor, reicht meiner Meinung nach die Sportgerichtsbarkeit nicht mehr aus, sondern dann muss das vor einem Zivilgericht verhandelt werden. Schiedsrichter gilt es insgesamt zu stärken. Auch wenn es schon vor 15 Jahren Extremfälle gab, hat eine Verrohung doch zugenommen."  

Endrit Fejzullahi (Co-Trainer der C-Junioren-Mannschaft der SpVgg Freudenstadt): "Wir vermitteln unseren Spielern, dass das Spiel im Fokus steht und es nicht um Nebensächlichkeiten geht. Auch wenn es mal lauter wird, erinnern wir sie daran. Ich erinnere mich aber auch daran, dass in meiner C-Jugendzeit vor fünf, sechs Jahren noch mehr rumgeschrien wurde, da ging es aber auch um den Aufstieg, das ist schon ein Unterschied. Beleidigungen sollten generell nicht vorkommen, und geht es um körperliche Gewalt, reicht eine Rotsperre oder eine kleine Geldstrafe nicht aus, da sollte man viel weiter gehen."  

Markus Teufel (Schiedsrichterobmann im Bezirk Nördlicher Schwarzwald): "Ich halte unsere Schiedsrichter dazu an, es zu melden, wenn vor einem Spiel keine Ordner vorstellig werden. Nur dann können vom Verband auch Strafen verhängt werden. Allerdings kann auch ein Ordner bei so roher Gewalt wohl nicht schnell genug eingreifen. Ich habe allgemein den Eindruck, dass die Hemmschwelle immer weiter sinkt. Früher gab es auch Gemecker, aber das war mit Abpfiff vorbei – das ist heute anders. Wenn jemand den Schiri körperlich angreift, hat er nichts mehr auf dem Fußballplatz verloren."