Die Sitzplätze im Vereinsheim reichen nicht aus. Foto: Weisser

In einer hochemotionalen Versammlung stimmen die FV-08-Mitglieder über Fusionsgespräche mit Suebia ab. Erste Folgen zeichnen sich schon jetzt ab.

Eine Verschmelzung der beiden Rottweiler Fußballvereine, dem traditionsreichen FV 08 und dem jungen Suebia Charlottenhöhe, zu einem Verein ist wohl vom Tisch. Bei der außerordentlichen FV-08-Mitgliederversammlung verpasste der Antrag des Vorstands knapp die erforderliche Dreiviertelmehrheit.

 

Dabei ging es im rappelvollen Vereinsheim – etliche Mitglieder verfolgten die hoch emotionale Veranstaltung im Stehen – an diesem Abend zunächst nur um das Mandat für die Führungscrew der Nullachter, mit dem Fußballnachbarn Gespräche über eine Fusion aufzunehmen. Erst im zweiten Schritt hätten die Mitglieder über einen Vertragsentwurf abstimmen müssen.

Vom Tisch Doch dazu kommt es nach der geheim gewünschten Abstimmung nun nicht mehr. Was auffiel: Bei der Aussprache meldeten sich vorwiegend Befürworter zu Wort. Von den Gegnern waren kaum Argumente zu hören.

Flammendes Plädoyer Trotz eines flammenden Plädoyers des früheren 08-Kickers Mike Wutta, einem ebenso eindringlichen Appell des betagten 08-Granden Hugo Rapp sowie deutlichen Pro-Aussagen von Oberbürgermeister Christian Ruf und etlichen Hauptsponsoren fehlten am Ende zehn Stimmen.

Zustimmung von 68,5 Prozent

Auf 68,5 Prozent der abgegebenen Abstimmungszettel (102) war ein Ja angekreuzt. 75 Prozent wären nötig gewesen. 47 Mitglieder stimmten mit Nein.

Stellenwert des Fußballs Vorstandsmitglied Anja Faras konnte ein breites Spektrum an Mitgliedern begrüßen – darunter eine Vielzahl ehemaliger Schwarz-Gelb-Kicker der vergangenen Jahrzehnte. Die Kräfte auf dem Fußballfeld, im Betreuerstab, im Jugendbereich sowie in der Vereinsführung zu bündeln und dabei gemeinsam den ramponierten Stellenwert des Fußballs in Rottweil wieder aufzupolieren, das sei mit einer Verschmelzung zu erreichen, erklärte sie in ihren einführenden Worten. Die Jugendlichen in der Stadt sollten auch in zehn Jahren noch Chancen haben, Fußball zu spielen, das sei man dem Nachwuchs schuldig, meinte die für Marketing und Sponsoring zuständige FV-08-Funktionärin.

Konsequenzen Faras erklärte nach der Ablehnung, dass sie ihr Amt zur Verfügung stelle. Finanzchef Michael Kiener werde in zwei Wochen nicht mehr kandidieren, hieß es. Er hatte der Versammlung die prekäre finanzielle Situation des Vereins erläutert. Nach der Übernahme des Amtes vor zwei Jahren sei er schnell „ernüchtert“ gewesen. Kiener („Wir verlieren nicht Vermögen, sondern es kommt noch was dazu“) hat zudem dem Vorwurf widersprochen, der Verein verschenke das Vereinsheim. Auch der Vorstand Vereinsleben, Matthias Hertkorn, wird nicht mehr antreten.

Moderierte Aussprache

Die Aussprache moderierte der frühere Schuleiter der Konrad-Witz Schule, Willy Schmidt. Zuerst stellte er fest, dass der Verein keineswegs „pleite“ sei. Die Kinder und Jugend bezeichnete Schmidt als „Tafelsilber des Vereins“. Das lasse sich der FV 08 im Jahr 60 000 Euro (ein Drittel der Gesamtausgaben) kosten, betonte Kiener. „Die Sueben brauchen unsere Jugendspieler“, kam als Einwand von einem Mitglied aus der Mitte der Versammlung. Das ließ Philipp Kleiter, er ist in beiden Vereinen Mitglied und bei den Sueben sportlicher Leiter, so nicht stehen. Auch „Suebia“ pflege die Jugendarbeit, ließ er wissen.

Provokante Aussage In weiteren Wortbeiträgen wurden große Synergieeffekte im Nachwuchsbereich als ein gewichtiges Argument angeführt. „Es ist schade, dass der Fußball in Rottweil keinen Stellenwert mehr hat“, bedauerte Kleiter. Gibt es in manchen 08-Köpfen ein „Feindbild Suebia“? Dies unterstellte Schmidt provokativ und erntete dafür heftige Kritik. Der Trainer der ersten Mannschaft, Gustl Alfidi, verneinte dies. Auch Dragan Rajic („Wir hassen uns nicht“) wies die im Raum stehende Aussage zurück. Hugo Rapp, über Jahrzehnte Kicker im schwarz-gelben Trikot, brach eine Lanze für die Fusion, „obwohl es mir weh tut“. Doch der Zusammenschluss sei die einzige Chance für die Zukunft. Die selbe Meinung äußerte der frühere Schiedsrichter Dieter Lamparter. Genau wie Rapp forderte er, dass „FV 08“ im neuen Namen erscheinen sollte.

Anja Faras Foto: Weisser

Befindlichkeiten Seit 20 Jahren sei der FV 08 „auf Kante genäht“, sagte Wutta. Rational spreche nichts dagegen, es gebe nur emotionale Befindlichkeiten, stellte der Unternehmer unter großem Beifall aus dem Saal fest. Sollte die Chance nicht genutzt werden, sei nicht auszuschließen, dass der Verein in naher Zukunft nicht mehr existiere, befürchtet Wutta.

Auf Kante genäht

Auf Antrag findet die Abstimmung geheim statt. Foto: Weisser

Die Sponsoren seien bei einer Fusion bereit, „mehr zu tun“, erklärte Rüdiger Gulde. Weiteres Argument aus seiner Sicht für eine Verschmelzung: Mehr als 20 Personen aus beiden Vereinen hätten sich bereit erklärt, Verantwortung in den Führungsgremien zu übernehmen. Am Schluss legte Schmidt („Das ist meine persönliche Meinung“) die Moderatorenrolle ab und warb für den Zusammenschluss.

Zu Beginn war ein Antrag auf Zurückhaltung des Abstimmungsergebnisses (bis nach der Versammlung der Sueben) mit großer Mehrheit zurückgewiesen worden.