Die drei Fußballverbände in Baden-Württemberg haben sich für einen Abbruch der seit März unterbrochenen Saison ausgesprochen und einen Beschlussentwurf aufgesetzt. Die Stimmungslage im Bezirk? Ganz verschieden.

Die Quotienten-Regelung soll’s also werden – das haben der Badische, der Württembergische und der Südbadische Fußballverband am Dienstag in einer gemeinsamen Video-Pressekonferenz verkündet. Die Rechtslage unterschiedlichster Szenarien wurde geprüft, die erarbeitete Beschlussvorlage sei die gangbarste Lösung, hieß es. Aufsteigen soll also die Mannschaft jeder Liga, die nach Ermittlung des Punkte-Quotienten vorne liegt, Absteiger und Relegationsspiele würde es in diesem Szenario nicht geben. Entscheiden müssen die außerordentlichen Verbandstage der drei Verbände.

LANDESLIGA

Für den FC Holzhausen würde diese Lösung den ersehnten Aufstieg in die Verbandsliga bedeuten. "Wir freuen uns, wenn’s tatsächlich so kommt", sagt Trainer Martin Kiefer. "Ich denke, dieses Szenario ist noch das fairste, beziehungsweise das mit dem geringsten Schaden." Der Sport aber lebe von Euphorie und Emotionen – "und dieser Aufstieg fällt jetzt in eine Zeit, in der es nicht gerade viel Euphorie gibt. Das ist natürlich etwas völlig anderes, als wenn man am vorletzten Spieltag die entscheidenden Punkte holt, das setzt etwas anderes frei." Nichtsdestotrotz ist die Vorfreude in Holzhausen selbstverständlich groß, die Kaderplanung schreitet bereits voran. Ab kommender Woche soll in Sulz zudem wieder in Kleingruppen trainiert werden.

Man hat sich für die Quotienten-Regelung entschieden. Aus rechtlicher Sicht sei das die gangbarste Möglichkeit. Die bislang gesicherten Punkte werden durch die Anzahl der absolvierten Spiele geteilt.

BEZIRKSLIGA

In der Bezirksliga steht die SG Empfingen, die sich im vergangenen Jahr erst in der Relegation den Klassenerhalt gesichert hat, an der Spitze und wird – sofern der Beschlussvorlage zugestimmt wird – in die Landesliga aufsteigen. Zur Freude von Coach Philipp Wolf, der sich seiner Sache jedoch noch nicht ganz sicher ist: "Verfrühte Glückwünsche sollen ja Unglück bringen", sagt er. "Da warten wir lieber die offizielle Entscheidung ab. Allerdings habe ich in den letzten Tage schon zahlreiche Glückwünsche bekommen, unter anderem auch von Trainerkollegen. Das hat mich besonders gefreut."

Natürlich könnten sich die Teams, die in Reichweite zur Spitze stehen, benachteiligt fühlen. "Mit diesem Weg werden aber mehr Teams bevorzugt als benachteiligt", sagt er, "da gibt es leider keine ›eierlegende Wollmilchsau‹". Sein Team wird nach den Lockerungen ab Freitag gemäß der Hygienevorschriften wieder in Kleingruppen trainieren, die Vorfreude darauf sei bei allen groß. Die Wiederaufnahme des Trainings plant auch der SV Vollmaringen. Beim SV Wachendorf, der SGM Felldorf/Bierlingen, dem TuS Ergenzingen und der SG Vöhringen wird derweil noch auf eine offizielle Entscheidung gewartet.

Ganz anders als für die SG Empfingen stellt sich die Situation für den Tabellenzweiten, die SG Herzogsweiler-Durrweiler, dar, erklärt Abteilungsleiter Johannes Leibold: "Wir sind ganz klar für die Weiterführung der Saison. Hier kann als Musterbeispiel der Beschluss und die Entscheidungsfindung des bayerischen Fußballverbandes angeführt werden." Dort wurden die Vereine frühzeitig einbezogen, man plant eine Fortführung der Saison von September an. "Dies ist aus sportlicher Sicht die fairste und transparenteste Lösung", sagt Leibold. "Der WFV geht hier den Weg des geringsten Widerstandes, um die favorisierte Lösung mehrheitsfähig zu machen", sagt er. "Wir sehen uns bei einem Abbruch der Saison um die Möglichkeit gebracht, aufzusteigen beziehungsweise die Relegation zu spielen. Uns ist bewusst, dass es in solch einer Situation keine Ideallösung gibt, die allen Interessen gerecht wird. Aber mit der aktuellen Vorgabe sind wir nicht einverstanden und fühlen uns auch als Verein übergangen."

Das scheint auch Timo Rath, Coach der TSF Dornhan, verstehen zu können: "Für die meisten Vereine wird es okay sein, wenn abgebrochen wird. Lediglich die Relegationsaspiranten könnten dagegen sein", sagt er. "Was mich stört, ist das schleppende Verfahren: Jetzt muss man wieder bis Ende Mai warten."

Holger Kreidler, Vorsitzender der SF Salzstetten, ist derweil froh, ein Stück mehr Planungssicherheit zu haben. "Egal, wie die Verbandsoberen entschieden hätten, es hätte immer Gewinner und Verlierer gegeben." Er ist sich aber sicher, dass sein Team, obwohl es derzeit am Tabellenende steht, den Klassenerhalt auch sportlich geschafft hätte. Auch der Vorletzte, der SV Mitteltal-Obertal, würde profitieren. "Wir wären natürlich glücklich, auch in der kommenden Saison der Bezirksliga anzugehören", sagt Co-Spielertrainer Michael Schmelzle. "Wir hätten die Saison aber lieber zu Ende gespielt. Jetzt hoffen wir, dass der Saisonstart 20/21 absehbar ist."

KREISLIGA A1

Hier führt zwar aktuell der SV Dietersweiler mit 39 Punkten aus 17 Partien vor dem SV Oberiflingen (37 Punkten, 16 Spiele) die Tabelle an. Nach der Quotienten-Regelung hat die Mannschaft vom Wasserturm mit 2,31 zu den 2,29 Punkten des SVD aber knapp die Nase vorn. Damit würde der SVO, sollte der Verbandstag zustimmen, der direkte Wiederaufstieg gelingen.

Frank Kilian vom SV Dietersweiler ist – wenig überraschend – nicht gerade angetan von diesem Szenario. "Wir sind natürlich enttäuscht, dass wir nicht einmal ein etwaiges Relegationsspiel austragen können. Ich habe darauf gehofft, dass es zwei Aufsteiger geben wird, ähnlich wie in Schleswig-Holstein", sagt er. "Es tut mir vor allem für meine Spieler sehr leid, die bis zum Abbruch eine sehr gute Saison gespielt haben. Wir hätten bestimmt bis zum letzten Spieltag um den direkten Aufstieg gekämpft." Damit sind auch die beiden klar gewonnenen Direktvergleiche mit dem SVO (6:0 und 6:2) völlig wertlos.

Der SV Oberiflingen und Trainer Sebastian Schmid fühlen mit dem Konkurrenten. "Wir hätten die Aufstiegsfrage sicherlich viel lieber sportlich entschieden. Ich glaube auch, dass wir zusammen mit dem SVD bis zum letzten Spieltag um den Aufstieg gekämpft hätten", erklärt er. "Jetzt sieht es ganz so aus, als hätten wir uns ganz knapp durchgesetzt. Ich kann mich ganz gut in die Lage des SVD hineinversetzten und kann verstehen, dass sie mit diesem Ausgang nicht zufrieden sind." Der mögliche Wiederaufstieg fühle sich unter diesen Umständen schon "etwas gewöhnungsbedürftig" an.

Größter Profiteur in der Kreisliga A1 ist die SG Hopfau/Leinstetten, die der Liga wohl auch als abgeschlagenes Schlusslicht mit einem Punkt aus 16 Partien erhalten bleibt. Hopfaus Abteilungsleiter Jan Mutschler ist "total happy", dass seinem Team der Abstieg erspart bleibt. "Wir wären sportlich unter normalen Umständen nicht zu retten gewesen", sagt er. "Daher müssen wir den coronabedingten Saisonabbruch als Chance für die neue Saison sehen, um es besser zu machen."

KREISLIGA A2

In Richtung Bezirksliga würde es der Beschlussvorlage zufolge auch für die SG Altheim/Grünmettstetten gehen. "Es musste ja mal eine Entscheidung fallen, zumal nicht sicher ist, ob im September schon gespielt werden kann", sagt Trainer Sven Hayer. "Die Verbände haben auch rechtlich alles sehr gut geprüft. Dass die Vereine jetzt gefragt werden, ist ein Votum und keine Abstimmung, letztendlich entscheidet der Verbandstag. Außer den Relegationsaspiranten wird es nicht viele Gegenargumente geben", glaubt er. "Wir steigt damit wohl auf, eine Meisterschaft auf dem Platz wäre mit aber lieber gewesen."

Der viertplatzierte ASV Bildechingen hat mit 15 Spielen noch zwei Partien weniger ausgetragen, als die drei vor ihm liegenden Teams. Von Unmut aber keine Spur: "Klar hätten wir nochmal alles versucht, um vorne anzugreifen und die Relegation gerne anvisiert. Aber als Verlierer sehen wir uns keineswegs", sagt Vorstandsmitglied Karl-Josef Rebmann. "Wir akzeptieren die Regeln, da bricht niemand in Tränen aus. Außerdem haben wir ein ganz junges Team – und dem tut ein weiteres Jahr in dieser Liga mit dem sehr guten Coach Herbert Meixner bestimmt gut", sagt er. "Ich gratuliere der SG Altheim/Grünmettstetten, die TSG Wittershausen tut mir ein bisschen leid. Das waren meiner Meinung nach die zwei besten Teams der Liga."

KREISLIGA B1

Ziemlich bedient sind die Spieler und Funktionäre des SV Tumlingen-Hörschweiler (Quotient: 2,64). Im Zweikampf mit dem SV Alpirsbach-Rötenbach (2,66) ziehen die Waldachtäler ganz knapp den Kürzeren. Dabei wird den Waldachtälern das aufgrund von starken Regenfällen abgesagte Spiel gegen den FC Horb vom 8. März zum Verhängnis. "Wir haben die Tabelle in dieser Saison überwiegend angeführt und stehen jetzt aufgrund eines ausgefallenen Spiels und weil wir kein Kunstrasenplatz haben mit leeren Händen da. Die Enttäuschung ist dementsprechend groß", sagt Tumlingens Abteilungsleiter Marco Schmelzle. "Meiner Ansicht nach wäre es die bessere Lösung gewesen, nur die Vorrunde zu werten. Aber egal was ich sage, wir stehen als schlechter Verlierer da."

Dagegen möchte Kai Walz, Trainer des SV Alpirsbach-Rötenbach, erst den Verbandstag abwarten. "Meines Wissens ist der Saisonabbruch noch nicht in trockenen Tüchern", sagt er. Dies sollte noch abgewartet werden. "Wenn es mit dem Aufstieg klappen sollte, freuen wir uns natürlich darüber. Wir haben aber auch Verständnis für Mannschaften wie der SV Tumlingen-Hörschweiler, die von dieser Regelung einen Nachteil haben."

Fragen und Antworten

Die drei Fußball-Verbände in Baden-Württemberg empfehlen einen Abbruch der seit Mitte März unterbrochenen Saison.

Bedeutet das automatisch das Ende der Saison?

Nein. Die endgültige Entscheidung muss in allen drei Verbänden ein außerordentlicher Verbandstag am 20. Juni treffen. Die Beschlussvorlage der Verbände sieht die Beendigung der Saison zum Stichtag 30. Juni vor, Spiele werden keine mehr stattfinden. Diese Regelung würde von der Kreis- bis zur Oberliga sowie im Jugendbereich gelten.

Wie soll die Saison dann gewertet werden?

Man hat sich für die Quotienten-Regelung entschieden. Aus rechtlicher Sicht sei das die gangbarste Möglichkeit. Die bislang gesicherten Punkte werden durch die Anzahl der absolvierten Spiele geteilt.

Was bedeutet die Regelung für Auf- und Abstieg?

Der Tabellenerste darf aufsteigen, Absteiger und Relegationsspiele soll es keine geben.

Gibt es ein alternatives Szenario, das der Verbandstag wählen kann?

Ja, als zweites Szenario steht eine Fortführung der Saison über den 30. Juni hinaus zur Debatte. Die Saison würde frühestens am 1. September fortgesetzt. Der Vorteil wäre, dass die Runde sportlich beenden könnte, allerdings gäbe es Probleme mit Wechselfristen und Vertragslaufzeiten.

Wie sieht es mit den Pokalwettbewerben aus?

Der Verbandspokal soll sportlich zu Ende gebracht werden, um den jeweiligen Teilnehmer für den DFB-Pokal zu ermitteln. Auch die Bezirkspokalwettbewerbe sind von einem möglichen Saisonabbruch vorerst ausgenommen. Wie und wann die ausstehenden Partien ausgetragen werden können, ist von den behördlichen Vorgaben abhängig.

Was würde ein Abbruch für die kommende Runde bedeuten?

Über den Modus der neuen Saison ist noch keine Entscheidung gefallen, da noch nicht absehbar ist, wann im Südwesten Mannschaftssport wieder erlaubt sein wird. Klar ist aber, dass wegen der fehlenden Absteiger die meisten Ligen aufgestockt werden müssen. Dadurch müssten mehr Spiele absolviert werden, zudem würde es einen verschärften Abstieg geben, um die Sollgröße der Staffeln wieder zu erreichen.