Noch steht die Zukunft von Bundestrainer Joachim Löw beim DFB in den Sternen. Foto: Charisius

Nationalmannschaft: Sehnsüchtiges Warten auf das "Ja" des (Noch)-Bundestrainers. Mit Umfrage

Während die Öffentlichkeit schon jetzt über mögliche Nachfolger von Joachim Löw diskutiert, hat der DFB wohl keinen echten Plan B.

Lothar Matthäus? Als in der Diskussion um einen möglichen Nachfolger für Bundestrainer Joachim Löw der Name des deutschen Rekordnationalspielers fällt, geht ein Raunen durchs Doppelpass-Publikum bei Sport1. Einige Zuschauer lachen sogar. Dabei müsste Matthäus ein natürlicher Kandidat sein. Müsste – denn tatsächlich gibt es keine echten Kandidaten.

Zum einen, weil sie wie Matthäus aus verschiedenen Gründen nicht infrage kommen. Zum anderen, weil der DFB alles auf die Karte Löw setzt. Reinhard Grindel und seine Präsidiumskollegen warten in der Frankfurter Zentrale sehnsüchtig auf das "Ja" aus Löws Rückzugsort Freiburg. Einen Plan B? Gibt es nicht. Nur eine knappe Stunde dauerte am Freitag die Telefonkonferenz des Präsidiums – ein 18-köpfiges Gremium mit meinungsfreudigen Vertretern wie BVB-Präsident Reinhard Rauball oder DFL-Chef Christian Seifert.

Kein Zweifel: der Richtige für den Neuaufbau

"Es herrschte schnell Einigkeit", sagte einer, der dabei war, "ganz ohne Aufregung." Löw sei der Richtige für den Neuaufbau, hieß es eilig – fertig. Seitdem liegt der Ball beim 58-Jährigen, der aus DFB-Sicht besser heute als morgen entscheiden soll. Wie passt das zu Grindels Aussage, jetzt sei eine "schonungslose Analyse" gefragt, das historische Vorrunden-Aus bei der WM müsse "Konsequenzen" haben? Wer analysiert da?

Löw und Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff – das Duo, das die Hauptverantwortung für die Katastrophe von Kasan trägt. Bierhoff gehört dem Präsidium an, er war am Freitag dabei, als die Löw-Frage (nicht) diskutiert wurde. An ihm wäre es, einen möglichen Nachfolger zu suchen. Der DFB hat sich Löw und Bierhoff ausgeliefert. Löws Tendenz geht dahin, weiterzumachen. Nach zwölf Jahren mit WM-Triumph und Confed-Cup-Sieg will er nicht als Verlierer gehen. "So nicht, das kann es nicht gewesen sein", laute sein Motto, zitiert der kicker aus Löws Umfeld. Löw selbst müsste also die "tief gehenden Maßnahmen und klaren Veränderungen" durchsetzen, die er nach der Rückkehr aus Russland angekündigt hatte.

Nicht wieder ein einfaches "Weiter so!"

Schon nach dem Halbfinal-Aus bei der EM 2016 hatten Löw und Bierhoff eine grundlegende Aufarbeitung angekündigt. Die überraschende Erkenntnis: Alle Parameter offenbarten, dass Deutschland das beste Team des Turniers gewesen sei, das Aus mithin unerklärlich. Die Folge: Ein "Weiter so!", das ins WM-Desaster führte.

Auch diesmal gäbe es genügend Anhaltspunkte, das Fiasko schönzufärben. Die deutsche Elf gab in Russland 72 Torschüsse ab – Rekord in der Vorrunde. Sie hatte 72 Prozent Ballbesitz und eine Passquote von 88,5 Prozent – beide Werte besser als beim Titelgewinn 2014. Doch die Daten zeigen auch, wo die größten Probleme liegen: Im Abschluss und im Umschaltspiel. Nur zwei Tore – und kein WM-Teilnehmer hatte eine schwächere Chancenverwertung. Löw müsste all diese Mängel beheben – und eine neue Mannschaft formen.

Mit Beginn der neuen Länderspiel-Saison am 6. September in München gegen Frankreich (Nations League) stünde er sofort unter massivem Ergebnisdruck. Trotzdem steht die Fußball-Republik nahezu geschlossen an Löws Seite. "Ich bin pro Jogi Löw", sagte auch der neue Bayern-Coach Niko Kovac: "Ich bin überzeugt, dass er der Richtige ist, um das wieder aufzubauen."