Luka Silic (blaues Trikot) scheut keinen Zweikampf. Foto: Eibner

Fußball: Neuzugänge des VfL Nagold. "Fußball ist ein total nötiger Ausgleich für mich".

Luka Silic ist nach drei Jahren wieder zum VfL Nagold zurückgekehrt. In dieser Zeit hat sich beim Innenverteidiger viel getan. Er hat sich sportlich extrem weiterentwickelt. Auch sein Jura-Studium steht inzwischen kurz vor dem Abschluss.

Für Luka Silic war das Spiel in Tübingen am vergangenen Wochenende ein besonderes. Zwei Jahre lang hatte der 23-Jährige quasi auf der anderen Straßenseite beim SV 03 gespielt. Dann wechselte er im Sommer zum VfL Nagold, für den er in der Saison 2014/15 ebenfalls in der Verbandsliga gespielt hatte. Ausgerechnet in Tübingen haben die Nagolder dann die erste Niederlage der laufenden Saison kassiert. Und nicht nur das. Zudem hat sich auch Stürmer Pascal Reinhardt verletzt. Er fällt mit einem Kreuzbandriss für die komplette Saison aus. "Der Samstagabend war gelaufen", blickt Luka Silic zurück.

Viele seiner ehemaligen Teamkameraden des SV 03 waren gekommen, um ihn anzufeuern. Und Silic wäre in der 84. Minute beinahe zum Helden des Spiels geworden, als er den Ball nach einem Eckball an die Latte beförderte. "Den hatte ich schon drin gesehen." Ein Tübinger kam nicht richtig an den Ball, verlängerte diesen unfreiwillig zu Nagolds Innenverteidiger. "Mir ist er dann auf die Schulter oder so gefallen." Von dort ging der Ball an die Latte. Stattdessen verursachte er auf der Gegenseite den entscheidenden Elfmeter zum 0:2. "Das war eher ein unüberlegtes Frustding", gibt er zu. Legt dann sofort nach: "Das war dumm. Da hätte ich auch Gelb-Rot sehen können. Aber ich wusste mir in der Situation nicht mehr anders zu helfen."

In der Saison 2014/15 hatte Silic, nachdem er von der U19 der TSG Balingen nach Nagold gekommen war, vielleicht noch nicht das Zeug dazu, in der Verbandsliga zu spielen. In der Hinrunde kam er in den ersten sechs Spielen fünfmal zum Einsatz. Alle wurden verloren. In seinem ersten Einsatz hatte Silic gegen Essingen ein Eigentor erzielt. "Wir hatten eine Negativserie." Dann rotierte Sven Hayer, der damals Trainer war, Silic aus der Startelf heraus. Die Nagolder holten zwei Siege. Der Innenverteidiger bekam keine Chance mehr. "Im Winter wollte ich wieder angreifen. Das war mit dem Trainer so ausgemacht." Doch dann sprang ihm vor der ersten Partie der Rückrunde die Kniescheibe heraus. Die Saison war gelaufen. Im Sommer wechselte er zum SV Croatia Reutlingen, mit dem sein großer Bruder Nikola gerade in die Landesliga aufgestiegen war.

Als Sohn des ehemaligen Reutlinger Regionalliga-Spielers Ivica Silic wurde Luka das Talent in die Wiege gelegt. Fußball ist bei der Familie zuhause in Rottenburg omnipräsent. "Unser Vater ist unser größter Kritiker", sagt Luka. So wie es bei vielen Fußballfamilien eben so ist. Bis zur B-Jugend kickte er beim FC Rottenburg, danach bei der TSG Balingen. Schon immer meistens in der Innenverteidigung, ab und zu aber auch im Sturm. "Ich glaube aber nur wegen meiner Größe!" 1,92 misst er. Genau wie die beiden Söhne war auch Ivica Silic Innenverteidiger. Von seiner Reutlinger Zeit hat der Vater viel an die Brüder weitergegeben. "Wir sprechen schon täglich über Fußball. Er hat einige Tipps auf Lager", sagt Luka Silic. In den 90er-Jahren hat der Vater beim SSV gemeinsam mit Markus Gisdol oder Kristijan Djordjevic (später VfB Stuttgart und Schalke 04) in der Regionalliga gekickt. Auch der 23-jährige Luka sah sich zu Höherem berufen, als in der Landesliga zu kicken. Deshalb kam er im Sommer zurück zum VfL Nagold. "Ich hatte das Bedürfnis, wieder höherklassig zu spielen."

Und wenn er damals noch nicht verbandsligatauglich gewesen sein sollte, jetzt ist er es auf jeden Fall. Nach einer Saison bei Croatia Reutlingen war Silic zum SV 03 Tübingen gewechselt. Dort entwickelte er sich in den vergangenen beiden Jahren extrem weiter. In der vergangenen Saison stand er jede Minute auf dem Platz. "Mir hat es vor allem imponiert, dass er in Tübingen schon in jungen Jahren schnell Kapitän geworden ist", sagt VfL-Coach Armin Redzepagic. Auch in Nagold will Silic Verantwortung übernehmen. Das zeigt er in jeder Trainingseinheit. "Er zerreißt sich richtig. Luka ist absolut ehrgeizig. Er ist immer einer der ersten im Training und macht noch seine Kraftübungen", betont Redzepagic. Abgesehen von einem Kurzurlaub, "der wirklich extrem kurz war", war der 23-Jährige auch bisher bei jeder Trainingseinheit. "Ich bin extrem fit", sagt der Innenverteidiger. In der Vorbereitung habe er mit dem hohen Tempo zunächst Probleme gehabt. "Auch das System war am Anfang neu für mich." Jetzt aber nicht mehr. "Er macht das richtig gut. Zweikämpfe, Stellungsspiel und natürlich sein Kopfballspiel", lobt Redzepagic. "Deshalb hat er zuletzt immer gespielt." Nur in seiner Spieleröffnung "kann er noch ein, zwei Dinge besser lösen".

Die Nagolder Spielweise hatte Silic in der vergangenen Saison imponiert, als er mit Tübingen gegen den VfL gespielt hatte. "Wie die jeden Gegner überrannt und die Landesliga dominiert haben. Das war schon echt stark." Deshalb musste er, als das Angebot kam, auch nicht lange nachdenken. "Ich habe Nagold immer auch ein bisschen verfolgt, seit ich weggegangen bin." Einige Spieler wie Marco Quiskamp, Luka Kravoscanec, Valentin Asch oder Fabian Mücke kennt er auch noch aus der ersten gemeinsamen Zeit.

Damals war Silic, der nach der Jugend übrigens auch bei der TSG Balingen hätte bleiben können, auch die Doppelbelastung mit dem Studium zu groß. Er verbringt seine Zeit täglich von 8 bis 17.30 Uhr an der Uni in Tübingen. Zehntes Semester Jura. "Zum Glück ist jetzt endlich ein Ende in Sicht." Im März ist das erste Staatsexamen. Das viele Training kommt ihm deshalb im Moment gelegen. "Fußball ist ein total nötiger Ausgleich zum Lernen für mich." Die Frage, ob er sich ein Jura-Studium noch einmal antun würde, hat er sich inzwischen oft gestellt. "Ich glaube, wenn ich damals gewusst hätte, wie zeitintensiv und aufwendig das ist, hätte ich mich anders entschieden." Darüber, ob der Wechsel nach Nagold der richtige Schritt war, hat er dagegen noch nicht nachgedacht. "Daran gibt es überhaupt keine Zweifel."

Obwohl er seit Kindestagen einen großen Gerechtigkeitssinn und den Schiedsrichterschein ("Den habe ich für den Trainerschein gebraucht.") hat, pfeifen, das ist für den Rottenburger nichts. "Mit dem Schiedsrichter bin ich aus der Emotion heraus meistens eher auf Konfrontationskurs", gibt er zu. Und Trotzdem hilft ihm nicht nur der Fußball als Ausgleich für sein Studium, sondern das Studium auch auf dem Fußballplatz. "Fleiß wird in beiden Fällen belohnt. Durch harte Arbeit hat man Erfolg." Das sieht man auf dem Rasen, wo er sich in jeden Zweikampf wirft und unermüdlich ackert.