Freiburgs Präsident Fritz Keller (rechts) stand unserem Reporter Christian Marull Rede und Antwort. Foto: Wagner

Bundesliga: Freiburger Präsident über Videobeweis, Talent-Förderung und Nils Petersen. Mit Interview

Eigentlich könnte sich Fritz Keller, der Präsident des SC Freiburg, nach der anstrengenden Saison und dem geglückten Klassenerhalt erst einmal zurücklehnen. Könnte. Im Rahmen einer Umwelt-Aktion – für jedes SC-Tor wird ein Baum gepflanzt – fährt Keller derzeit durch die Lande. Auch in Oberndorf am Neckar machte er Halt und fand Zeit für ein kurzes Interview.

Herr Keller, eine Saison mit vielen Höhen und Tiefen liegt hinter Ihnen. Was überwiegt? Freude oder Erleichterung?

Vor allem Erleichterung. Wir wussten, dass es eine schwierige Saison werden würde, aber dass es derart kompliziert werden würde, war kaum abzusehen. Gleich neun Spieler mit Startelf-Ambitionen sind verletzungsbedingt ausgefallen und haben der Mannschaft spürbar gefehlt. Getroffen haben uns dann noch strittige Videobeweis-Entscheidungen. Hier möchte ich die Schiedsrichter aber in Schutz nehmen. Das System an sich war unausgegoren. Wenn man sich dann noch vor Augen führt, was wir mit einem der niedrigsten Etats der Liga geschafft haben, dann kann man sich vorstellen, was für ein Kraftakt die vergangene Saison für uns war.

Acht Spieler wurden am letzten Spieltag in Freiburg verabschiedet. Weitere Abgänge werden sicherlich dazukommen. Worauf kommt es jetzt an? Wie und wo muss die Mannschaft verstärkt werden?

Wir haben natürlich einen klaren Plan. Sport-Vorstand Jochen Saier und Sportdirektor Klemens Hartenbach arbeiten mit gutem Auge, Geduld und Fleiß an der neuen Mannschaft. Eine unserer großen Stärken bleibt aber nach wie vor die Jugendarbeit. Dabei setzen wir auch auf Kooperations-Partner wie etwa den SV Zimmern. In Frankreich haben wir mit dem SR Colmar erst kürzlich einen neuen Partner dazugewonnen. Das ist ein zartes Pflänzchen, welches sich hoffentlich gut entwickelt.

Bestes Beispiel dafür ist wohl auch Kapitän Julian Schuster, der zum Saisonende zwar als Spieler verabschiedet wurde, dem Verein aber in anderer Funktion treu bleibt.

Julian Schuster bietet dem Nachwuchs damit nicht nur ein hervorragendes Beispiel für eine Karriere neben dem Fußballplatz, sondern ist auch ein guter Indikator dafür, warum wir diese Saison dringeblieben sind. Denn nicht nur das Team auf dem Feld zählt, sondern auch das hinter den Kulissen. Hier wird mit klarer Disziplin daran gearbeitet, weiter in der Bundesliga spielen zu können. Wichtig dabei ist nach wie vor, dass wir nicht von irgendeinem Geldgeber abhängig sind. Klar brauchen wir Sponsoren. Was wir aber nicht brauchen, sind Leute, die sich einmischen, obwohl sie sich professionell gar nicht mit Fußball beschäftigen.

Erfreulich für Sie und den SC Freiburg ist sicherlich auch die Nominierung von Nils Petersen für die Nationalmannschaft. Eine Belohnung für die harte Arbeit und die Krönung der abgelaufenen Saison?

Unbedingt. Die Nachricht von der Nominierung für den vorläufigen Kader der Nationalmannschaft hat uns wirklich sehr gefreut. Sollte er mit nach Russland fahren, hoffen wir natürlich, dass er wieder gesund nach Hause kommt. Nils’ Nominierung ist ein tolles Signal: Hier in Freiburg kann man Nationalspieler werden.

Welche Rolle kann Petersen in der Nationalmannschaft spielen?

Nils ist ein sehr guter Joker, ist vielseitig einsetzbar. Ihn kann man immer reinschmeißen, und er ist sofort voll da. Es gibt kaum einen Besseren. Außerdem hat er diese Saison bewiesen, dass er auch 90 Minuten durchspielen kann.

Apropos Petersen: "Ende Juni beginnt der Abstiegskampf", sagte er kürzlich. Gönnen sie sich bis dahin auch noch etwas Ruhe?

Der Abstiegskampf hat längst wieder begonnen. Ruhe habe ich deshalb eigentlich nie.  

Die Fragen stellte Christian Marull.