Der neue 1.  FC Pforzheim (von links): Trainer Alexander Maier, Vorsitzender Martin Maischhofer, Pressesprecher Dennis Hauptkorn und Marketing-Chef Marius Bauer mit den künftigen Trikots. Foto: Geideck

Fußball: Frühere Fans gründen Verein neu. Spielbetrieb startet ab Saison 2019/20 in Kreisklasse C.

Der 1.  FC Pforzheim ist zurück: Fans des langjährigen Zweitligisten und deutschen Vize-Meisters von 1906 gründeten den Verein vor wenigen Tagen neu. Der Anfang ist sehr vielversprechend – aber es droht auch Ärger mit dem 1.  CfR Pforzheim.

Auf dem Podium stehen Mikrofone und Getränke, dahinter werden Sponsoren-Logos an die Wand projiziert. Die Protagonisten werden von zwei Puppen flankiert, die das künftige Heim- und Auswärtstrikot tragen. Eine Kamera filmt das Geschehen und überträgt es live ins Internet. Man wähnt sich bei der Pressekonferenz eines Profivereins. Dass an der Wand ein großes Foto der Allianz-Arena hängt, passt da nur zu gut ins Bild. Doch Gastgeber ist nicht der FC Bayern München, sondern ein Verein, der in der kommenden Saison in der elftklassigen Kreisklasse   C an den Start gehen will: der 1.  FC Pforzheim.

Der Name elektrisiert die ganze Region. So sehr, dass die erste Pressekonferenz des am 3. Dezember von 14 Personen gegründeten Vereins um ein paar Tage vorgezogen werden musste. Denn als durchgesickert war, was in der Goldstadt im Gange ist, konnten die neuen FCP-Funktionäre ihre Pläne nicht mehr hinter dem Berg halten. Dass sogar der SWR zur Pressekonferenz kommt, unterstreicht zu gut, wie immens das Interesse ist. Auf Facebook erntete der Verein in den ersten 48 Stunden mehr als 400 Likes. Aushängeschild der Region Der 1.  FC Pforzheim war ein Pionier des deutschen Fußballs. 1906 wurde der Verein deutscher Vize-Meister. Nur dem VfB Leipzig musste er sich in jenem Jahr im Finale von Nürnberg mit 1:2 geschlagen geben. Beim ersten Länderspiel Deutschlands – am 5. April 1908 in Basel gegen die Schweiz – stellte der 1.  FC Pforzheim mit Arthur Hiller den ersten Mannschaftskapitän in der Geschichte des DFB.

Von 1945 bis 1967 spielte der FCP durchgehend zweitklassig – und traf dabei zeitweise auch auf den Erzrivalen VfR Pforzheim. 1988 und 1990 erreichte der FCP jeweils das Achtelfinale des DFB-Pokals. Richtig voll wurde es im heimischen Stadion im Brötzinger Tal auch 1991, als der FCP den Aufstieg in die 2.  Bundesliga vor Augen hatte, jedoch in der Relegation an 1860 München scheiterte. Anschließend setzte der schleichende Niedergang ein, der 2010 seinen Nullpunkt fand: Der FCP fusionierte mit dem Erzrivalen VfR zum 1.  CfR Pforzheim, der aktuell in der Oberliga spielt. Seitdem ist der Name aus der Goldstadt verschwunden. Bis vergangene Woche.

Wunden sind nie geheilt Die Fusion mit dem VfR haben viele FCP-Fans krumm genommen. Das macht sich auch an den Zuschauerzahlen bemerkbar. Aktueller Schnitt beim 1.  CfR Pforzheim: 303. Das ist der schlechteste Wert der Oberliga, noch hinter Germania Friedrichstal, dem SV Oberachern und dem SV Spielberg. Auch die Fankultur ist beim 1.  CfR Pforzheim verschwunden. Die Wunden sind nie geheilt.

"Nach der Auflösung des 1.  FC Pforzheim ist bei uns ein Vakuum entstanden", sagt Dennis Hauptkorn. Er ist Pressesprecher des neuen FCP und bildet zusammen mit dem Vorsitzenden Martin Maischhofer und Marketing-Chef Marius Bauer das Gesicht des Vereins. Alle drei sind frühere Fans des 1.  FC Pforzheim, hatten bei ihm aber nie eine Funktion inne. Lediglich Maischhofer hat ein paar Jahre lang in der Jugend des FCP gespielt. Seit Jahren hätten sie die Idee gehabt, den Verein neu zu gründen. Vor einem halben Jahr sei die dann konkret geworden.

"Arthur-Hiller-Platz" Dass noch sehr viel Liebe zum FCP besteht, macht die Pressekonferenz sehr deutlich. Sie beginnt in Anlehnung an das alte Gründungsjahr um 18.96 Uhr, also 19.36 Uhr. Auch der Ort scheint nicht zufällig zu sein: die Agentur der Allianz-Niederlassung Pfeifer im Sandweg – direkt hinter dem Stadion im Brötzinger Tal. Das, so betonen alle Beteiligten jedoch ausdrücklich, sei reiner Zufall, weil die Agentur künftiger Trikotsponsor des neuen FCP sein werde. Spielstätte werde hingegen nicht das alte Stadion sein, sondern der derzeit brach liegende Bohrain-Park des TV Pforzheim, der dann – in Anlehnung an den ersten Nationalmannschaftskapitän – in "Arthur-Hiller-Platz" umbenannt wird. Auf dem mit einer Tribüne ausgestatteten Areal sei allerdings noch eine Menge Arbeit notwendig, ehe er bespielbar ist. Der Pachtvertrag mit dem TVP, der derzeit keine aktive Fußballmannschaft stellt, läuft über drei Jahre. Testspiel gegen Manchester? Sportlich wird der 1. FC Pforzheim zum ersten Mal am 12. Januar beim Hallenturnier des 1.  FC Dietlingen in Erscheinung treten – allerdings mit Spielern, die höchstwahrscheinlich nicht zum späteren Kader gehören werden. "Für uns ist das ein bisschen eine Marketing-Tour", erklärt Maischhofer. Fanartikel sollen schon bald produziert werden, ab Mitte Januar sei die Aufnahme neuer Mitglieder möglich, deren Beiträge die Haupteinnahmequelle des Vereins werden sollen. Und: In Kooperation mit einem Sponsor werde demnächst sogar ein Bus mit FCP-Aufdruck durch Pforzheim rollen.

Bevor der FCP im kommenden Sommer in der Kreisklasse C antritt, sollen aber noch einige Testspiele bestritten werden – sobald der "Arthur-Hiller-Platz" bespielbar ist. Angedacht ist, dabei auch gegen andere Vereine aus dem In- und Ausland anzutreten, die laut Hauptkorn "von Fans für Fans gegründet" wurden. Zwar werden die Namen nicht genannt, aber mögliche Kandidaten sind demnach Austria Salzburg, Chemie Leipzig und United of Manchester. Möglichst schnell aufsteigen Was der neue FCP hingegen noch nicht hat, ist ein Spielerkader. Anfragen gebe es allerdings genug – sogar von ehemaligen FCP-Spielern. "Wir können aber noch keine Namen nennen", sagt Hauptkorn. Ex-FCP-Spieler Achim Roos, der der Pressekonferenz ebenfalls beiwohnt, gehöre allerdings nicht dazu.

Als Trainer wird Alexander Maier fungieren, der auch eines der 14 Gründungsmitglieder ist. Er war früher Spieler und Trainer des 1. FC Kieselbronn. Zuletzt coachte er bis vor eineinhalb Jahren die Sportfreunde Feldrennach. Maier sagt: "Mich reizt, dass das etwas total Neues ist. Ich musste nicht lange überlegen." Sein sportliches Ziel: "Die C-Klasse so schnell wie möglich verlassen." Zwei Jahre sieht der FCP-Trainer dafür vor.

Mehr Ziele wollen Trainer und Verein sich allerdings nicht vorgeben. Bewusst nicht. "Wir wollen Spaß haben und Spaß machen", hält Hauptkorn den Ball flach. In erster Linie gehe es darum, den Namen des 1.  FC Pforzheim zu erhalten. Auch der Vorsitzende Maischhofer sagt: "Es wäre absolut vermessen, wenn wir sagen, dass wir in zwei Jahren vor 2000 Zuschauern im Brötzinger Tal spielen." 1.  CfR droht mit Klage Ein Name fällt bei der perfekt vorbereiteten Pressekonferenz natürlich immer wieder – der des 1. CfR Pforzheim. "Mit ihm haben wir keine Probleme", bekräftigt Hauptkorn. Mit dem offiziellen FCP-Nachfolger sei man allerdings auch noch nicht in Kontakt getreten und habe ihn über die Neugründung nicht informiert. Das habe aus Maischhofers Sicht aber seine Gründe: "Wir haben nicht die Notwendigkeit dafür gesehen, weil wir nicht in Konkurrenz zum CfR treten." Im Gegenteil: Man honoriere die Arbeit des großen Bruders, gerade auf dem Gebiet der Inklusionsarbeit und bei der Erhaltung der Sankt-Maur-Eissporthalle. Hauptkorn: "Wir sind nicht der alte FCP. Wir sind nicht deutscher Vize-Meister von 1906. Uns geht es um die Bewahrung der Tradition."

Dennoch: Rechtlich droht bereits der erste Schlagabtausch zwischen dem 1.  CfR und dem neuen FCP. Letzterer benutzt das alte FCP-Logo, allerdings in umgedrehter Farbgebung. Der 1.  CfR lässt derzeit rechtlich prüfen, ob dies zulässig sei. Laut Hauptkorn habe sich jedoch weder der alte FCP noch der 1.  CfR die Rechte am Logo schützen lassen. Das hat dafür nun der neue FCP gemacht – mithilfe eines Patentanwalts, der das ehrenamtlich für den Verein getan habe. Denn: Auch er sei ein alter FCP-Fan.