Ob Kuckucks-, Armband- oder Wanduhr: Um 2 Uhr in der Nacht von Samstag auf Sonntag werden alle Uhren eine Stunde vorgestellt. Foto: Seeger

Wechsel zwischen Sommer- und Winterzeit seit 1980. EU-Parlament diskutiert über Abschaffung. Mit Video-Umfrage

Furtwangen - In der Nacht zum Sonntag werden die Uhren in Deutschland wieder von zwei auf drei Uhr vorgestellt. Diesmal ist die Umstellung mit einem Jubiläum verbunden. Umstritten bleibt sie dennoch.

Die einen verteidigen den Wechsel zwischen Winter- und Sommerzeit als historische Tradition, die anderen verhöhnen ihn als unnützen Mehraufwand. Selbst im EU-Parlament wird heftig diskutiert und das bei Weitem nicht zum ersten Mal. Doch wie kam es dann überhaupt zur Umstellung, wenn der Wechsel doch schon immer so umstritten war?

Angefangen hat alles vor genau 125 Jahren. Am 1. April 1893 wurde die Mitteleuropäische Zeit (MEZ) in Berlin per Reichsgesetz eingeführt. Schuld daran war ein Eisenbahnunglück in den USA. Da jeder Ort früher seine eigene Zeit hatte, wie Johannes Graf vom Deutschen Uhrenmuseum in Furtwangen (Schwarzwald-Baar-Kreis) erzählt, kam es vor allem mit dem Siegeszug des Eisenbahnverkehrs zu Problemen: An den Orten, durch die Züge fuhren, zeigten die Uhren eine andere Zeit als auf den Plänen stand.

"Das vergleichsweise schnelle Verkehrsmittel Eisenbahn passte nicht zu der Vielzahl der örtlichen Zeiten", erklärt Graf. Das sorgte nicht nur für Verwirrung, es führte auch zu einem dramatischen Unglück: Am 12. August 1853 zeigte die Taschenuhr eines Lokführers die falsche Zeit an, der Mann steuerte die Dampflokomotive mit den Waggons auf das Gleis. Dies löste den Zusammenstoß zweier Züge in Virginia Falls (USA) aus – 13 Menschen starben.

Nach dem Unglück kam es zu einer weltweiten Debatte. Eine Einheitszeit sollte her, um solche Unglücke künftig zu vermeiden. Doch stattdessen kam nach heftigen Debatten die Unterscheidung in unterschiedliche Zeitzonen. Auch Deutschland zog nach und führte die Mitteleuropäische Zeit ein. Laut Graf ist die Aufteilung in Zeitzonen durchaus sinnvoll. "Sie unterscheiden sich voneinander um jeweils eine ganze Stunde. Die Aufteilung der Erde in 24 solchen Stundenzonen bewirkt, dass die Sonne ungefähr um 12 Uhr mittags im Zenit steht und das weltweit." Somit lebe jeder in einer ihm vertrauten Zeit, die sich am Stand der Sonne orientiert.

Das alleine reichte jedoch irgendwann nicht mehr: Um Energie zu sparen und das Tageslicht besser zu nutzen, wurde die Unterscheidung zwischen Winter- und Sommerzeit eingeführt. Diese gab es auch in Deutschland mehrfach. Zuletzt wurde sie 1980 eingeführt. Man wollte sich nicht nur den Nachbarländern, die diese Regelung schon hatten, endgültig anpassen. Sondern hoffte auch nach dem Eindruck der Ölkrise 1973, auf diese Weise Energie sparen zu können.

Umfrage zur Sommerzeit - das sagen die Villinger:

Seit 1996 gibt es nun eine einheitliche EU-weite Regelung. Begründung: Der EU-Binnenmarkt solle nicht behindert werden. Seitdem beginnt die Sommerzeit Ende März und hört Ende Oktober auf – damit gilt sie sogar länger als die Normalzeit (auch Winterzeit genannt) im Jahr.

Knapp drei Viertel aller Deutschen sind gegen die Umstellung

Der Verlauf der Geschichte zeigt, dass die Zeitumstellung schon immer sehr umstritten war – und das ist sie auch heute noch. Mittlerweile haben 73 Länder die Sommerzeit wieder abgeschafft, und auch im britischen Parlament wird darüber diskutiert. Nach dem Brexit kann sich Großbritannien dann ohnehin ohne Genehmigung der EU frei entscheiden. Doch auch diese diskutiert seit Februar zum wiederholten Male heftig.

Weil sich für die Abschaffung der Sommerzeit im EU-Parlament jedoch keine Mehrheit fand, soll die EU-Kommission jetzt Vor- und Nachteile abwägen und anschließend eine Bewertung vorlegen. Dann könnte tatsächlich eine Abschaffung folgen. Dass viele Menschen mit der Umstellung ein Problem haben zeigt auch eine Forsa-Umfrage, in der sich knapp drei Viertel aller Deutschen gegen die Umstellung ausgesprochen haben. Sechzig Prozent plädieren sogar dafür, die Sommerzeit dauerhaft einzuführen.

Letztendlich wird es jedoch schwierig, dies umzusetzen. Selbst wenn sich die Deutschen die Abschaffung sehnlichst wünschen: Wer Teil der EU ist, muss eben auch die einheitlichen Regeln der EU befolgen.