Den Hausarzt vor Ort zu haben ist schon für viele Kleinstädte keine Selbstverständlichkeit mehr. Foto: Weißbrod Foto: Schwarzwälder Bote

Diskussionsabend: Lioba Kühne spricht bei SPD über Ärztemangel / Junge Kollegen gehen nicht aufs Land

Die Zukunft der medizinischen Versorgung ist derzeit ein brennendes Thema im oberen Bregtal. Demnächst wird nun auch der Gynäkologe Stefan Scheit aus gesundheitlichen Gründen seine Praxis schließen müssen.

Furtwangen. Das Thema Ärzteversorgung lockte zahlreiche Zuhörer in den Vöhrenbacher "Ochsen". Die SPD Oberes Bregtal hatte als Referentin Lioba Kühne gewonnen. Sie ist, wie Vorsitzender Ulrich Hättich bei seiner Begrüßung betonte, Sprecherin der Ärzte im Oberen Bregtal. Ihrem Vortrag schloss sich eine zweistündige Diskussion mit vielen Themen an.

Lioba Kühne nannte eingangs einige Zahlen: in Furtwangen praktizieren derzeit sechs Ärzte, in Triberg 3,25, in Vöhrenbach drei, in Schönwald und Schonach je einer. Die Situation wird sich verschlechtern, denn nur sieben Prozent der Ärzte sind jünger als 49 Jahre. Fünf Mediziner der Region gingen seit 2012 in den Ruhestand und fanden trotz aller Bemühungen keinen Nachfolger. "Wir brauchen mehr Hausärzte", betonte Lioba Kühne. Sie erläuterte die Gründe, die junge Mediziner von der Übernahme einer Praxis auf dem Land abhalten: viel Bürokratie, wenig Attraktivität der Umgebung, der Wunsch vieler Ärztinnen, in Teilzeit zu arbeiten mit Rücksicht auf die Familie.

Bewährt haben sich nach Auskunft von Lioba Kühne Sprechstunden von Fachärzten in Furtwangen. Augenarzt, Orthopäde oder Urologe sind an einzelnen Tagen in der Uhrenstadt. Für die Zukunft müsse man auch in ländlichen Regionen mit mehr Gemeinschaftspraxen rechnen. Gut ausgebildete medizinische Fachangestellte könnten die Ärzte entlasten, eine gute Vernetzung mit den Kliniken sei nötig. Lioba Kühne ging auch auf die Telemedizin ein, die zwar in bestimmten Fällen helfen kann, aber "der direkte Kontakt zwischen Arzt und Patient wird nicht ersetzt". Die Ärztin bedauerte, dass junge Kollegen "nicht mutig genug sind", aufs Land zu gehen.

In Sachen digitaler Vernetzung von Ärzten, Krankenkassen und anderen zeigte sich Adalbert Guth besorgt, was die Sicherheit der Daten angeht. Die unterschiedliche Behandlung von Kassen- und Privatpatienten war ein Diskussionsthema. Lioba Kühne versicherte, sie behandle alle gleich und erwarte das auch von den Kollegen. Die Versorgung ältere Menschen am Wohnort sei wichtig, betonte Jens Löw. Er kritisierte, dass die Politik die Problematik nicht anpacke. "Welche Entfernung zu einem Facharzt ist zumutbar?", wollte Christa Lörcher wissen. Die Frage konnte die Ärztin nicht in Kilometern beantworten. Sabine Heizmann hob zum Thema Telemedizin hervor, der Hausarzt kenne seine Patienten und ihr soziales Umfeld. "Kleinräumige Bedarfsplanung" hielt John Paul Fobiwe vom Gesundheitsamt erforderlich, dafür entwickelt eine Arbeitsgruppe für die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg derzeit ein Modellprojekt.