Heimatgeschichte: Raffinierte Zeitmessgeräte / "Spindelkloben" als kleine Fenster in die Vergangenheit

Schlangen sind zumeist mit gruseligen Vorurteilen belegt. Doch das Deutsche Uhrenmuseum in Furtwangen beschäftigt sich mit der Spezies unter dem Motto "Wer findet die Schlange?".

Furtwangen. Das schleichende Schuppenkriechtier steht allerdings in Wahrheit im Hintergrund und ist zierendes Attribut, das noch weiter erläutert wird.

Maßgebend beim Objekt des Monats März sind Taschenuhrwerke, die mit filigranen "Unruhkloben" ausgestattet sind. Dieser Konstruktionsteil ist vereinfacht gesagt, die obere, schützende Umhüllung der Unruh, die das tickende Herz der Uhr bedeutet.

Gerade im 18. Jahrhundert handelte es sich um wertvolle, künstlerisch hoch stehende und aus fein ziselierten Metallen gefertigte Teile. Der Markt boomte, die Nachfrage nach exzellenten Stücken stieg. Nicht nur Stunden, sondern Minuten oder gar Sekunden wurden angezeigt.

Der Leiter des hiesigen Museums Eduard C. Saluz hat wieder ausgiebig recherchiert und zeigt als Paradebeispiel eine Taschenuhr des Amsterdamers Adriaan de Baghijn, die um 1750 gefertigt wurde. Wer genau hinschaut, kann mit geübtem Auge in der ornamentreichen Ausstattung eine kleine Schlange entdecken, die an einem Blatt knabbert.

Andere Werke trugen biblische Szenen, Initialen und Namenszüge oder wurden mit Akanthusblättern- und Ranken ausgestattet, deren geflechtartige Formen durch symmetrische Motive abgelöst wurden.

Der Vielfalt waren keine Grenzen gesetzt. Viel penible Handarbeit steckte dahinter und oft wurde in Arbeitsteilung gewerkelt, wie ein Bild der Barbara Baumann, der Ehegattin des Uhrmachers Sebastian Baumann aus Friedberg/Bayern, zeigt.

Das Deutsche Uhrenmuseum Furtwangen kann einige bemerkenswerte Taschenuhrwerke mit entsprechender Ausstattung vorweisen.

Zu den Taschenuhren des 18. Jahrhunderts weist Saluz auf eine Besonderheit hin: das "Scheinpendel". Christiaan Huyghens erfand die Pendeluhr, die zukunftsweisend wurde und mit seinem schwingenden Pendel für Genauigkeit stand, wobei die Unruh das Pendel imitierte.

Die Unruh musste verdeckt werden und die entstehende Fläche wurde für allegorische Geschichten genutzt.

So wird Liebesgott Cupido gezeigt, wie er ein Herz in einer Schmiede bearbeitet oder das Pendel zwischen Amor und dem Todesgott Chronos, der den Ablauf der Zeit symbolisiert, schwingt. Auch religiöse Themen fanden ihren Niederschlag und häufig ist Anfang des 19. Jahrhunderts die Kreuzigungsszene dargestellt.

Auch politische Verhältnisse fanden Eingang in der Uhrmacherei. Nationale Motive wie den Doppeladler der K&K-Monarchie, des russischen Zarenreichs oder des Deutschen Bundes fanden sich häufig auch in den Taschen einfacher Leute.