Landwirt Georg Schätzle ist entsetzt. In nur einer Nacht haben Wildschweine rund drei Hektar Wiesen direkt oberhalb seines Hauses umgepflügt. Foto: Kommert

Tiere pflügen Wiese über Nacht um. Landwirt fühlt sich von Politik im Stich gelassen.

Vöhrenbach-Langenbach - Einen ganz dicken Hals hat er, der Landwirt Georg Schätzle. Er ist ein Bauer, der seine Felder nachhaltig extensiv nutzt – und das hat ihn jetzt zum Opfer gemacht.

In nur einer Nacht haben Wildschweine rund drei Hektar Wiesen direkt oberhalb seines Hauses umgepflügt. "Wir sind heute richtig erschrocken beim ersten Blick aus dem Fenster", erzählte Schätzle. Wohin das Auge reicht, ist seine Wiese mit großflächigen braunen Stellen übersät. Und einen guten Teil sieht man nicht einmal, der ist noch weiter oben.

Von Politik im Stich gelassen?

Schon im Spätherbst hatte er eine ebenso große Fläche an anderer Stelle als Verlust zu beklagen, vor einigen Wochen waren die Schweine dann in einer Senke auf etwa einem Hektar zugange. "Rund sieben Hektar, das sind 70 000 Quadratmeter, fallen mir möglicherweise aus für die Heuernte", beklagt er sich. Da sein Jagdpächter verstorben ist, hat er nicht einmal einen Ansprechpartner – und auch die Gemeinde weist alles von sich, keiner ist verantwortlich dafür, klagte er im Gespräch mit unserer Zeitung.

Früher habe man im Schwarzwald mal durchziehende Sauen gehabt, heute seien die fast schon Standwild. Martina Braun als Landtagsabgeordnete wollte er sprechen – es kam keine Rückmeldung. Dabei habe sie doch erst vor einigen Wochen zum Umgang mit den Schäden eine große Pressekonferenz gegeben. Auf die Grünen sei er nicht besonders gut zu sprechen, Tierschützer und die grüne Partei hätten lange Jahre den gezielten Abschuss der Sauen verhindert, dazu habe die Partei gleich das Jagdgesetz zu einem "Wildtier-Management" ausgebaut, mit zunächst noch restriktiveren Jagdzeiten.

Zwar sei die Schonzeit für Wildschweine derzeit ausgesetzt, doch wisse er selbst, wie schwer die Schwarzkittel zu schießen seien. Ein Berufskollege, der selbst Jäger ist, habe ihm vorgerechnet, dass er rund 180 Stunden ansitzen müsse, um ein Wildschwein zu erwischen. "Ich werde auf meinem Schaden wohl sitzen bleiben", erzählt er resignierend. Vielleicht, so sagt der streitbare Landwirt, setze er aber die Grundsteuer aus, die darauf fußt, dass er brauchbares Land habe – was derzeit nicht der Fall sei. Dann habe er wenigstens eine steuerliche Wiedergutmachung.

Wildschweine bevorzugen ökologisch saubere Böden

Was ihn am meisten ärgere, ist die Tatsache, dass sich keiner zuständig sehe, er werde "von A nach B und weiter nach C" verwiesen. Er appelliert an die Jäger, möglichst sinnvoll auf Sauenjagd zu gehen. Er habe erfahren, dass besonders auf extensiv genutzten Böden, auf denen wenig bis gar keine Gülle ausgebracht wird, die Auswahl für die Borstentiere wesentlich vielfältiger ist als auf intensiv genutzten Flächen, wo das Nitrat der Gülle und mineralischer Dünger viel Bodenleben vernichtet. "Man wird also noch zusätzlich gestraft dafür, dass man ökologisch sauber arbeitet", erzählt Schätzle, während er versucht, mit Hacke und Rechen die Schäden zu beseitigen. "Wenn ich mit der Egge drüber gehe, wächst dieses Jahr nichts mehr." Als Bauer mit Waldbesitz kennt er den Begriff "Kalamitäten", nun erlebt er sie auch auf seinen Wiesen.

"Herr Schätzle hat bei Frau Braun zuhause angerufen, dort wurde er ans Landtagsbüro verwiesen, da sie Privates und Berufliches strikt trennt. Bei mir hat sich er sich jedoch nie gemeldet, auch nicht bei meiner Kollegin im Wahlkreis", schildert Martina Brauns persönliche Referentin Nadja Unger die Gegebenheiten. In Sachen Schwarzwildschäden sei Frau Braun sehr aktiv. Bereits im Januar habe sie zu einer entsprechenden Veranstaltung eingeladen ("Schwarzwild – Schweinepest und Wiesenschäden: Was kommt da auf uns zu?"). Dazu gab es nun eine zweite Veranstaltung zum Thema Schwarzwildschäden in Langenbach auf dem Tudisenhof mit Landwirten, Jägern, dem wildtierpolitischen Sprecher der Grünen und der unteren Jagdbehörde.

Landtagsabgeordnete weist Vorwürfe zurück

Gerne gehe die Abgeordnete auch auf die inhaltliche Kritik von Georg Schätzle ein. Das grüne Jagd- und Wildtiermanagementgesetz (JWMG) führt zu Verbesserungen, unter anderem auch deshalb, weil Anlockfütterung (Kirrung), wie sie im alten Jagdrecht noch praktiziert wurde, kontraproduktiv ist. Es ist auch dieser Energieeintrag, der zum enormen Populationsanstieg geführt hat. Negative Auswirkungen sind eine frühere Geschlechtsreife bei Frischlingen und Überläufern, größere Würfe der Bachen, ganzjährig stattfindende Würfe sowie kürzere Fortpflanzungszyklen.

Eine weitere Aufweichung der Schonzeit sei nicht nur ineffizient, sondern sogar kontraproduktiv und entbehrt jeder fachlichen Grundlage. Denn durch eine ganzjährige Bejagung werden deutlich erhöhte Populationen und stärkere Verbissschäden im Wald hervorgerufen. Das habe eine Reihe von Untersuchungen in den vergangenen Jahren belegt.

Die derzeitige und vorübergehende Aufhebung der Schonzeit diene der Seuchenprävention (Afrikanische Schweinepest). "Wir setzen uns außerdem für revierübergreifende Drückjagden als effizienteste Jagdmethode ein und befürworten auch den Bachen-Abschuss, wenn diese nicht führend sind. Wissenschaftliche Langzeitstudien haben gezeigt, dass mehr als 70 Prozent der Jungtiere erlegt werden müssten, um die Population wenigstens konstant zu halten. Sich also lediglich auf den Jungtierabschuss zu konzentrieren, wie es lange gehandhabt wurde, ist ineffizient und nicht zielführend. Nicht zuletzt haben wir auch den Wildschadensausgleich entbürokratisiert", so die Abgeordnete.