In Bieselsberg darf ein 40 Meter hoher Funkmast gebaut werden. Foto: Buck

Die Würfel sind gefallen: Der fast 40 Meter hohe Funkmast in Bieselsberg darf gebaut werden. Das Landratsamt in Calw genehmigte das Vorhaben trotz heftigen Widerstands im Ort.

Schömberg-Bieselsberg - In seiner Sitzung im Februar lehnte der Gemeinderat von Schömberg den Funkmast in Bieselsberg ab. Nur vier Gemeinderäte waren dafür, acht dagegen, sieben enthielten sich. Bereits im Sommer des vergangenen Jahres hatte das Gremium das Vorhaben abgelehnt. Der Ortschaftsrat von Bieselsberg hatte das Projekt sogar einstimmig verworfen. Bieselsbergs Ortsvorsteher und Gemeinderat Michael Nothacker verwies darauf, dass sich 60 Prozent der Bieselsberger aufgrund einer Bürgerinitiative im vergangenen Sommer gegen den Mast ausgesprochen hätten. Der Ortschaftsrat achte dieses Votum. Heftig diskutiert wurden in der Bevölkerung sowie im Ortschafts- und Gemeinderat vor allem gesundheitliche Folgen des neuen Standards von 5G.

 

Öffentliche Versorgung

Schömbergs Bürgermeister Matthias Leyn wies jedoch stets darauf hin, dass das letzte Wort das Landratsamt in Calw hat. Und das entschied nun. Die Baugenehmigung habe in der vergangenen Woche das Landratsamt verlassen, teilte Janina Dinkelaker, Pressesprecherin des Landratsamtes, auf Anfrage unserer Redaktion mit. Die Gemeinde habe mitgeteilt, dass es beim versagten Einvernehmen bleibe. Das Landratsamt habe gemäß Paragraf 35 im Baugesetzbuch nach gründlicher Prüfung und Abwägung der eingegangenen Einsprüche das Bauvorhaben genehmigt, so Dinkelaker. Der Paragraf besage, dass solche Vorhaben genehmigt würden, wenn sie der öffentlichen Versorgung, zum Beispiel mit Telekommunikationsleistungen, dienten. Nach eingehender Prüfung habe das Landratsamt das von der Gemeinde Schömberg versagte Einvernehmen gemäß Paragraf 36 des Baugesetzbuches ersetzt, so Dinkelaker über die gesetzlichen Grundlagen der Entscheidung.

"Wir als Landkreis Calw setzen uns neben einer flächendeckenden Breitbandversorgung auch dafür ein, dass der Mobilfunkempfang in der Fläche gut abgedeckt ist", machte Dinkelaker deutlich. "Es muss möglich sein, auch in ländlichen Regionen aus dem Wald einen Notruf abzusetzen. Hierfür braucht es Mobilfunkmasten in allen Bereichen des Landkreises", fügte die Pressesprecherin des Landratsamtes hinzu. "Wir sind in den vergangenen Jahren bei den dafür notwendigen Abstimmungsgesprächen zwischen den Telekommunikationsanbietern zur gemeinsamen Koordinierung und Nutzung sehr gut vorangekommen", teilte sie mit. Die Versorgungsauflage, insbesondere an Bundes- und Landesstraßen, soll bis 2024 durch die Mobilfunkanbieter erfüllt sein. Die ersten Bauaktivitäten im Landkreis hätten bereits begonnen. "Wir hoffen damit auf eine deutliche Verbesserung in den vielen noch bestehenden Whitespots, den sogenannten Funklöchern", machte sie deutlich.

Verfahren sollen beschleunigt werden

Das Land Baden-Württemberg werde in Zukunft vermehrt in Infrastruktur, Digitalisierung und den Ausbau erneuerbarer Energien investieren, so Dinkelaker. Deshalb sollen auch im Landkreis Calw zwei Prozent der Gesamtfläche für erneuerbare Energiegewinnung genutzt werden. "Dies unterstützen wir als Kommunalverwaltung, denn auch ländliche Regionen müssen mitziehen, damit die Ziele erreicht werden", stellte Dinkelaker klar: "Das Gemeinwohl steht in den Genehmigungsverfahren vor den individuellen Bedürfnissen von Einzelpersonen. Die Verfahren im Land sollen allgemein beschleunigt werden." Zur 5G-Technologie teilte Dinkelaker mit, dass es keine anerkannten Studien gebe, die eine schädigende Wirkung der 5G-Technologie belegten: "Daher stehen wir dieser Technologie offen gegenüber." Vorrang habe für das Landratsamt derzeit jedoch eine flächendeckende Mobilfunkgrundversorgung auf 4G-Standard. "Die Mobilfunkversorgung ist neben der Straßeninfrastruktur, dem ÖPNV-Ausbau, der Gesundheitsversorgung und dem Breitbandausbau ein wichtiger Pfeiler im Ausbau der Infrastruktur", stellte Dinkelaker klar: "In diesen Bereichen darf der ländliche Raum nicht von den Ballungszentren abgehängt werden." Die Bundesnetzagentur überwache die 5G-Technologie und deren eventuelle Auswirkungen. Zudem begleite das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) den 5G-Ausbau mit verschiedenen Forschungsvorhaben. Das Landratsamt orientiere sich bei allen 5G-Fragen am Urteil des BfS. Das BfS und die Bundesregierung gingen nach dem derzeitigen Stand von Wissenschaft und Technik davon aus, dass bei der Einhaltung der gesetzlich definierten Grenzwerte keine Gesundheitsgefahr von der 5G-Technologie zu erwarten sei.

Wie das BfS mitteilt, kommen beim Mobilfunk hochfrequente elektromagnetische Felder zum Einsatz. Bei 5G sind diese Frequenzen noch höher als bei vorherigen Standards. So überträgt 5G Daten bis zu hundertmal schneller als vorherige Standards. Das bedeutet, dass Daten schneller ausgetauscht werden können. Um Risiken für die Gesundheit auszuschließen, gibt es Grenzwerte.

Vodafone nutzt zunächst Standort

Den Funkmast in Bieselsberg baut ein deutsches Tochterunternehmen der American Tower Corporation (ATC). Zunächst wird Vodafone den Mast nutzen wie Torsten Kreitlow von ATC gegenüber unserer Redaktion mitteilte.