In Bieselsberg und im Kapfenhardter Tal sollen die Funklöcher beseitigt werden. Doch ein geplanter Funkmast in Bieselsberg ist heftig umstritten. Der Gemeinderat von Schömberg lehnte das Vorhaben wie schon im Sommer ab.
Schömberg - In der Sitzung des Gemeinderates von Schömberg ist es am Dienstagabend erneut um ein umstrittenes Projekt gegangen. Das Gremium behandelte wie schon im Sommer des vergangenen Jahres den Bau eines Funkmasts in Bieselsberg. Daher kamen etwas mehr Besucher in den Säulensaal des Kurhauses als sonst üblich. Unter dem Tagesordnungspunkt "Einwohner fragen" meldete sich jedoch kein Gegner des Projekts zu Wort. Das war im vergangenen Sommer noch anders.
Dafür waren die Ausführungen von einigen Schömberger Gemeinderäten sehr ausführlich. Zunächst erläuterte Bauamtsleiter Martin Dittler, um was es ging. Er sagte, dass ein solcher 40 Meter hoher Funkmast im Außenbereich zulässig sei. Gegenüber dem Antrag vom vergangenen Sommer habe es einige Änderungen gegeben, erläuterte der Bauamtsleiter. So sei der Mast zur Straße hin verschoben und die Zaunanlage von 14 mal 14 auf zehn mal zehn Meter reduziert worden. Folglich würde die Zuwegung entsprechend angepasst.
Gemeinderat Dominik Dast (UWV) wollte wissen, welche Konsequenzen das Votum des Gemeinderates habe. Bürgermeister Matthias Leyn antwortete, dass das Landratsamt nicht unbedingt dem Votum des Gemeinderates folge, sollte dieser den Funkmast ablehnen. Das Landratsamt könne das Einvernehmen durch den Gemeinderat ersetzen. Es sei aber auch möglich, dass der Standort einfach ausgeklammert werde. Dann werde es in den nächsten zehn bis 15 Jahren keine Verbesserung bei der Netzabdeckung geben. Auf Gebäuden müsse sogar nur der betreffende Eigentümer mit einem Funkmast einverstanden sein, sofern der Mast nicht höher als zehn Meter sei. Dann stehe ein solcher Mast unter Umständen mitten im Ort, gab der Bürgermeister zu bedenken.
Aggressives Verhalten beklagt
Dann ergriff Gemeinderat Michael Nothacker (CDU) das Wort. Er ist auch Ortsvorsteher von Bieselsberg. Der dortige Ortschaftsrat lehnte bereits einstimmig den Bauantrag für den Funkmast ab. Nothacker begründete in der Gemeinderatssitzung ausführlich seine ablehnende Haltung. Doch zuvor stellte er klar, dass weder der Ortschaftsrat noch die Verwaltung auf einen erneuten Bauantrag zum Mast gedrängt oder diesen gar eingereicht hätten. "Der Bauantrag wurde aufgrund von Auflagen und Bedenken seitens des Landratsamtes durch den Bauherren erneut eingereicht", so Nothacker. Dann beklagte er sich über die Art und Weise des Protestes: "Es ist sehr bedauerlich, dass wieder ein Teil der Funkmastgegner aggressiv und beleidigend gegen uns ehrenamtliche Mandatsträger vorgegangen ist. Man verliert dadurch die Lust und Motivation für solch ein Amt. Wir sind keine Schurken, wie wir hier zum Teil betitelt wurden." Die Mandatsträger hätten lediglich ihre Pflichten im rechtlichen Rahmen erfüllt, so Nothacker und fügte hinzu: "Bei kontrovers geführten Diskussionen zu schwierigen Themen kommen immer Emotionen auf. Man sollte aber mit Niveau und auf Augenhöhe respektvoll miteinander umgehen. Leider wurden hier wieder rote Linien überschritten."
Nothacker zeigte auf, dass schwierig sei, sich hier eine Meinung zu bilden. Befürworter und Gegner brächten entsprechende wissenschaftliche Studien vor. "Kann uns mal jemand unabhängig und neutral aufklären?" fragte er. Er versicherte aber, dass die Mandatsträger die gesundheitlichen Bedenken ernst nehmen würden.
Nothacker verwies darauf, dass sich 60 Prozent der Bieselsberger aufgrund einer Bürgerinitiative im vergangenen Sommer gegen den Mast ausgesprochen hätten. Der Ortschaftsrat achte dieses Votum. "Wir erleben es täglich, wie um uns herum in autoritären Staaten mit Meinungen und Mehrheiten umgegangen wird", so Nothacker.
Andererseits räumte Nothacker ein, dass in der Konsequenz auch alle anderen Funkmasten abgelehnt werden müssten, wenn derjenige in Bieselsberg nicht kommen solle. Soll dieser Schritt rückwärts tatsächlich das Ziel sein? Er räumte ein, dass das "Floriansprinzip" menschlich sei und täglich überall vorkomme. "Bieselsberg hat einen guten Handyempfang" stellte er fest. Sollte das öffentliche Interesse für das Kapfenhardter Tal so groß und wichtig sein und keine öffentlichen Belange entgegenstehen, habe der Gesetzgeber Mittel und Wege, das durchzusetzen. "Es wird jetzt aber durch den erneuten Bauantrag versucht, dem Ortschaftsrat und dem Gemeinderat die Verantwortung zuzuschieben. Das ist eine Vorgehensweise, über die man sich nur wundern kann", klagte Nothacker.
Wird der "Schwarze Peter" herumgereicht?
CDU-Fraktionschef Joachim Zillinger fragte im Namen seiner Fraktion, ob die moderaten Änderungen gegenüber dem Antrag vom vergangenen Sommer eine Neuauflage des Antrags rechtfertigen würden. Außerdem erinnerte Zillinger daran, dass der Tagesordnungspunkt eigens aufgenommen worden sei, weil man davon ausgegangen sei, dass Landrat Helmut Riegger und einer seiner Experten ein großes Interesse daran gehabt hätten, bei der Gemeinderatssitzung persönlich die Bedeutung dieses Projekts zu verdeutlichen. "Vor gerade einmal fünf Werktagen kam dann, wenn ich es richtig vernommen habe, die Absage auf Teilnahme an der heutigen Sitzung", so Zillinger. Er fragte deshalb, warum die Neuauflage komme, da einige Gemeinderäte schon vorher damit gerechnet hätten, dass das Landratsamt das gemeindliche Einvernehmen ersetze. Man könne sich nicht des Eindrucks erwehren, dass hier der "Schwarze Peter" rumgereicht werde, so Zillinger: "Sich wegducken und der Verantwortung entziehen, scheint das Gebot der Stunde zu sein." Aus diesem Verhalten könne man auch Parallelen zur Corona-Thematik oder der Planungsoffensive bei den Windkraftanlagen erkennen.
Angesichts der gesundheitlichen Bedenken gegen den Mast aus der Bieselsberger Bevölkerung hätte sich die CDU-Fraktion einen weiteren, konstruktiven Dialog über mögliche gesundheitliche Aspekte entweder im Vorfeld oder während der Sitzung gewünscht. "Dieser gesundheitliche Dialog muss stattfinden", stellte Zillinger klar, und zwar nicht nur in Bieselsberg, sondern in ganz Schömberg. Hier müsse man sich auf Expertise von außen verlassen können. Die überwältigende Mehrheit der Schömberger wolle ein flächendeckendes, störungsfreies und empfangsbereites Mobilfunknetz, was 4G und deren Vorläufer betreffe. Auch 5G sollte man sich nicht verschließen, aber mit Reserviertheit und ohne Persilscheine vorab zu vergeben, so lange die Unbedenklichkeitsuntersuchungen nicht abgeschlossen seien, so Zillinger. Er forderte Dialog und Transparenz: "Diesen sich zu verweigern, sie zu ignorieren oder sich wegzuducken, ist keine akzeptable Haltung." Die CDU-Fraktion werde sich deshalb mehrheitlich der Stimme enthalten, "weil wir den Dialog mit Obrigkeit und Experten fordern und brauchen". Wenn das Landratsamt das gemeindliche Einvernehmen ersetzen wolle, sei man bereit, sich diesem Beschluss zu beugen. Die CDU-Fraktion erwarte aber bezüglich der gesundheitlichen Bedenken klare Stellungnahmen und bei 5G keinen Persilschein an die Netzbetreiber. Sollte das Landratsamt dieses gemeindliche Einvernehmen dagegen nicht ersetzen und die öffentlichen Belange als gering einschätzen, dann seien eine Stellungnahme zu den gesundheitlichen Bedenken und eine Unbedenklichkeitsprüfung von 5G nötig.
Gemeinderat Jan Neuweiler (MUZ) sagte, dass sich drei Räte seiner Fraktion enthalten würden. Man habe Respekt gegenüber der Meinung der Mehrheit der Bieselsberger Bürger, stimme aber auch nicht gegen den Bauantrag. Es werde sich zeigen, ob es in Sachen 5G ein Umdenken geben werde.
Gemeinderat Andreas Ehnis (CDU) machte deutlich, dass er wie schon im vergangenen Sommer uneingeschränkt für den Mast stimme. Er habe in dieser Hinsicht jüngere Bürger gefragt, die dafür seien. Er glaube an die Zukunft. "Es geht nicht nur um Bieselsberg", so Ehnis.
Bürgermeister Leyn sagte abschließend, dass eine Abwägung allen schwer falle, da es im Gemeinderat dazu keine Experten gebe. Das Gremium habe sich deshalb mit einer Entscheidung sehr schwer getan. Am Ende stimmten nur vier Gemeinderäte für den Funkmast, acht waren dagegen, sieben enthielten sich.
Landrat dienstlich verhindert
Janina Dinkelaker, Pressesprecherin des Landratsamtes Calw, teilte zu dem Vorgang am Mittwoch auf Nachfrage unserer Redaktion mit, dass das Landratsamt die Entscheidung des Ortschafts- und Gemeinderates zur Kenntnis genommen habe: "Nun werden in aller Sorgfalt die unterschiedlichen Optionen geprüft." Grundsätzlich sei anzumerken, dass nach dem Baugesetzbuch ein Vorhaben im Außenbereich zulässig sei, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstünden, die ausreichende Erschließung gesichert sei und das Vorhaben Telekommunikationsdienstleistungen diene. Dinkelaker bestätigte noch einmal, dass es auf Wunsch der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt überhaupt keinen Zaun geben werde. Die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen seien anderweitig möglich. Zur Abwesenheit von Landrat Riegger teilte Dinkelaker per E-Mail mit, dass eine Teilnahme des Landrats an der Gemeinderatssitzung an diesem Abend aus dienstlichen Gründen nicht möglich gewesen sei.