Geflüchtete sollen künftig Leistungen per Bezahlkarte erhalten. Im Kreis Rottweil könnte das unter Umständen recht schnell gehen, denn der Landkreis hat sich für ein Pilotprojekt beworben. Das hat aber nicht nur Vorteile.
„Wir sehen die Bezahlkarte als wichtigen Baustein für die Begrenzung irregulärer Migration“, erklärte Marcus Türk, Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion.
Diese hatte Ende Januar einen Antrag bezüglich der Bezahlkarte für Flüchtlinge eingereicht mit der Bitte, zu prüfen, wann und unter welchen Bedingungen die Bezahlkarte möglichst zeitnah im Kreis Rottweil eingeführt werden kann.
„Keine Insellösung“
Die Bezahlkarte soll eine guthabenbasierte Karte mit Debit-Funktion sein, die als Bargeld-, aber nicht als Kontoersatz dient.
„Wir wollen keine Insellösung“, machte Landrat Wolf-Rüdiger Michel nun in der jüngsten Kreistagssitzung klar und spielte damit unter anderem auf das Modell in der Ortenau an.
„Social Card“ ist hier kein Thema
Der Ortenaukreis war vorgeprescht und hatte eine so genannte „Social Card“ eingeführt. Diese Karte sei allerdings nicht mit der Bezahlkarte gleichzusetzen, sondern nur eine Zwischenlösung, erklärte Michel.
Erhalten hätten sie Flüchtlinge, die vor kurzem angekommen seien und nicht die nötigen Papiere zur Eröffnung eines eigenen Bankkontos hätten. Nach der Einrichtung eines Kontos werde die „Social Card“ wieder eingezogen.
Im Ortenaukreis sei die „Social Card“ an 300 bis 400 Flüchtlinge gegangen. Im Kreis Rottweil gehörten nur etwa 80 Menschen zu dieser Personengruppe. Das Ortenau-Modell würde sich für Rottweil also schlichtweg nicht lohnen, so der Landrat.
Bewerbung als Pilot
Man strebe mindestens eine landes-, besser aber noch eine bundeseinheitliche Lösung an, meinte Michel. Neben Baden-Württemberg setzten auch die meisten anderen Bundesländer auf das Bezahlkartenmodell. Lediglich Bayern und Mecklenburg-Vorpommern würden eigene Lösungen planen.
Der Landkreistag in Baden-Württemberg hatte darüber informiert, dass die Bezahlkarte wohl nicht in allen Stadt- und Landkreisen zeitgleich eingeführt werden kann. Deshalb habe sich Rottweil nun als Pilot-Landkreis beworben. Der Zuschlag könnte im Sommer erfolgen.
Kinderkrankheiten bleiben nicht aus
„Wir stehen in den Startlöchern und möchten bei der Einführung möglichst dicht dran sein“, betonte Landrat Michel. Auf diese Weise erlebe man zwar auch alle Kinderkrankheiten mit, könne damit dann aber vielleicht auch besser umgehen. „Aus Darstellungsgründen eine eigene Karte vorher an den Start zu bringen, ist aus unserer Sicht nicht sinnvoll“, sagte Wolf-Rüdiger Michel.
Überweisungen ins Ausland befürchtet
Überweisungen ins Ausland sollen mit der Bezahlkarte nicht möglich sein, meinte Sozialdezernentin Angela Jetter auf Nachfrage von Thomas Engeser (FWV). Das Geld soll demnach der Existenzsicherung der Flüchtlinge dienen und nicht in die Heimatländer geschickt oder zur Bezahlung von Schleuserbanden verwendet werden.
Dass Bargeld abgehoben und dann ins Ausland geschickt wird, werde man aber kaum verhindern können, da die Bargeldabhebung rechtlich nicht ausgeschlossen werden dürfe, so Jetter.
Limitierung muss Land festlegen
Details, wie eine Limitierung der Höhe bei der Bargeldabhebung, eine Einschränkung der räumlichen Nutzung oder den Ausschluss von Glücksspiel beispielsweise, müsse die Landesregierung festlegen, meinte Landrat Michel.
Berthold Kammerer (SPD) meinte, er sehe die Bezahlkarte nicht als Mittel zur „Abschreckung“ – Flüchtlinge ließen sich durch so etwas ohnehin nicht „abschrecken“ – sondern als Mittel für mehr Effizienz in der Verwaltung.