Ministerpräsident Kretschmann fordert ein Sondervermögen. (Archivbild) Foto: Lichtgut/Leif Piechowski/Leif Piechowski

Wie sollen die enormen Investitionen in eine zukunftsfähige Infrastruktur finanziert werden? Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident hat dafür eine Idee.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann fordert Sondervermögen für dringend notwendige Investitionen in die Infrastruktur. „Wir brauchen die Möglichkeit, ein Sondervermögen über Kredite aufzubauen, das nur für ganz bestimmte Investitionszwecke überhaupt verwendet werden darf“, sagte der Grünen-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Als Beispiel nannte Kretschmann den Aufbau eines Wasserstoffnetzes, der dringend angegangen werden müsse. 

„Wir haben heute so gut wie keinen grünen Wasserstoff, das ist noch Zukunftsmusik. Aber dass der kommen wird, ist völlig unbestritten. Dann braucht man diese Netze und wer die dann nicht hat, gerät sofort in enorme Wettbewerbsproblemen“, sagte Kretschmann. Weil es aber erst in zehn Jahren relevante Mengen an grünem Wasserstoff gebe, haben man so lange auch keine Rückflüsse von Investitionen in das Netz. „Dafür brauchen wir die Gelegenheit, Kredite aufzunehmen, die man über einen relativ weiten Zeitraum tilgen kann.“

Kretschmann will Schuldenbremse nicht lockern

Er sei überhaupt nicht dafür, allgemein die Schuldenbremse zu lockern, so Kretschmann. „Da stehe ich voll dahinter.“ Diese sei eine wichtige Errungenschaft und habe den Sinn, künftige Generationen vor zu hohen Schulden und Zinsbelastungen zu schützen. „Aber: Die Schuldenbremse darf keine Zukunftsbremse werden. Bleiben wichtige Investitionen aus, schadet dies ebenfalls der kommenden Generation“, sagte der Grünen-Politiker der dpa. 

Die Schuldenbremse wurde 2009 nach der globalen Finanzkrise im Grundgesetz verankert. Demnach dürfen Bund und Länder ihre Haushaltsdefizite nicht mehr mit der Aufnahme von Krediten ausgleichen. 

Wie weiter mit der Schuldenbremse?

Es gibt über sie seit längerem eine Debatte, so fordern einige Wirtschaftswissenschaftler eine Reform, um dem Staat mehr Spielräume zu geben. CDU-Landeschef Manuel Hagel hatte dagegen Anfang des Jahres deutlich höhere gesetzliche Hürden für Ausnahmen von der Schuldenbremse gefordert. Wie im Südwesten solle auch im Bund dafür eine Zweidrittelmehrheit im Parlament nötig sein, sagte er im April. „Wir brauchen eine Art Ewigkeitsgarantie für die Schuldenbremse, dass die Diskussion mal aufhört. Alle, die jetzt immer von Reformen reden, wollen die Schuldenbremse doch in Wahrheit ordentlich schleifen.“ 

Als weiteres Beispiel nannte Kretschmann die Bahn. „Die Ampel hat da einen enormen Sanierungsstau geerbt, weil man jahrzehntelang nicht investiert hat. Den kann man jetzt nicht einfach nur in einem Haushalt auflösen“, sagte der Ministerpräsident. Dennoch müsse man in dem Bereich stark investieren - sonst laufe man Gefahr den nachfolgenden Generationen Lasten aufzubürden, nur weil man sie derzeit nicht tragen wolle. „Es kann ja keiner ernsthaft wollen, dass wir das jetzt nur Stück für Stück machen. Das muss man jetzt wirklich schnell machen, sonst kommen wir beim Klimaschutz nicht voran.“

Unterstützung von Stoch

Es müsse aber auch klar sein, dass der Staat alleine nicht die nötigen Investitionen stemmen könne, so Kretschmann. „Wir müssen sehr viel mehr privates Kapital aktivieren.“

Investitionen in Wasserstoff und das Schienennetz seien essenziell, sagte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. „Dafür braucht es aber kein Aufweichen der Schuldenbremse. Die linken und grünen Gegner des soliden Haushaltens opfern damit blind die fiskalische Nachhaltigkeit zugunsten der ökologischen.“ Der SPD-Fraktionsvorsitzende Andreas Stoch sagte, Baden-Württemberg habe kein Schulden-, sondern ein Wachstumsproblem. „Der Ministerpräsident hat deshalb unsere vollste Unterstützung, wenn es darum geht, Geld in die Hand zu nehmen und unser Land und unsere Wirtschaft zukunftssicher zu machen.“ Kretschmann sei noch fast zwei Jahre im Amt. Da blieben genügend Möglichkeiten ein entsprechendes Sondervermögen einzurichten.