Foto: Peter-Michael Petsch

Welche Haltung beziehen die für den Gemeinderat kandidierenden Gruppierungen zu wichtigen Themen der Stadtpolitik? Zu fünf Fragen haben wir die Spitzenkandidaten der zwölf Listen um Antworten gebeten. Hier die erste von vier Folgen – mit den Grünen, der CDU und der SPD.

Welche Haltung beziehen die für den Gemeinderat kandidierenden Gruppierungen zu wichtigen Themen der Stadtpolitik? Zu fünf Fragen haben wir die Spitzenkandidaten der zwölf Listen um Antworten gebeten. Hier die erste von vier Folgen – mit den Grünen, der CDU und der SPD.

1. Was kann, was muss Stuttgart für die Energiewende tun?

Die Grünen, Silvia Fischer (59), Berufsschullehrerin:

"Für uns sind die Energieeinsparung und -effizienz die wichtigsten Bausteine. Die Stadt selber ist hier schon weit, aber bei den privaten Gebäuden ist mehr zu tun, um die Sanierungsquote zu erhöhen. In der Hauptstadt der Ingenieure und Tüftler muss mehr effiziente, fortschrittliche Technik beim Heizen  eingesetzt werden. Stadt, Energieberatungszentrum Stuttgart und Stadtwerke müssen hier gemeinsam ein Konzept erarbeiten, um die Bevölkerung bei der Energiewende zu unterstützen. Wo machbar, soll in Stuttgart nachhaltige Energie erzeugt werden."

CDU, Alexander Kotz (43), selbstständiger Handwerksmeister:

"Städte wie Stuttgart sollten ihren Beitrag zur Energiewende im Schwerpunkt durch solare Energieerzeugung und durch Energieeffizienz leisten. Das  städtische Förderprogramm für energetische Gebäudesanierungen ist  auszuweiten. Eine im Hinblick auf die dichte Besiedlung angemessene und mögliche weitere Windkraftenergieerzeugung an neuen Standorten sehen wir nicht. Durch unsere künftige Miteigentümerschaft an den Strom- und Gasnetzen können wir diese Energieadern so aufrüsten, dass sie intelligente Netze für die Energiewende werden."

SPD, Martin Körner (43), Diplomvolkswirt:

"Am meisten können wir bei der Wärme für Gebäude tun: Neue oder sanierte Gebäude sollten deutlich weniger Energie verbrauchen und möglichst auch eigene Energie erzeugen. Blockheizkraftwerke und Nahwärmenetze können dabei eine zentrale Rolle spielen. Hier sollten u. a. Kooperationen mit Wohnungsbaugenossenschaften auf den Weg gebracht werden, die in diesem Bereich bereits aktiv sind. Für alle städtischen Gebäude sollte gemeinsam mit unseren Stadtwerken ein Sanierungsfahrplan erstellt und dann Punkt für Punkt abgearbeitet werden."

Die Kandidaten zur Flächennutzung

2. Nur dichtes Bauen auf Stuttgarts knappen Flächen oder auch Häuschen mit Garten?

Die Grünen, Silvia Fischer (59), Berufsschullehrerin:

"Unsere Flächen sind knapp und endlich. Bauen auf der grünen Wiese gefährdet das Stadtklima und die Erholungsflächen und damit auch die Qualität bestehender Wohnungen. Daher braucht es eine effiziente, kluge und kreative Ausnutzung der Flächen. Dabei muss die Wohnform jedoch zum Ort passen. Aber es braucht auch öffentliches Grün, begrünte Hinterhöfe, Stadtbäume und mehr, um die Wohnqualität bei dichten Bebauungen zu verbessern. Wo Bauland teuer ist, weil es wenig gibt, braucht es eine bessere Ausnutzung, um bezahlbaren Wohnraum für viele zu schaffen."

CDU, Alexander Kotz (43), selbstständiger Handwerksmeister:

"Wie in vielen Bereichen möchte die CDU unterschiedliche Angebote machen, aus denen  jeder nach seiner Situation und Präferenz das Passende aussuchen kann. So sehen wir das auch beim Wohnen. In Stuttgart muss es Angebote für Baugemeinschaften, für Eigentumswohnungen, aber eben auch für Einfamilien- und Reihenhäuser geben. Es kann nicht sein, dass junge Familien, die ein  Haus mit kleinem Garten möchten, aus der Stadt ziehen müssen. Der geförderte Wohnungsbau ist auszuweiten, um auch für Bürger, die nicht selbst am Wohnungsmarkt erfolgreich sind, Wohnraum zu schaffen."

SPD, Martin Körner (43), Diplomvolkswirt:

"Beides muss weiterhin möglich sein. Der Garten wird aber eher kleiner ausfallen, weil es in Stuttgart nun einmal eng zugeht. Aus SPD-Sicht fehlt es vor allem an bezahlbaren Wohnungen für Familien mit Kindern, für Polizisten, Krankenschwestern, Erzieherinnen, Busfahrer oder Rentnerinnen und Rentner. Daher brauchen wir dringend neu gebaute, preiswerte Mietwohnungen, zum Beispiel von Wohnbaugenossenschaften, die die Stadt wieder stärker unterstützen sollte. Gut sind auch Baugemeinschaften, die gemeinsam Wohnungen bauen und Verantwortung für ihr Wohnumfeld übernehmen."

Die Kandidaten zur Verkehrssituation

3. Was ist Ihnen wichtiger: freie Fahrt für Autos oder bessere Luftqualität?

Die Grünen, Silvia Fischer (59), Berufsschullehrerin:

"Eine gute Luftqualität ist eine Grundvoraussetzung für ein gesundes Leben. Die zukünftige Mobilität muss sich deshalb an die Bedürfnisse der Menschen anpassen –  nicht umgekehrt. Verkehr in Bussen und Bahnen, mehr kurze Wege zu Fuß, mehr Radverkehr und nachhaltige Antriebsarten wie Elektro-Pkw und -Lkw. Wenn mehr Leute vom Auto auf andere Verkehrsarten umsatteln, wird der Stau kürzer. Damit wird nicht nur die Luft besser, sondern auch die Mobilität als Wirtschaftsfaktor hat eine Zukunft in Stuttgart. Wir können heute zeigen, was wir morgen in der Welt verkaufen können."

CDU, Alexander Kotz (43), selbstständiger Handwerksmeister:

"Für uns gibt es diesen Widerspruch gar nicht oder nur sehr eingeschränkt. Für eine Wirtschaftsmetropole wie Stuttgart ist ein flüssiger Individualverkehr zwingend nötig. Wir sehen aber mit intelligenter Verkehrssteuerung und – wo sinnvoll – mit weiterem Straßenausbau die Möglichkeit, den Verkehr zu verflüssigen. Dazu muss Stuttgart E-Mobilitäts-Stadt Nummer eins in Deutschland werden. Mit verstärktem Einsatz von E-Mobilität können wir Feinstaub und Lärm deutlich reduzieren. Natürlich  gehen diese Maßnahmen einher mit weiteren Attraktivitätssteigerungen des ÖPNV."

SPD, Martin Körner (43), Diplomvolkswirt:

"Die Stuttgarterinnen und Stuttgarter sind so viel unterwegs wie noch keine Generation vor ihnen. Diesem Wunsch nach Mobilität können wir auch ohne schlechte Luft gerecht werden, wenn wir den ÖPNV und den Fahrradverkehr stärken. Zum Beispiel mit dem erfolgreichen Jobticket oder mit einem verlängerten 10-Minuten-Takt bei der Stadtbahn am Abend. Außerdem brauchen wir eine Fahrradoffensive, weil wir hier in Stuttgart noch deutlich besser werden können, zum Beispiel durch ein Fahrradverleihsystem, bei dem das Fahrrad auch abends mit nach Hause genommen werden kann."

Die Kandidaten zu Betreuungsmodellen

4. Welche Betreuungsmodelle sollte es an Grundschulen geben?

Die Grünen, Silvia Fischer (59), Berufsschullehrerin:

"Die Zukunft der Schulen liegt in den Händen der Schulen und der Eltern, denn die können jetzt entscheiden, welchen Weg die Grundschulen gehen sollen: Halbtagsschule, Ganztagsschule oder beides. Bei der Ganztagsschule mit der Wahl zwischen Schule bis 15 oder 16 Uhr. Immer verbunden mit mehr Qualität in der pädagogischen Arbeit und für die  Schüler. Es bedeutet Verlässlichkeit, Mittagessen und Qualität. Es bedeutet aber auch eine Umstellung im Schulalltag. Dabei soll das außerschulische Angebot nicht zu kurz kommen und an die Schulen angepasst werden."

CDU, Alexander Kotz (43), selbstständiger Handwerksmeister:

"Auch hier muss sich das Angebot nach den Bedürfnissen der Eltern richten. Die CDU hat daher eine Befragung aller Kita- und Grundschuleltern zu deren Bedürfnissen bei der Grundschulbetreuung beantragt. Leider wurde diese durch die linke Mehrheit im Rathaus abgelehnt. Wir möchten, dass die Halbtagsschule mit zusätzlichen Betreuungsangeboten weiter  flexible Alternative zur Ganztagsgrundschule ist. Viele Eltern benötigen die Betreuung ihrer Kinder nur an einem oder zwei Nachmittagen nach der Grundschule und wollen sie  nicht verpflichtend vier Tage in die Ganztagsschule geben."

SPD, Martin Körner (43), Diplomvolkswirt:

"Die SPD steht zu dem vom Gemeinderat beschlossenen Modell: Die Schulen sollen selbst entscheiden, ob sie Halbtags- oder Ganztagsschulen sein wollen. Wenn sie sich für die Ganztagsschule entscheiden, kann es auch noch in einer Schule die Wahlmöglichkeit zwischen einem echten Ganztagsangebot mit besseren pädagogischen Möglichkeiten und einem Halbtagsangebot mit  Mittagessen und Betreuung bis 14 Uhr geben. Ein Zurück in die Vergangenheit, wie es die CDU vorschlägt, lehnen wir ab. Auch, weil wir auf viele Lehrer und viel Geld vom Land verzichten würden."

Die Kandidaten zur öko-sozialen Ratsmehrheit

5. Noch regiert OB Kuhn mit einer öko-sozialen Ratsmehrheit. Wäre es für ihn schwerer, seine Ziele mit einer bürgerlichen Mehrheit umzusetzen?

Die Grünen, Silvia Fischer (59), Berufsschullehrerin:

"Der OB regiert nicht mit einer bestimmten Mehrheit. Sein Aktionsplan „Nachhaltig mobil“, das Konzept „Wohnen“ und das „Verkehrsentwicklungskonzept“ sowie der erste Haushalt unter seiner Führung wurden jeweils von einer breiten Mehrheit getragen. Manche Themen, die Stuttgart in den letzten fünf Jahren unter grüner Führung vorangebracht haben und die von vielen BürgerInnen schon als selbstverständlich angesehen werden, würden aber an Fahrt verlieren oder abgebremst, sollten CDU/FW/FDP aus der Wahl wieder mit der jahrzehntelangen „alten“ Mehrheit hervorgehen."

CDU, Alexander Kotz (43), selbstständiger Handwerksmeister:

"Der Gemeinderat lebt gerade auch von unterschiedlichen Mehrheiten bei verschiedenen Themen. Dies war in der Vergangenheit so und wird sicher auch künftig so sein. Die CDU kämpft bis zum 25. Mai dafür, wieder größte Fraktion zu werden und dann noch gestaltender als bisher zu arbeiten. Wir werden mit allen demokratischen Fraktionen zusammenarbeiten, um die richtigen Entscheidungen für Stuttgart treffen zu können. Wir werden OB Kuhn, wie 2013, bei richtigen Vorschlägen und Initiativen unterstützen, ihn bei falschen Weichenstellungen aber kritisieren und diese ablehnen."

SPD, Martin Körner (43), Diplomvolkswirt:

"Seit 2009 konnten wir aufgrund der neuen Mehrheitsverhältnisse viel Positives bewegen: Eine bessere Kinderbetreuung, die überfällige Sanierung baufälliger Schulen, Vorgaben zum Bau preiswerter Wohnungen sind nur wenige Beispiele. Für eine gute Zukunft Stuttgarts wäre ein konservativer politischer Kurs ein herber Rückschlag. Ich bin aber überzeugt, dass die neu aufgestellte Stuttgarter SPD deutlich zulegen kann. Den OB unterstützen wir, wenn er ein Bündnis für Wohnen auf die Beine stellt, wenn er sich für bessere Bildungschancen für alle und für faire Arbeitsbedingungen einsetzt."