Nach neun Spielen ohne Sieg wirkt der Mainzer Trainer Thomas Tuchel etwas dünnhäutig.
Mainz - Thomas Tuchel (38) kann vieles. Eines aber kann er nicht besonders gut: verlieren. Doch genau das musste der Trainer des FSV Mainz 05 in den vergangenen Wochen oft. Fünf Heimspiele in Folge haben die Schützlinge des ehemaligen VfB-Jugendtrainers verloren. Insgesamt warten sie seit neun Bundesligaspieltagen auf einen Sieg.
Es ist ein ganz neues Gefühl für Thomas Tuchel. Seit dem 3. August 2009 ist der gebürtige Krumbacher Cheftrainer bei den 05ern. Und bis zu dieser Saison ging es für ihn eigentlich stetig bergauf. Platz neun im ersten Jahr, Platz fünf und die Qualifikation für die Europa-Liga im zweiten. Und nun? Nun stecken sie im Tabellenkeller fest. Die Leichtigkeit, mit der die Mainzer in der vergangenen Saison begeistert haben, ist weg. Mit nur neun Punkten stehen sie auf Rang 15, punktgleich mit dem 16., dem Hamburger SV. "Wir müssen uns mit dem Kampf gegen den Abstieg anfreunden", sagte Stürmer Eric Choupo-Moting. Mit so einem tiefen Fall hatte bei den Rheinhessen niemand gerechnet. Trotz der Weggänge von André Schürrle, Lewis Holtby und Christian Fuchs. Spurlos geht die neue Situation am Bruchweg an niemandem vorbei. Schon gar nicht an Thomas Tuchel. "Ich bin maßlos enttäuscht", sagte er nach der jüngsten Pleite, dem 1:3 gegen Werder Bremen.
Den dynamischen Jungtrainer Tuchel, den Sonnyboy der Liga, listig, lässig, frech und voll positiver Emotionen, gibt es derzeit nicht. Der Thomas Tuchel im Herbst 2011 tobt, zetert, ist gereizt und fühlt sich ungerecht behandelt, er legt sich mit Schiedsrichtern und Journalisten an. Der Mainzer Trainer ist dünnhäutig geworden.
Tuchel muss sich keine Sorgen um Job machen
Die Schuld dafür sucht Tuchel aber nicht bei sich selbst. "Das ist der neuen Situation geschuldet. Wir sind Fünfzehnter und nicht mehr Fünfter. Da wird stärker nach Ansätzen für Kritik gesucht", sagte der Coach vor dem Heimspiel gegen den VfB Stuttgart an diesem Freitag (20.30 Uhr/Sky, Liga total). Und er besteht darauf: "Ich habe mein Verhalten in den vergangenen Jahren nicht verändert." Allerdings hatte er in den vergangenen Jahren ja auch kaum Grund, seine andere Seite in der Öffentlichkeit zu zeigen.
Der einst als Konzepttrainer mit Matchplan gefeierte Coach kann mit der Talfahrt offensichtlich nicht umgehen. Er selbst sieht das freilich ganz anders. "Ich reflektiere ständig, was ich tue. Und ich erlaube mir weiter, unbequem zu sein. Ich habe ein dickes Fell", sagt er fast trotzig. Auch an seiner Spielphilosophie will er nichts ändern. "Es gibt keinen Grund, an diesem Weg zu zweifeln. Er ist alternativlos", betont er. "Ich weiß aktuell keinen anderen Weg, als über gute Leistungen zu punkten."
Immerhin muss sich Tuchel keine Sorgen um seinen Job machen. Glaubt man den Worten von 05-Präsident Harald Strutz, hat der Coach Narrenfreiheit beim Karnevalsverein: "Wir gehen mit ihm den gleichen Weg wie mit Jürgen Klopp. Wenn es gut läuft, läuft es gut. Wenn es schlecht läuft, läuft es schlecht." Damit es nicht noch schlechter läuft, verlangt Tuchel gegen den VfB endlich den ersten Sieg seit dem 13. August (2:1 beim SC Freiburg). "Wir sind imstande, Spiele gegen die unterschiedlichsten Gegener zu dominieren. Aber wir müssen auch den letzten Schritt gehen", sagte der Coach. "Wir brauchen endlich das verdammte Ergebnis auf der Anzeigetafel."