Mit diesem Bild eines Mädchens werben die "Frühlingserwachen"-Veranstalter für die Kundgebung in Balingen. Wer daran teilnimmt, muss Maske oder Gesichtsschild tragen – und darf während des Aufzugs nichts essen, nicht trinken und auch nicht rauchen. Das hat die Stadtverwaltung zu Auflagen gemacht. Foto: © Formatoriginal/dkimages/bayurov/Niko – stock.adobe.com

Das Sigmaringer Verwaltungsgericht hat am Freitag die Auflagen der Balinger Stadtverwaltung für die an diesem Samstag geplante Versammlung unter dem Motto "Frühlingserwachen" in der Balinger City bestätigt. Die Veranstalter aus dem Umfeld der "Lichtspaziergänge" wollten insbesondere das Ess-, Trink- und Rauchverbot kippen.

Balingen/Sigmaringen - Wie berichtet, soll an diesem Samstagabend wie andernorts auch eine Versammlung unter dem Motto "Frühlingserwachen – für Freiheit und Demokratie" stattfinden. Vorgesehen sind von 18 Uhr an eine Kundgebung sowie ein Spaziergang; weitere Versammlungen sind geplant.

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In sozialen Netzwerken sprechen die Veranstalter ausdrücklich vom "Lichtspaziergang 2.0", einer Wiederaufnahme der Demonstrationen also, die im November und Dezember stattgefunden hatten und die die Stadtverwaltung nach massiven Verstößen gegen die Corona-Verordnungen schlussendlich verboten hatte.

Verwaltungsrichter geben Stadtverwaltung Recht

Das "Frühlingserwachen" war dem Ordnungsamt vor wenigen Wochen angezeigt worden, die Behörde hatte die Veranstalter daraufhin am 9. März über die vorgesehenen Auflagen informiert: Die Teilnehmer – nach Veranstalterangaben rechnet man mit rund 500 Menschen – müssen demnach die in Corona-Zeiten geltenden Abstände zueinander einhalten, sie müssen einen Mund-Nasen-Schutz oder ein Gesichtsschild tragen.

Neu hinzugenommen als Auflage hat die Stadt zudem das Verbot, während der Versammlung und des Demonstrationszugs zu essen, zu trinken oder zu rauchen – und zwar mit einer interessanten Begründung: Dies sei von Teilnehmern der "Lichtspaziergänge" dazu genutzt worden, die Maskenpflicht zu umgehen. Gegen diese Auflagen hatten die Veranstalter Widerspruch bei der Stadt eingereicht und zudem am Donnerstag dieser Woche einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beim Verwaltungsgericht Sigmaringen eingereicht. Damit wollten sie verhindern, dass die Auflagen an diesem Samstag schon in Kraft treten können.

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Die Verwaltungsrichter gaben indes der Balinger Stadtverwaltung praktisch in vollem Umfang Recht. Das geht aus dem Beschluss hervor, der unserer Zeitung in Auszügen vorliegt.

Den Aufschiebungsantrag lehnte die Zehnte Kammer am Freitag demnach ab, da das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Auflagen höher zu gewichten sei als das Aussetzungsinteresse der Veranstalter. Eine Aussetzung komme nicht in Betracht, weil der Widerspruch gegen die Auflagen aller Voraussicht nach erfolglos bleiben werde.

Nur bestimmte Personen dürfen essen und trinken

So sei, schreiben die Richter, die Pflicht zum Tragen eines Gesichtsschilds für Teilnehmer, die laut ärztlichem Attest vom Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes befreit sind, erforderlich und angemessen. Der Einwand der Veranstalter, Betroffene könnten sich wegen des kurzen zeitlichen Vorlaufs keinen solchen Schild mehr besorgen, verfange nicht, zumal diese Auflage bereits seit mehreren Tagen bekannt sei und die Veranstalter damit "für eine rechtzeitige Information des Teilnehmerkreises" Sorge hätte tragen können. Ohnehin, so die Richter weiter, dürfte "in den einschlägigen Kreisen spätestens seit November 2020 bekannt sein, dass die Versammlungsbehörden das Tragen eines Visiers bei Befreiung von der Maskenpflicht durch Attest zur Auflage machen" dürften.

Ebenso bestätigen die Sigmaringer Verwaltungsrichter das Verbot des Konsums von Speisen und Getränken sowie des Rauchens während des "Frühlingserwachens" – mit ganz speziellen Ausnahmen: Ausgenommen vom Ess- und Trinkverbot sind Personen, die nachgewiesenermaßen an einer Krankheit leiden, die einen Aufschub von Nahrungsmittel- oder Getränkekonsum um maximal zwei Stunden nicht zulässt.

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Für alle anderen gilt: Essen, trinken und rauchen sind während der Versammlung an diesem Samstagabend in der Balinger Innenstadt nicht erlaubt. Die Richter sehen "hinreichende Anhaltspunkte" dafür, dass die Teilnehmer – wie schon während den "Lichtspaziergängen" geschehen und polizeilich dokumentiert – ansonsten ganz bewusst das Maskengebot umgehen würden. "An Eignung und Erforderlichkeit des Verbots bestehen keine Zweifel", schreiben die Richter.

Zudem dürfte dieses Verbot, heißt es im Beschluss, auch im Lichte des Grundgesetzartikels 8 – Versammlungsfreiheit – verhältnismäßig sein: Auch ohne zu essen, zu trinken oder zu rauchen sei die öffentliche Meinungskundgabe problemlos möglich. Wer rauchen, trinken oder essen wolle, dem sei es ohne weiteres zumutbar, sich dafür deutlich – mindestens 50 Meter – vom Versammlungsgeschehen zu entfernen und sich dem Aufzug danach wieder anzuschließen.