München - Was ist los, wenn der Partner plötzlich anfängt, andere Menschen auf der Straße zu beschimpfen, auf fremde Personen zugeht und sie anstarrt, aggressiv und taktlos wird – überhaupt völlig enthemmt ist? Wenn er Interessen und Hobbys vernachlässigt, apathisch ist, kein Interesse mehr an seiner Familie hat? Dann könnte er an einer sogenannten Frontotemporalen Demenz (FTD) leiden. Bei einigen Betroffenen verändert sich das Verhalten innerhalb von Monaten, bei anderen dauert es ein paar Jahre. In manchen Fällen kommt es zügig zum Verlust von Sprachfähigkeiten. Die Patienten verstummen. Anfangs bemerken nur die direkten Angehörigen die Veränderungen.

So mancher Arztbesuch führt zunächst zur Diagnose Depression, Parkinson oder Ähnlichem. „Da das Gedächtnis in der ersten Zeit noch recht gut arbeitet, liegt der Gedanke an eine Demenz zuerst mal noch fern. Zu sehr verbindet man Demenz mit dem Verlust geistiger Funktionen wie Denken, Erinnern, Orientieren und Verknüpfen von Denkinhalten“, sagt die klinische Neurowissenschaftlerin Janine Diehl-Schmid vom Zentrum für kognitive Störungen und kognitive Rehabilitation des Klinikums rechts der Isar in München.

Wenn dann deutliche Gedächtniseinbußen beobachtbar werden, denken viele zunächst an Alzheimer. Diese Demenzform macht zwar etwa 60 Prozent der Erkrankungsfälle aus. Andere Demenzformen wie die Frontotemporale Demenz sind zumeist recht unbekannt. „FTD ist mit geschätzten fünf Prozent aller Demenzerkrankungen eher selten, aber insbesondere für die Angehörigen extrem belastend“, sagt die FTD- und Alzheimer-Expertin Diehl-Schmid. Es gebe aber auch eine gewisse Dunkelziffer, da manche, insbesondere die langsam verlaufenden FTD-Erkrankungen, erst unerkannt bleiben.

Die meisten erkranken zwischen 40 und 60 Jahren

FTD trifft Menschen unterschiedlichster Bildungsgrade, von der gefeierten Wissenschaftlerin über den Oberarzt bis zur angelernten Hilfskraft. Die meisten Betroffenen erkranken bereits im Alter zwischen 40 und 60 Jahren. Das durchschnittliche Alter bei Beginn der ersten Symptome liegt bei 58 Jahren. Zwischen Diagnose und Tod vergehen durchschnittlich acht bis zehn Jahre.