Dynamisch und motiviert bis in die Haarspitzen: Frisch-Auf-Rückkehrer Michael Kraus (re.) setzt sich beim Kempa-Cup in Sindelfingengegen Gedeon Guardiola (Rhein-Neckar-Löwen) durch Foto: Pressefoto Baumann

Sechs Jahre lang war Michael Kraus nur Gast in der Region. Nun ist der Handball-Weltmeister von 2007 zurück bei Frisch auf Göppingen – und sein erster größerer Auftritt in Sindelfingen hat gezeigt: Die Fans haben ihren Mimi nicht vergessen.

Sindelfingen - Mit Handball hat man Marius Müller-Westernhagen bislang nicht wirklich in Verbindung gebracht. Mit Sindelfingen auch nicht unbedingt. Doch wer am Wochenende im Glaspalast einen Blick auf Michael Kraus riskiert hat, dem dürfte auch der Sänger in den Sinn gekommen sein – oder zumindest einer seiner Hits. Denn der geht so: „Ich bin wieder hier, in meinem Revier, war nie wirklich weg, hab mich nur versteckt.“ Nun ist auch Michael Mimi Kraus wieder hier.

Gut, Sindelfingen ist nicht gänzlich das Revier des mittlerweile 29-Jährigen, doch ist das Vorbereitungsturnier um den Kempa-Cup einer der ersten öffentlichen Auftritte des Weltmeisters von 2007 seit seiner Rückkehr zu Frisch Auf – der beweist: Seine Fans haben ihn in den sechs Jahren seiner Abwesenheit nicht vergessen.

Die meist jugendlichen Fans umringen ihren Liebling noch immer, Autogramme schreibt er im Akkord – eines ist dann aber doch anders: Mimi Kraus wirkt gereift.

Als Weltmeister und Shootingstar des deutschen Handballs hatte er 2007 seine Heimat verlassen und war zum TBV Lemgo gewechselt. Experten und Trainer waren sicher: Kraus hat das Zeug, ein ganz Großer zu werden. Technisch brillant, schnell, ein gute Übersicht, ein variables Wurfbild – es schien alles zu passen. Doch sowohl in Lemgo, als auch von 2010 bis 2013 beim HSV geriet seine Karriere irgendwie ins Stocken. Ein teils unprofessioneller Lebenswandel wurde ihm in regelmäßigen Abständen vorgeworfen, in der Nationalmannschaft kam er nicht mehr zum Zug, und heute gibt Kraus selbst offen zu: „Ich habe sicherlich Fehler gemacht.“

Spielerisch ließ Mimi Kraus seine Klasse mehrfach aufblitzen

Die sich aus der Vergangenheit ergebenden Sorgen treiben die Göppinger Fans auch aktuell um. „Wenn er sein privates Umfeld in den Griff bekommt, ist er auf jeden Fall eine Verstärkung“, glaubt Jens Uckmann. Seine Frau Stephanie findet es gut, dass Mimi Kraus wieder da ist, „aber der ganze Hype, der gemacht wird“, ist ihr „zu extrem“. Annika Menner dagegen freut sich vorbehaltlos über die Rückkehr und sagt. „Ich habe im Vergleich zu vielen anderen nichts dagegen, dass er wieder da ist.“ So oder so – der Neuanfang in der alten Heimat ist für die Frisch-Auf-Anhänger das Thema vor der anstehenden Saison der Handball-Bundesliga.

Spielerisch ließ Mimi Kraus seine Klasse in den Spielen beim Kempa-Cup schon mehrfach aufblitzen und führte sein Team auf Platz zwei hinter dem SC Magdeburg. Sein Ziehvater und Trainer Velimir Petkovic ist ohnehin sicher, dass Kraus zu alter Stärke zurückfindet. „Ich bin überzeugt, dass er wieder einen Schritt nach vorne macht. Ich freue mich sehr, dass er wieder da ist und wünsche mir, dass er mit seiner Erfahrung und seinem Willen die Mannschaft mitreißt und Verantwortung übernimmt.“

Der alte und neue Spielmacher soll also nach einer schwachen Göppinger Saison der Heilsbringer sein und die Mannschaft wieder in die Erfolgsspur bringen. „Die Erwartungen an Mimi Kraus sind immer hoch“, sagt er über die Ansprüche an die eigene Person – und kann das mittlerweile gut einschätzen. Wie gesagt: Er scheint gereift. Im Sommer hat er sein Abitur nachgeholt. Das Ergebnis sei überraschend gut, wie er selbst sagt. Für die Zukunft schließt er ein Studium nicht aus und gibt ein ambitioniertes Motto aus: „Stillstand ist Rückschritt.“

Gelingt ihm persönlich und mit der Mannschaft der Fortschritt, ist auch die Fortsetzung seiner Karriere in der Nationalmannschaft geplant. Am Rande des Intersport Masters kam es zu einem kurzen Gespräch mit Bundestrainer Martin Heuberger, in dieser Woche ist die Fortsetzung am Telefon geplant. Denn: Findet Mimi Kraus in seinem Revier tatsächlich wieder zu alter Stärke, werden nicht nur die Göppinger Fans wieder viel Spaß mit ihm haben.