Rottenburgs OB Stephan Neher (CDU) wirft der AfD vor, den „Hass in der Bevölkerung“ zu schüren. Foto: Jürgen Lück

Der „Bürgerdialog“ der AfD-Landtagsfraktion in der Festhalle Rottenburg führt zu Protesten. Am Ende wird es in der Festhalle sogar laut.

Die AfD-Landtagsfraktion hatte zum Bürgerdialog in die Festhalle eingeladen. Auslöser für jede Menge Demos und Proteste in der Bischofsstadt. Ein Report.

 

Arno Hermann und seine Blechbläser stehen auf dem Eugen-Bolz Platz. Er sagt: „Wir spielen jetzt eine Bach-Choral, der zu der AfD-Veranstaltung in der Festhalle passt. Der Titel: „Es ist genug“. Die Demonstranten auf dem ordentlich gefüllten Platz jubeln und applaudieren. Gut 600 sind gekommen – mit Transparenten wie „Die AfD ist das Problem“, „Nazis raus“ oder „Herz statt Hetze.“

Omas-gegen Rechts-Gründerin Anna Ohnweiler aus Nagold mahnt: „Hitler – der demokratisch gewählt wurde, bekam mit dem Ermächtigungsgesetz die ganze Macht in die Hand. Danach wurde alle vernichtet, die gegen das Regime waren. Das kann jederzeit wieder passieren. Es ist unsere Pflicht, für die Demokratie für und mit unseren Enkeln zu kämpfen.“

Auch direkt vor der Festhalle wird demonstriert Rottenburgs OB Stephan Neher (CDU) listet erst den Anteil von Arbeitnehmer mit Migrationsgeschichte in verschiedenen Berufsfeldern auf. Sagt dann: „Wer den Wohlstand erhalten will, wird nicht ohne Menschen mit Migrationsgeschichte auskommen.“ Er wirft der AfD vor, mit Hass und Desinformation den Hass in der Bevölkerung „aufzuwiegeln.“ Diözesanrat Herrmann-Josef Steur: „Der vor acht Tagen verstorbene Papst Franziskus war an der Seite der Armen. Ein Vertreter für Freiheit. Deshalb wehren wir uns als Christen gegen Ausgrenzung, Hass und Hetze.“

Beim „Bürgerdialog“ der AfD in der Festhalle Rottenburg: Sandro Scheer, Claudia Wolle, Anton Baron und Hans Peter Pörner. Foto: Jürgen Lück

Nach 45 Minuten ist die große Demo vorbei. Vor der Festhalle stehen auch Demonstranten. 50 Meter vor dem mit Gittern abgesperrten Eingang skandieren gut 20 junge Leute hinter dem schwarzen Banner „Rechter Terror hat System“ Aussagen wie „Im Westen und im Osten, Nazis verrosten“.

In der Halle sitzen ungefähr 120 Zuhörer. Die AfD ist mit Fraktionschef Anton Baron, Claudia Wolle (wirtschaftspolitische Sprecherin), Hans-Peter Pörner (Bildungspolitik) und Nachrücker Sandro Scheer gekommen. Baron: „Wenn meine Fans draußen jubeln wie die Omas gegen Rechts, fühle ich mich wie ein Popstar.“ Sandro Scheer: „Die Polizei da draußen ist nicht wegen uns da, sondern wegen denen da draußen.“ Er grüßt noch die zwei Mitarbeiter vom Verfassungsschutz, die den Bericht über die Veranstaltung machen würden.

So läuft der „Bürgerdialog“ der AfD-Landtagsfraktion Baron und Pörner gehen hauptsächlich auf die Bundespolitik ein. Wolle geht zunächst auf das Thema Gesundheitspolitik ein. Dann sagt sie: „Einsparungen sind durch Remigration möglich. Das schützt auch unser Land.“ Fraktionschef Baron sagt: „Wir begrüßen jeden, der die Ärmel hochkrempelt. Was wir nicht brauchen, ist eine Einwanderung ins Sozialsystem. Das lehnen wir strikt ab.“

Dann sind die Reden gegen 20.30 Uhr zu Ende. Der „Bürgerdialog“ beginnt. Die Fragen der meiste älteren Zuhörer drehen sich um die Themen: Was wird aus der Rente, aus der Steuerbelastung, aus Vermögen und Ruhestand? Die Antworten der AfD-Politiker zentrieren sich zu folgender Aussage: Gelder, die ins Ausland fließen, streichen.

Zwei Frauen rufen ihren Protest gegen „Remigration“ in der Festhalle den AfD-Politikern entgegen. Foto: Jürgen Lück

Plötzlich rufen zwei Frauen: „Remigration ist Faschismus“ Dann melden sich zwei junge Frauen. Eine sagt: „Wir arbeiten in der Pflege. Unsere nordafrikanischen und migrantischen Kollegen retten uns den Arsch.“ Baron antwortet: „Die Hautfarbe spielt für uns keine Rolle. Wer die Ärmel hochkrempelt und sich selbst um sein Leben kümmert, der ist herzlich willkommen hier.“ Wolle ergreift das Wort: „Wir wollen keine Einwanderer, die andere umbringen.“ Plötzlich stehen die zwei jungen Frauen auf und rufen „Remigration ist Faschismus.“ Zuhörer rufen: „Kriegstreiber raus.“ Der Sicherheitsdienst kommt und führt beide Frauen aus der Halle.

Letzter Dialogversuch am Ausgang Gegen 21.15 Uhr ist die Veranstaltung vorbei. Anita Binder und Helga Kopteschke verteilen DIN A 5-Zettel mit „Zehn Argumenten, warum die AfD keine Alternative ist“. Manche winken ab, andere diskutieren.

Ein Mann sagt: „Ich habe diesmal die CDU gewählt. Wenn die bei der Migration nicht liefert, wähle ich die AfD.“ Binder: „Aber die wird von Rechtsextremen gelenkt.“ Der Mann antwortet: „Bei den Grünen gibt es auch Linksextreme.“