Maria Corina Machado erhält den Friedensnobelpreis. Foto: dpa

Maria Corina Machado kämpft seit Jahrzehnten um Gerechtigkeit. Wenn Donald Trump den Friedensnobelpreis will, braucht auch er einen langen Atem, meint Christian Gottschalk.

Von all den Nobelpreisen, die in der vergangenen Woche verliehen worden sind, ist der für den größten Friedensstifter derjenige mit der höchsten Öffentlichkeitswirkung. Das ist naheliegend. Anders als in den Bereichen Medizin, Physik oder Chemie werden mit den in Oslo verliehenen Preise häufig Menschen geehrt, die weit über den eigenen Bereich hinaus bekannt sind. Henry Kissinger, Willy Brandt, Michail Gorbatschow – das waren Politiker, deren Konterfei tagtäglich in den Zeitungen erschienen ist. Shimon Sakaguch (Medizin) oder John Clarke (Physik) kennen hingegen nur Eingeweihte, wenn überhaupt.

 

Die Zustimmung ist meist gewiss

Das hat zur Folge, dass sich regelmäßig im Vorfeld und nach der Preisgabe Heerscharen von Analysten zu Worte melden, wer den Preis denn verdient gehabt hätte. Wenn sich das Nobelkomitee für eine Person oder Institution entscheidet, deren Wirken eher außerhalb der täglichen Schlagzeilen stattfindet oder für eine Organisation, die als Gemeinschaft Gutes tut, dann ist ihr meist Zustimmung gewiss. So wie bei der iranischen Aktivistin Narges Mohammadi im Jahr 2023, oder der japanischen Organisation Nihon Hidankyō im vergangenen Jahr, die sich um eine Welt ohne Atomwaffen bemüht.

Michail Gorbatschow gehört zu den bekanntesten Preisträgern. Foto: Boris Yurchenko/AP/dpa

In diese Kategorie fällt auch die aktuelle Preisträgerin. Maria Corina Machado ist außerhalb von Venezuela ähnlich bekannt wie Shimon Sakaguch oder John Clarke. Das soll ihre Verdienste in keiner Weise schmälern. Venezuela ist ein Land, in dem gar nicht genug für Demokratie gekämpft werden kann. Ob der Preis die Arbeit der Aktivistin und Politikerin beflügeln kann, steht freilich in den Sternen. Vor sechs Jahren hat nicht nur die deutsche Bundesregierung Juan Guaidó als Präsidenten anerkannt, der Plan, ihn als Gegenpräsident zu Nicolas Maduro aufzubauen, scheiterte grandios.

Manches ist anders als zuvor

Vieles scheint im diesjährigen Nobelpreisjahr also ähnlich zu sein wie in den Jahren zuvor, und doch ist einiges anders. Noch nie hat ein Politiker im Vorfeld der Preisverleihung so massiv, so hemmungslos, so unverschämt für sich selbst Werbung gemacht wie Donald Trump. Und weil der US-Präsident nicht nur mit dem größtmöglichen Ego ausgestattet ist, sondern auch mit der größtmöglichen Macht, fürchtet nun eine ganze Nation den Zorn des Weißen Hauses. Wie nie zuvor ist die norwegische Regierung bemüht zu erklären, dass sie keinen Einfluss auf die Wahl des Nobelkomitees hat. Das Komitee selbst fühlt sich genötigt zu erklären, dass die Entscheidung vor den neuesten Entwicklungen im Nahen Osten gefallen ist. Ob Trump das alles versteht, ist eine ganz andere Frage.

Keine Auszeichnung wie auf dem Golfplatz

Der US-Präsident sieht die Auszeichnung wie einen Preis auf dem Golfplatz an, den gewinnt, wem ein paar gute Schläge gelungen sind. Dieser Gedankengang ist nicht die einzige Fehlfunktion in Trumps Oberstübchen. Ja, es braucht ein paar herausragende Ideen, Eigenschaften, Initiativen. Es braucht aber auch eine gewisse Nachhaltigkeit. Die aktuelle Preisträgerin Machado bemüht sich seit mehreren Jahrzehnten um ihr Land, die Europäische Union war zum Zeitpunkt der Auszeichnung 2012 seit 60 Jahren um Frieden auf dem Kontinent bemüht.

Dass Nobelpreise im Vorgriff auf die friedensstiftenden Ereignisse auch daneben gehen können, zeigt der Preis für Barack Obama 2009. Der Kampf des damaligen US-Präsidenten für eine atomwaffenfreie Welt war zwar ehrlich gemeint, aber weitgehend erfolglos. Ob die Bemühungen von Donald Trump im Nahen Osten auf fruchtbareren Boden fallen, lässt sich jetzt noch nicht sagen. Ausgeschlossen ist das nicht. Und wenn es gelingt, dem amtierenden US-Präsidenten klar zu machen, dass Beharrlichkeit ein entscheidender Faktor für den Erfolg ist, dann könnte die Welt vielleicht an mehreren Stellen durchatmen. Eine spätere Preisverleihung an Trump ist dann auch nicht ausgeschlossen.